Berufsvorbereitung der Lebenshilfe
Einfach und unkompliziert, auch im Lockdown
INNSBRUCK. Im JobInn, der Berufsvorbereitung der Lebenshilfe Tirol, können Menschen mit Beeinträchtigung verschiedene Arbeitsbereiche kennenlernen und sich selbst ausprobieren. Gerade jetzt, während des Lockdowns, ist das JobInn ein wichtiger Anker für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Wichtiger Lückenschluss
Fertig mit der Schule – und was jetzt? Eine Frage, die sich viele Jugendliche stellen, bringt besonders für junge Menschen mit Beeinträchtigung große Herausforderungen mit sich. Der Wunsch nach einem selbstständigen Leben mit eigenem Einkommen ist da, oftmals fehlen jedoch konkrete Vorstellungen und Perspektiven. Genau hier setzt seit dem Jahr 2016 die Berufsvorbereitung JobInn in der Andechsstraße 65 als Angebot der Lebenshilfe Tirol an, die für Jugendliche mit Behinderung die Lücke zwischen Schulabschluss und dem ersten Arbeitsmarkt schließt. Über die Beratungsstelle in der Ing. Etzel Straße kann unkompliziert und schnell ein Termin zum Kennenlernen vereinbart werden, sie ist Montag bis Donnerstag, 8.00 bis 16.00 Uhr, und Freitag, 8.00 bis 12.00 Uhr, unter +43 504340012 erreichbar. Derzeit befinden sich neun Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Berufsvorbereitung, maximal kann das Angebot für fünf Jahre genutzt werden. Im JobInn bekommen die jungen Menschen Gelegenheit, sich selbst kennenzulernen und ein Gespür für ihre Stärken und Schwächen zu entwickeln. Außerdem sollen sie eine Vorstellung von unterschiedlichen Berufsbildern bekommen: „Uns ist wichtig, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer möglichst viele Erfahrungen am realen Arbeitsmarkt sammeln“, sagt Leiterin Dagmar Brandstätter, oder „herausfinden, was eigentlich eine Floristin macht, oder wie ein Tag als Kellner aussieht“, ergänzt Barbara Reich, Assistentin im Job Inn. Anschließend werden die vielen neuen Eindrücke gemeinsam reflektiert.
Kleinheit als größte Stärke
Ein fixer Bestandteil der Berufsvorbereitung sind die Praktika, die alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Laufe der Zeit absolvieren – die einen früher, die anderen später. Hier können sich die jungen Menschen ausprobieren und in die Arbeitswelt hineinschnuppern.
„Unsere größte Stärke ist die Kleinheit, die es uns ermöglicht, sehr maßgeschneidert zu arbeiten. Wenn jemand den Wunsch nach einem bestimmten Praktikum hat, schaffen wir es meistens auch, dies in die Wege zu leiten.“
, erklärt Brandstätter. Die Bandbreite der Praktika reicht von Gastronomie über Handel bis hin zur Regalbetreuung. Manchmal hätten die jungen Männer und Frauen aber auch ganz spezielle Vorstellungen, wie Dagmar Brandstätter erzählt: „Eine Teilnehmerin wollte einmal unbedingt ein Praktikum in einem Reitstall machen. Wir konnten tatsächlich eine Stelle im Pferdestall Rinn für sie organisieren, jedoch haben die Arbeiten dort so gar nicht ihren Vorstellungen entsprochen. Dieser Traum war dann aber abgehakt und sie war wieder offen für Neues.“
Recht auf Arbeit
Die Anzahl an Unternehmen, die mit dem JobInn kooperieren, wächst stetig, denn die vielen unterschiedlichen Wünsche der Teilnehmerinnen und Teilnehmer machen es notwendig, immer wieder neue Partner ins Boot zu holen. „Wir würden uns wünschen, dass Firmen auch von sich aus auf uns zukommen und nachfragen, ob wir vielleicht jemanden haben, der an einem Praktikum bei ihnen interessiert wäre.“, so Reich. Es sei aber bereits jetzt ein positiver Wandel am Arbeitsmarkt spürbar: „Zum Glück erkennen immer mehr Leute, dass Menschen mit Beeinträchtigungen sehr wohl am Arbeitsmarkt teilnehmen können und wollen. Das Recht auf Arbeit ist schließlich ein Grundrecht.“ Viele Firmen stellen im Zuge einer Zusammenarbeit mit dem JobInn fest, dass es oftmals mehr wert ist, wenn der ein oder andere für eine Aufgabe vielleicht fünf Minuten länger braucht, diese dafür jedoch umso gewissenhafter ausführt. So wurden seit 2016 bereits einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach einem Langzeit-Praktikum direkt von einem Unternehmen übernommen, womit das JobInn seine Aufgabe als erfüllt sieht: „Wir helfen bei der Vorbereitung auf den ersten Arbeitsmarkt. Unser Auftrag endet dann, wenn sich die jungen Menschen ihrer Stärken und Fähigkeiten bewusst sind und eine klare berufliche Perspektive entwickelt haben. In manchen Fällen zeigt sich, dass nicht der reguläre Arbeitsmarkt das Ziel ist, sondern ein alternatives Arbeitsangebot.“, so Brandstätter.
Fixe Strukturen in der Krise
Wie in die meisten Organisationen wird auch das JobInn durch die Corona-Pandemie vor besondere Herausforderungen gestellt. Derzeit gilt im JobInn in der Innsbrucker Andechstraße die 2,5G-Regel, also geimpft, genesen oder PCR-getestet. Neben den verschärften Sicherheitsmaßnahmen bremst das Virus vor allem die Praktikumsvermittlung aus. Insbesondere im Gastronomie-Bereich, aber auch im Handel sind Praktika nur sehr eingeschränkt möglich. Trotzdem herrsche eine positive Grundstimmung, denn man achte darauf, dass das Thema Corona nicht Überhand nimmt: „Gerade jetzt, in Zeiten großer Unsicherheit, sind fixe Strukturen wichtig. Auch wenn die Aussicht auf ein Praktikum vielleicht nicht unmittelbar gegeben ist, wird es sicherlich auch eine Zeit nach der Krise geben, auf die wir uns jetzt mit verschiedenen Aktivitäten im Haus vorbereiten.“, sagt Reich. Als fixes Angebot im JobInn erarbeiten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer seit neuestem eine regelmäßige Radiosendung, die auf Radio Freirad ausgestrahlt wird, und üben so unter anderem, sich selbst zu präsentieren.
Auch der Küchenbereich bietet zusätzliche Trainingsfelder, wenn für den Bauernmarkt Kuchen gebacken, Marmelade und Säfte eingekocht werden oder – wie aktuell während des Lockdowns gekocht wird, denn auch das Rezept-Suchen und -Lesen, das Einkaufen der entsprechenden Zutaten und die Zubereitung der angemessenen Menge will gelernt sein. Auch Bürotätigkeiten führen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im JobInn aus – stets unter dem Anspruch, dass diese einen Sinn haben.
Begegnung auf Augenhöhe
Die Bandbreite der Behinderungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist groß: „Es gibt – mit der Ausnahme von rein psychiatrischen Diagnosen und akuter Suchtproblematik – keine Beeinträchtigung, die jemanden kategorisch von unserem Angebot ausschließt. Wir begegnen einander alle auf Augenhöhe, unabhängig von der Art der Behinderung“, erklärt Dagmar Brandstätter eines der Grundprinzipien des JobInn und ergänzt:
„Letztendlich sind sowieso die Teilnehmenden die Expertinnen und Experten für sich selbst, wir begleiten sie lediglich auf ihrem Weg.“
Zu sehen, wie den jungen Menschen mit der Zeit die Selbstständigkeit gelingt, ist eine große Bereicherung, sind sich Dagmar Brandstätter und Barbara Reich einig: „Sei es die erste Wohnung, eine Familie, Urlaube oder schlichtweg finanzielle Unabhängigkeit – ein eigenes Einkommen ist der Grundstein für so viele Aspekte des Lebens. Und wir sind froh, diesen bei uns im JobInn legen zu können.“
Einblicke in die Arbeit des JobInn und den Alltag der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in ihren Praktika gibt es auf Facebook unter: https://www.facebook.com/JobInn1/.
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