Dooring als gefährliche Falle
Ein Unfallbericht als Plädoyer für mehr Radsicherheit

Zwar jetzt in Innsbruck, aber Jasmin Feigl steigt nach ihrem Dooring-Unfall vor einigen Jahren noch immer gern aufs Rad. | Foto: MeinBezirk.at
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Ein Argument, das oft und gern ins Treffen geführt wird, wenn es um den Umstieg vom Auto aufs Rad als Fortbewegungsmittel erster Wahl geht, ist die Sicherheit. Neben der Frage des angemessenen Abstands bei Überholmanövern sind sogenannte Dooring-Unfälle eine tückische Falle für Radfahrer:innen im städtischen Verkehr. MeinBezirk.at hat mit dem Opfer eines Dooring-Unfalls gesprochen.

GRAZ. Das klassische Ärgernis aller Autofahrer:innen: Vor der Windschutzscheibe ein Radfahrer, der statt sich "brav" rechts zu halten mittig auf der Fahrbahn unterwegs ist, was wiederum ein Überholen – noch dazu bei Gegenverkehr – nahezu unmöglich macht. Und wiederum der Klassiker unter den Unberechenbarkeiten im Radfahralltag: eine ungeduldige Autofahrerin im Nacken, die gefährlich nahe kommt, hupend mehr Platz für sich und seinen Pkw einfordert und hörbar kein Verständnis dafür aufbringt, warum der Radfahrer soviel Platz zwischen sich und den parkenden Autos beansprucht. Situationen wie diese stehen für Radfahrende in Graz an der Tagesordnung und machen deutlich, dass das Thema Abstand für Radfahrer:innen lebensrettend sein kann. Wir haben vor Kurzem den Fokus auf den Abstand bei Überholmanövern gelegt – MeinBezirk.at berichtete, doch auch geparkte oder stehende Autos können tückische Gefahren bergen.

Beschimpfung statt Erste Hilfe

Sogenannte Dooring-Unfälle bezeichnen das Unfallgeschehen, wenn Kfz-Lenker:innen die Tür öffnen ohne dabei vorher zu kontrollieren, ob sich von hinten nicht andere Verkehrsteilnehmer:innen nähern. In der Steiermark haben sich laut Angaben des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV) im Jahr 2020 insgesamt 16 Dooring-Unfälle ereignet, 2019 waren es 24 und 2018 gar 31. Einer davon betraf Jasmin Feigl, die auf dem Heimweg von der Arbeit in der Heinrich-Caspar-Gasse wegen einer abrupt geöffneten Autotür zu Sturz kam. "Gott sei Dank war ich nicht so schnell dran – obwohl es dort bergab geht – weil ich zuvor auf Höhe Grabenstraße an der Ampel gestoppt hatte", erinnert sich die 29-Jährige, die inzwischen in Innsbruck lebt. "Plötzlich geht die Autotür vor mir auf, ich habe sie glücklicherweise nicht frontal, sondern nur teilweise touchiert. Letztlich hat es mich aber doch darüber geschleudert und ich bin davor zu liegen gekommen." Feigl war am Handgelenk verletzt, hat im Gesicht geblutet und ist unter Schock gestanden. Und der Autofahrer? "Der ist ausgestiegen und hat mich beschimpft, 'warum ich so nahe am Auto vorbeifahre!" Schließlich hat der Lenker dann doch selbst die Polizei gerufen, aber "eher, weil er sich Sorgen um seine Autotür gemacht hat", ist Feigl noch heute wütend.

Dabei ist die Rechtslage eindeutig: "Jeder Autoinsasse, also Lenkende und Mitfahrende, ist selbst dafür verantwortlich, dass er beim Türöffnen niemanden behindert, gefährdet oder gar verletzt", informiert das KfV. Geregelt ist dies in § 23 Abs. 4 der Straßenverkehrsordnung. Diese Regel gilt sogar gehsteigseitig.

Wird auf Radfahrer:innen in Graz genügend Rücksicht genommen?

3S-Blick als "Türöffner"

Worauf die Radlobby Argus Steiermark hinweist, um für mehr Umsicht der Autofahrer:innen zu sensibilisieren, ist der sogenannte Dutch Reach, der niederländische Griff beim Öffnen der Autotür auf der Fahrerseite. "Gemeint ist, beim Aussteigen die Tür mit der rechten statt mit der linken Hand zu öffnen, so ist man automatisch gezwungen, den Blick nach hinten über die Schulter zu richten", erklärt die Obfrau der Radlobby Heidi Schmitt, die Obfrau der Radlobby. 

Ein Vorstoß, dem in den steirischen und Grazern Fahrschulen, offen begegnet wird, wie  Spartenobmann Karl-Heinz Stummer erklärt: "Der 3S-Blick beim Türöffnen wird in den Fahrschulen massiv gelehrt." Vielmehr sei das Vergessen darauf bei der Prüfung ein Grund zum Durchfallen. Stummer zeit hier auch auf, dass dieses Verhalten auf der Beifahrerseite mindestens genauso wichtig sei: "Nicht selten befindet sich innerstädtisch ein Radfahrstreifen zwischen dem Gehsteig und der Fahrbahn. Wenn ich also nur kurz halte, um den Beifahrer aussteigen zu lassen, können sich auch gefährliche Situationen ergeben." Und der niederländische Griff? "Der war mir bisher unbekannt, aber das ist ein interessanter, neuer Aspekt, den ich gerne demnächst aufgreifen werde", verspricht der Vorsitzende der steirischen Fahrschulen.

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