Meteorologe erklärt
Darum ist es im Waldviertel kälter
Das Klima im Waldviertel unterscheidet sich vom Rest Österreichs. Warum das so ist, weiß Meteorologe Manuel Weber.
WALDVIERTEL. Warum ist es im Waldviertel oft kälter als in den anderen Regionen Österreichs? Laut Manuel Weber, Meteorologe und Betreiber der regionalen Wetterplattform "Wetter Waldviertel", liegt das an der Kombination aus Seehöhe und Landschaftsform. "Das Wald- und auch Teile des angrenzenden Mühlviertels können über weite Strecken zu einem mehr oder weniger hügeligen Hochplateau gezählt werden, das es in dieser Form sonst nirgends in Österreich gibt. Dazu kommt die nördliche Lage, sodass wir noch am ehesten von kälteren Luftmassen aus Norden bzw. Nordosten betroffen sind, während der Einfluss vom Mittelmeer schon eher gering ist", erklärt Weber. All das äußere sich schlussendlich nicht nur in tieferen (Durchschnitts-)Temperaturen, sondern auch in relativ geringen Niederschlagsmengen von etwa 600 bis 1.000 Millimeter pro Jahr
Auch innerhalb des Waldviertels gibt es klimatische Unterschiede. "Zwischen Orten wie Karlstift, Oberlainsitz, Raabs, Horn, Ottenschlag oder auch Gföhl liegen oftmals Welten. Und da reden wir nicht nur von Temperaturen, sondern auch von Bewölkungsverhältnissen, Windstärke, Niederschlags- und Schneeverteilungen", so der Experte. Insbesondere in sternenklaren Nächten können Temperaturunterschiede enorm sein:
"Zwischen den kältesten und wärmsten Orten können da gut und gerne 20 Grad Unterschied sein."
Phänomen Kaltluftseen
Im Gebiet des Freiwalds im Bezirk Gmünd werden oft die tiefsten Temperaturen Österreichs gemessen. Dass es hier besonders kalt ist, sei wieder auf die Geländeform zurückzuführen. "Die Täler des Freiwalds - etwa das Lainsitztal bei Oberlainsitz - weisen ein sehr geringes Gefälle auf. Das führt dazu, dass die nachtsüber entstehende Kaltluft nur sehr ineffizient abfließen kann und praktisch ‚liegen bleibt‘ und dadurch weiter abkühlt", beschreibt Weber. Kalte Luftschichten sinken in Bodennähe ab und in Folge bilden sich sogenannte "Kaltluftseen“.
Zudem liege der Freiwald für Waldviertler Verhältnisse relativ hoch, was die Temperaturen zusätzlich dämpfe. Die Täler in den Alpentälern seien dagegen nicht nur viel steiler, wodurch auch die Bäche viel schneller und lebhafter fließen, sondern sind in der Regel von (steilen) Bergflanken umgeben. Für das Auftreten von tiefen Temperaturen seien diese aber hinderlich.
Das Phänomen der Kaltluftseen im Freiwald wird seit wenigen Jahren von der GeoSphere Austria genauer erforscht. 2022 wurde eine Wetterstation in Schwarzau errichtet, seit 2023 gibt es auch Wetterstationen in Oberlainsitz und Liebenau-Gugu. Durch diese Stationen werden nun auch Kaltluftseen im westlichen Waldviertel im Messsystem repräsentiert.
Das Klima verändert sich
Veränderungen des Wetters, etwa durch Klimawandel, sind auch im Waldviertel spürbar - laut Manuel Weber sogar eklatant. "Wir sehen das nicht nur an den Niederschlagsmustern, sondern vor allem auch an der durchschnittlichen Neuschneemenge bzw. an der Anzahl der Frost- und Eistage, die allesamt im Sinken begriffen sind. Mehrwöchige Dauerfrostperioden, wie sie früher recht häufig vorgekommen sind, existieren praktisch nicht mehr – was aber nicht heißt, dass sie nicht trotzdem immer noch auftreten können. Temperaturen von unter minus 30 Grad waren noch vor wenigen Jahrzehnten normal", weiß Weber. Gleichzeitig nehme im Sommer die Anzahl von Tagen mit über 30 Grad zu.
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