Ein Jahr Elke Kahr
Eine Bilanz von Frauen über die erste Grazer Bürgermeisterin
Als Elke Kahr vor genau einem Jahr als Gewinnerin der Grazer Gemeinderatswahl hervorging, war das gleich in doppelter Hinsicht eine Premiere: Sie stand damit nicht nur als erste Kommunistin in dieser Funktion in den Startlöchern, sondern auch als erste Frau an der Spitze der steirischen Landeshauptstadt. Wir haben uns daher angeschaut, was Elke Kahr als Bürgermeisterin für Graz und vor allem die Grazerinnen bewegt hat.
GRAZ. "Es macht schon etwas aus, wenn Frauen Frauenagenden behandeln, unabhängig von Parteidenken. In den Vereinbarungen der letzten Stadtregierungen kam das Wort ' Frau' nicht einmal vor, geschweige denn, dass die besonderen Lebenssituationen von Frauen beachtet wurden", bringt es Barbara Kasper, die Vorsitzende des Grazer Frauenrats auf den Punkt, wenn man nachfragt, was sich durch die weibliche Spitze im Grazer Rathaus getan hat. Der Grazer Frauenrat versucht seit über 30 Jahren Frauenanliegen zu forcieren. Hier arbeiten Frauen trotz aller Unterschiedlichkeit zusammen und setzen sich gemeinsam für ihre Interessen ein.
Frauenagenden als "Chefinsache"
Kasper freut sich besonders, dass es "nach Abschaffung der Frauenbeauftragten ab 2023 wieder eine Sprecherin des Grazer Frauenrats geben wird, die die Interessen der beteiligten Organisationen vertritt und allgemeine frauenpolitische Themen aufgreifen wird." Allein die Positionierung der Frauenagenden, die nun zur "Chefinsache" erhoben worden sind, zeigt, dass sie eine Aufwertung erleben.
Die geplante Neu-Installierung einer Sprecherin für den Frauenrat begrüßt auch Sigrid Fischer vom Frauenservice Graz. Überhaupt sei insgesamt "eine bessere Stimmung, mehr Servicehaltung und Zugänglichkeit im Sozialamt zu bemerken." Laut Fischer zeige sich "eine deutliche Verbesserung der Sozialleistungen – was insbesondere armutsgefährdeten Frauen in ihrer Existenzsicherung und ihren Teilhabemöglichkeiten zu Gute kommt", befindet die Geschäftsführerin des Frauenservice.
Beispiele dafür seien die Ausweitung der Sozialcard mit der vergünstigten Nutzung des öffentlichen Verkehrs, was vor allem Frauen helfe, die oft auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen wären. Auch die "Verringerungen der Zugangsbedingungen zu Gemeindewohnungen bringe vielen existenzgefährdeten Frauen eine deutliche Sicherheit."
Neuer Stil der Zusammenarbeit
"Insgesamt finden wir den neuen politischen Stil in der guten parteiübergreifenden Zusammenarbeit von Bürgermeisterin Kahr mit Bürgermeisterstellvertreterin Judith Schwentner sehr erfreulich", bilanziert Sigrid Fischer.
Und auch Vizebürgermeisterin Judith Schwentner betont die harmonische Zusammenarbeit innerhalb des weiblichen Führungsduos: "Bereits in der Zusammenarbeit zwischen Elke Kahr und mir wird ein neuer Stil deutlich, der als weibliche Führungsqualität bezeichnet werden kann."
"Wir regeln akute Fragen uneitel im schnellen, persönlichen Gespräch und unterstützen uns in den großen Zielen der Koalition: Klima und Soziales."
Vizebürgermeisterin Judith Schwentner über die Frauenpower für Graz
Besonders freut sich Schwentner darüber, dass Elke Kahr Projekte, die sie selbst als Frauenstadträtin initiiert hat, fortführt: „Luisa ist da“, die Initiative für ein sicheres Nachtleben für Frauen in Graz ist so ein Beispiel dafür.
Und wie bilanziert die Bürgermeisterin selbst?
Gleiche Rechte für Männer wie für Frauen: Dass das eine Selbstverständlichkeit sein sollte, war Bürgermeisterin Elke Kahr schon immer ein besonderes Anliegen. "Meine Eltern haben mir das vorgelebt“, sagt sie. Die Realität sähe leider noch immer anders aus. "Viele Frauen haben finanzielle Probleme, weil ihre Arbeit nicht gut bezahlt ist, sie in Teilzeit arbeiten oder von Altersarmut betroffen sind. Auch die Berufstätigkeit mit der Kinderbetreuung zu vereinbaren, ist in vielen Familien nach wie vor Frauensache", so Kahr. Daher ist ihr der Kampf für die Gleichberechtigung von Frauen als zuständige Frauenstadträtin besonders wichtig.
Bisher gesetzte Maßnahmen - ein Überblick:
- Das Budget für Förderungen im Frauenbereich war von jeher ein „Mickey Mouse-Budget“, wie es die Bürgermeisterin nennt. Hier wurde eine Preisanpassung und eine moderate Anhebung umgesetzt.
- Die Gewaltschutzkampagne #grazstehtauf, im Zuge derer zwischen dem 25. November und dem 10. Dezember weltweit Aktionen stattfinden, um Gewalt gegen Frauen zu thematisieren, ist auch in Graz ein wichtiger Fixpunkt.
- Die Broschüre „Selbst sicher!" mit wichtigen Tipps sowie Telefonnummern und Adressen von Einrichtungen und Anlaufstellen geht in die 3. Auflage. Das Referat Frauen & Gleichstellung stellt Taschenalarme zur Verfügung, um im Notfall auf sich aufmerksam zu machen.
- Vor dem Sommer ist das Projekt "FRiTZi bringt's" angelaufen, die Fraueninfo vor Ort. Mit einem eigens umgebauten Lastenrad werden von Mitarbeiterinnen des Frauenreferats verschiedene Stationen, wie Parks, Spielplätze, Einkaufszentren, öffentliche Orte, regelmäßig angefahren, um Frauen niederschwellig über Fraueneinrichtungen und Anlaufstellen in Graz zu informieren bzw. Beratung anzubieten.
- Das erfolgreiche Projekt "Ist Luisa da?" gegen sexuelle Belästigung, bereits in vielen Gastronomiebetrieben in Graz in Umsetzung, findet Anfang Oktober seine Fortsetzung mit neuen Mitgliedsbetrieben und Workshops für Gastronominnen und Gastronomen.
- Bei den heuer im Mai auf den Kasematten verliehenen Grazer Frauenpreisen für ein Frauenprojekt einerseits – verliehen an die „Catcalls of Graz“ für ihre „Galerie gegen Sexismus“ -und für besonderes Engagement – verliehen an die Grazer Künstlerin und Musikerin Vesna Petković – wurden die Leistungen von Frauen für Frauen bzw. frauenpolitische Anliegen vor einer würdigen Kulisse und zahlreichem Publikum in den Mittelpunkt gestellt.
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