Akademie St. Blasius
Ein Jubiläumskonzert der anderen Art
INNSBRUCK. Ein Orchester, das sich im gesamten Konzertsaal verteilt – dieses Bild vom Live-Stream-Konzert der Akademie St. Blasius vergangenen Sonntag im Vier und Einzig war schon besonders und nicht minder eindrücklich wie dann das Aufgeführte selbst. Denn wenn wir schon nicht selbst dort sitzen konnten - (in welchem Abstand auch immer), dann sollen sie sich doch wirklich den vorhanden Raum nehmen. Dass die MusikerInnen mit Ausnahme der Violoncellos einmal mehr im Stehen spielten, weil auf den Kartonakustikelementen im Hintergrund groß „Stehend lagern“ geschrieben stand – diese launige Bemerkung von Franz Gratl, Kustos der Musiksammlung der Tiroler Landesmuseen, sorgte natürlich für einige Lach-Icons, sogar von den Veranstaltern selbst. Tatsächlich wissen wir ja schon vom Live-Chat ihres letzten Konzertes im Haus der Musik, dass die MusikerInnen im Stehen einfach mehr Spielenergie entwickeln können.
Beethoven ohne Beethoven
Und die war auch bei diesem verspäteten Jubelkonzert für Großmeister Ludwig van Beethoven, dessen Geburtstag sich im Dezember 2020 zum 250. Mal jährte, in jeder Sequenz spür- und hörbar. Dabei war bei „Beethoven 251“ – so der Titel dieses Abends – gar kein Beethoven zu hören – allenfalls indirekt. Orchesterchef Karlheinz Siessl wählte stattdessen die dramatische Szene der Berenice von Beethovens Wien-Lehrer Joseph Haydn und die unglaublich melodienreiche und stimmungsvolle Sinfonie D-Dur op. 24 des leidenschaftlichen Beethoven-Verehrers Jan Václav Voříšek, welche 1823, zwei Jahre vor dem frühen Tod des Komponisten bei einem Konzert der Gesellschaft der Musikfreunde uraufgeführt wurde.
Beglückendes Konzerterlebnis
Wie schon zuletzt im Haus der Musik gelang Siessl und der Akademie St. Blasius auch dieses Mal wieder ein rundum beglückendes Konzerterlebnis. Susanne Langbein versetzte uns als verzweifelte Berenice eine großartige Szene lang in Opernstimmung und breitete dabei ergreifend ihr ganzes Liebesdrama vor uns aus. Voříšeks Sinfonie erwies sich indes als echte Entdeckung. Da staunten selbst die ausgewiesenen Kenner der Tiroler Musikszene nicht schlecht, und ein offenbar besonders romantisch gestimmtes Gemüt meinte gar, er sei der Ohnmacht nahe. Wer braucht da noch Pausengespräche? Die Akademie St. Blasius bewies jedenfalls auch diesen Sonntag, dass klassische Live-Stream-Konzerte dann einen bleibenden Eindruck hinterlassen, wenn sie sich ganz klar gegen den Mainstream positionieren und uns mutig Einzigartiges präsentieren. (CF)
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.