Von Mut, Kompetenz und Disziplin
Wo Frauen in Führungspositionen auf Vorurteile stoßen und wie sich Andrea Langmann, Vizerektorin der Meduni, für Gleich-berechtigung einsetzt.
Sie sind als Vizerektorin für Gleichberechtigung zuständig. Womit beschäftigen Sie sich?
An der medizinischen Uni läuft ein breites Programm zu Gender und Diversity, das jegliche Diskriminierung verhindern soll und die Uni-Karrieren von Frauen und ihre Entwicklung zur Führungskraft unterstützt.
Wo ist Gleichberechtigung noch nicht erreicht?
In der gerechten Verteilung von Zugangs- und Lebenschancen. Im wissenschaftlich- medizinischen Bereich etwa gibt es 56 % Studentinnen, 45 % Ärztinnen in Facharztausbildung , 26 % habilitierte Frauen und nur mehr
15 % weibliche Führungskräfte.
Brauchen Frauen bessere Seilschaften, um in Führungspositionen zu kommen?
Frauen haben meist kaum zweckdienliche Seilschaften. Sie haben eher soziale Strukturen, die wenig Einfluss auf die Besetzung von Führungskräften haben. Seilschaften brauchen Zeit, die Frauen im Alter der Familiengründung oft fehlt.
Haben Frauen eine andere Art, Autorität zu zeigen?
Ja! Aber auch männliche Führungskräfte kommunizieren und verhandeln anders im Beisein von Frauen. So entsteht eine neue Kultur des Miteinanders, die nachweislich zu erfolgreicheren Teams und besseren Ergebnissen führt.
Haben Sie selbst Benachteiligung erlebt?
Keine, die so gravierend gewesen wäre, mich von meinem Weg abzubringen.
Sie haben drei
Kinder und sind
beruflich erfolgreich. Gab es Hindernisse?
Nicht alles im Leben ist planbar, es gilt, sich Herausforderungen
zu stellen und Chancen zu nutzen. Das braucht Mut, Disziplin, Kompetenz, Fehlerkultur und Lernbereitschaft. Familie und Beruf waren für mich gegenseitiger Ausgleich. Ein Leben ohne Kinder wäre für mich trotz kleinerer und größerer Sorgen unvorstellbar. Das Glück, Familie und Beruf zu vereinbaren, verdanke ich meinem Mann und meiner Familie, die stets geholfen hat. Das zeigt: Betriebe müssen Familien lebensphasen-orientiert unterstützen. Die Meduni hat eine eigene Servicestelle dafür eingerichtet.
Ist es mühsam, als erfolgreiche Frau auf das Thema angesprochen zu werden?
Einerseits ja, weil es zeigt, wie verkrampft, vorurteilsbesetzt und diskriminierend Frauen in Führungspositionen noch gesehen werden. Andererseits kann man so Rollenbild sein und andere Frauen motivieren.
Sie befassen sich auch mit geschlechtsspezifischer Medizin.
Wo ist diese nötig?
Der Fokus liegt auf sozialen und biologischen Unterschieden und unterschiedlichen Krankheitsbildern. Beispiele sind der Herzinfarkt und auch die Depression, die bei Frauen häufiger diagnostiziert wird. Männer zeigen andere Symptome.
Was macht Ihnen an Ihrem Beruf am meisten Freude?
Vizerektorin und Augenärztin an der Uniklinik zu sein. So kann ich zwei Sichtweisen ins Uni-Management einbringen. Diese Vielfalt ist eine Bereicherung.
Die Herausforderung im
beruflichen Alltag?
Den an mich gestellten Erwartungen gerecht zu werden – von Seiten der PatientInnen, der Uni und ihrer Mitarbeitern.
Als Privatperson: Was bringt Sie aus der Fassung?
Wenig! Aber wenn, ist es Unehrlichkeit, Respektlosigkeit und Überheblichkeit.
Was hat Sie in letzter Zeit
richtig glücklich gemacht?
Eine Wanderung mit meinem Mann durch die bunten Wälder am Reichenstein, eins mit der Natur, ein freier Kopf.
Wie sieht Ihr perfekter Abend aus? Ein guter Tag, ein gut vorbereiteter nächster Tag, Mozart, Ö1, ein Buch, Freunde, Familie, ein Glas Wein, oder zwei?
STECKBRIEF
- geboren am 11.6.1958
- Medizinstudium in Graz
- seit 2008 Vizerektorin für Personal und Gleichstellung an der Medizinischen Universität Graz
- Augenärztin am LKH
- drei Kinder
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