Notschlafstelle Arzl
Bettwanzen und viele Mängel, Zelt als Notlösung
Eine Kontrolle des Arbeitsinspektorats letzte Woche brachte erschütternde Ergebnisse ans Licht: Bettwanzenbefall und erhebliche Bauschäden zwingen zur Schließung der Notschlafstelle in Arzl. Besonders betroffen sind Frauen und vulnerable Gruppen. Als Übergangslösung wurde ein Zelt aufgestellt.
INNSBRUCK. Die Notschlafstelle bietet rund 90 Menschen nicht nur Schlafplätze, sondern auch warme Mahlzeiten und sanitäre Einrichtungen. Die Sanierung des aktuellen Gebäudes wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Als Übergangslösung wurde für die betroffenen Menschen ein Zelt aufgestellt. Das Fachteam des Roten Kreuzes hat das Ausweichquartier für die Notschlafstelle mit Feldbetten „bestückt“ und alles Nötige vorbereitet. Seit Montag stehen im Zelt rund 90 Betten zur Verfügung. Gleichzeitig wird die Notschlafstelle am Schusterbergweg saniert und soll ehebaldigst wieder öffnen. "Die TSD wollen rasch den „Normal“Betrieb der Notschlafstelle sicherstellen und werden auch das Kältetelefon für den Winter aktivieren. Die Stadt Innsbruck unterstützt, wo sie kann", erklärt Vizebgm. Georg Willi bei einem gemeinsamen Lokalaugenschein mit Bgm. Johannes Anzengruber.
Rasches Handeln gefordert
Die Gemeinderätin von "Das Neue Innsbruck", Klara Neurauter, fordert die Verantwortlichen in Stadt und Land zu raschem Handeln auf. „Es ist für mich unbegreiflich, warum so lange gewartet wurde, bis es zu einer derartigen Eskalation gekommen ist. Bettwanzen und massive bauliche Mängel hätten schon viel früher erkannt und behoben werden müssen. Jetzt stehen über 90 Menschen – darunter besonders gefährdete Frauen und gesundheitlich angeschlagene Personen – vor der Ungewissheit, wo sie die nächsten Nächte in Sicherheit und geschützt vor der Kälte verbringen können“, kritisiert Neurauter scharf. Für Neurauter muss es eine klare Aufarbeitung geben. "Wir wollen auch wissen, wie oft Landesrätin Pawlata oder der zuständige Vizebürgermeister Willi in diesem Jahr vor Ort waren, um sich persönlich und kritisch ein Bild der Umstände zu machen“, schließt Neurauter.
Der freiheitliche Sozialsprecher im Tiroler Landtag und FPÖ-Landesparteigeneralsekretär, LA Patrick Haslwanter, bezeichnet die sofortige Schließung der Innsbrucker Notschlafstelle als ein „noch nie dagewesenes Sozialdrama“. Haslwanter macht LHStv. Georg Dornauer persönlich verantwortlich. Auch die Innsbrucker Stadtregierung rückt in den Fokus der Kritik des FPÖ-Politikers. Haslwanter fragt: „Warum wurden die erheblichen baulichen Mängel nicht schon früher behoben? Warum hat Bürgermeister Johannes Anzengruber nicht längst gehandelt?“
Schockiert zeigt sich die designierte NEOS Klubobfrau Birgit Obermüller über die Tatsache, dass die TSD-Notschlafstelle schließen muss: „Bauliche und hygienische Mängel entstehen nicht von heute auf morgen. Es braucht dringend Aufklärung, wer hier die Verantwortung trägt und wenn nötig, muss ein neues Kontrollregime eingeführt werden.“ Doch für Obermüller steht die Unterbringung der Betroffenen der Notschlafstelle an oberster Stelle. Aber auch Soziallandesrätin Pawlata nimmt Obermüller in die Pflicht: „Die Unterbringung von Wohnungslosen liegt auch in ihrer Verantwortung. Das Beispiel Innsbruck zeigt, dass die Notschlafstellen dringend mehr Aufmerksamkeit und Ressourcen von Seiten der Politik benötigen.“
Die aus hygienischen Gründen erfolgende Notschließung der Notschlafstelle am Schusterbergweg auf Verlangen der Arbeitsinspektion erfordert aus Grüner Sicht ein rasches Handeln „Notschließung statt Notschlafstelle - das sind bedrückende Neuigkeiten für jene rund 90 Menschen, denen der Schusterbergweg bisher ein Dach über dem Kopf geboten hat. Es braucht jetzt eine schnelle und adäquate Lösung im Sinne der Betroffenen“, meldet sich LA Zeliha Arslan zu Wort. Priorität müsse eine bestmögliche Ersatzunterkunft haben, die gut erreichbar im Zentralraum ist. Zelte, wie sie von der TSD ins Spiel gebracht wurde, können keine Lösung sein. „Landesrat Dornauer hat zu Amtsantritt versprochen, dass es unter ihm keine Zelte in Tirol geben wird. Er hat sich damals medienwirksam in Absam inszeniert. Jetzt muss er Wort halten und in der TSD für eine adäquate Lösung sorgen“, so Arslan in Richtung des zuständigen SPÖ-Landesrates. Neben der raschen Lösung müssen die TSD und Landesrat Dornauer auch Rede und Antwort stehen, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Die Missstände am Schusterbergweg müssten längst intern bekannt gewesen sein. „Wurde hier etwas verschlafen? Oder wurde bewusst über die Missstände hinweggeschaut? Und seit wann war das Problem Landesrat Dornauer bekannt“, fordert die Grüne Sozialsprecherin Zeliha Arslan Aufklärung und kündigt eine Landtagsanfrage an.
„Bei der jetzt diskutierten Lösung mit beheizten Zelten oder Traglufthallen kann es sich nur um einen schlechten Scherz handeln. Bereits während der Flüchtlingswelle 2015 haben wir vier Traglufthallen angekauft, die aufgrund diverser Schwierigkeiten nie wirklich zur Nutzung gelangt sind. Es gibt genügend leerstehende Gebäude in Innsbruck und Umgebung, die im Besitz der öffentlichen Hand sind. Diese müssen jetzt als Notlösung adaptiert werden. Die eigentliche Notschlafstelle muss aber rasch in einen ordentlichen und bewohnbaren Zustand gebracht werden. Es kann nicht sein, dass die bereits knappe Bettensituation bei den Notschlafstellen aufgrund der Nachlässigkeit der Soziallandesrätin noch verknappt wird“, hält LA Andrea Haselwanter-Schneider fest.
Sehr bestürzt über die Schließung der TSD-Notschlafstelle am Schusterbergweg zeigt sich die Alternative Liste Innsbruck (ALi). „Bei Notschlafstellen ist die Einhaltung von strengen Hygienestandards notwendig, um die Ausbreitung von Ungeziefer und Krankheiten zu verhindern,“ macht Gemeinderätin Evi Kofler (ALi) deutlich. Kofler sieht Sozial-Landesrätin Pawlata und Bürgermeister Anzengruber hier in der Verantwortung, zeitnah eine nachhaltige Lösung zu finden.
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