Vergessenes Biogas
Wie aus Gülle und Abfällen Energie und Dünger werden
Der Klimawandel ist in unser aller Munde, doch es ist nicht nur das viel-thematisierte und -diskutierte Kohlenstoffdioxid (CO2), das für die Erderwärmung verantwortlich ist, sondern vor allem auch Methan. Der Verein "Regenwurmrettung" mit Sitz in Freistadt kritisiert die österreichische Klimaschutz-Politik scharf und rückt eine seit vielen Jahren bekannte Technologie ins Zentrum, die viele Probleme lösen würde und dabei dennoch wirtschaftlich ist: Biogas.
FREISTADT, BEZIRK. Die „Energie schützende Union“ (ESU) war das erste Unternehmen, das in Österreich Klein-Biogasanlagen bei Landwirten realisierte. "Bereits 1991 wurde bewiesen, dass es möglich ist, aus Mist, Gülle und Bioabfall Energie und hochwertigen Dünger zu erzeugen", erinnert die Obfrau des Vereins Regenwurmrettung, Christina Rittenschober. Vorteil der einfachen Biogastechnologie: Bodenlebewesen bleiben in der Humusschicht erhalten und das Grundwasser wird von Nitrat entlastet. Rittenschober:
"Hinter der Namenswahl Regenwurmrettung steht die Hoffnung, jeder naturverbundene Mensch und vor allem jeder politische Entscheidungsträger möge bei der Vorstellung millionenfach qualvoll verätzter Regenwürmer endlich erkennen, dass die Güllemisswirtschaft beendet werden muss"
Dünger und Energie aus Biogas-Kraftwerken
In Ländern wie Indien und China weiß man die Möglichkeiten der Fermentation seit vielen Jahren effizient zu nutzen. "Leider betreibt Österreich seit 30 Jahren eine Klimaschutz-Politik nach dem 'Trallala-Prinzip' ", bedauert Rittenschober. Genauso lange gibt es in Österreich auch Biogasanlagen zur gemeinsamen Verwertung von Gülle und Biomüll und Produktion von Energie und hochwertigen Dünger.
"Biogasdünger verätzt die humusbildenden Bodenlebewesen nicht mehr, so wie das bei der herkömmlichen Gülle oft der Fall ist. Bei sachgerechter Ausbringung verursacht Biogasdünger außerdem keine Nitratbelastung des Grundwassers"
informiert die Freistädterin über die Vorteile von Biogas. Außerdem werde das um mehr als 80 Mal klimawirksamere Treibhausgas Methan (bezogen auf einen Zeitraum von 20 Jahren im Vergleich zu CO2), das sonst von jeder Güllegrube und von jedem Misthaufen aufsteigt, im geschlossenen Kreislauf gehalten und zur Strom- und Wärmegewinnung genutzt. "Hätte man auf Biogas gesetzt, gäbe es bereits genug hochwertigen Biogasdünger und die Bauern, besser gesagt wir alle, wären bei Weitem nicht so abhängig von von Erdgas. Auch die Düngerpreise steigen wegen der gestiegenen Preise für Erdgas derzeit ins Uferlose", betont Rittenschober.
"Die erneuerbare Energiequelle schlechthin"
Die erste wirtschaftliche Großanlage "Bios 1" von ESU, errichtet 1991 in Niederösterreich und heute noch in Betrieb, erzeugt aus 20.000 Kubikmetern Bioabfall pro Jahr Volldünger für etwa 600 ha Ackerland. "Die energetische Jahresproduktion der Bios 1 liegt bei 8.222 Megawatt (MW) Strom und 9.700 MW Wärme. Ist doch nicht schlecht für nur eine Anlage und dafür, dass der Energieträger ein 'Problemstoff' ist", so die Obfrau. Sie und ihr gemeinnütziger Verein fordern, dass die einzige erneuerbare Energiequelle, die nicht nur Energie produziert, sondern auch die Lebensgrundlagen fruchtbarer Boden und trinkbares Wasser schützt, endlich flächendeckend eingesetzt wird. Die Regenwurmretter verdeutlichen:
"Wenn jeder Österreicher bereit ist, sich mit einem Beitrag von nur einem Euro im Monat zu beteiligen, können wir alle gemeinsam das österreichische Güllefass unschädlich machen, indem wir den Bauern Methan-Maschinen zur Verfügung stellen."
Keine Zukunft für Ackerböden im "Land der Äcker"
Biogasanlagen sollte anderen erneuerbaren Energiequellen ihrer Ansicht nach unbedingt der Vorrang gegeben werden. Der Verein Regenwurmretter kritisiert auch, dass in Österreich die städtische Kompostierung von Biomüll, also das Vernichten eines hochwertigen Energieträgers, verordnet wurde, anstatt die Möglichkeiten der Fermentation zu nutzen. Im Jahr 1995 forderte die Uni für Bodenkultur in Wien den Bau von 50.000 landwirtschaftlichen Fermentationsanlagen. Davon wurden bis heute österreichweit jedoch nur etwa 300 gebaut. Hingegen gäbe es 430 Kompostanlagen, in denen fossile Energie verbraucht wird, anstatt dass erneuerbare Energie gewonnen wird. Rittenschober:
"Es war ein politisches Netzwerk, dass in Österreich bewusst die Kompostierung favorisierte, was aus rein logischen Überlegungen eindeutig der falsche Weg war. Werden zukünftig nicht mehr Biogasanlagen und Methan-Maschinen eingesetzt, haben die Ackerböden im 'Land der Äcker zukunftsreich' keine Zukunft und es werden weiterhin tonnenweise Regenwürmer und andere humusbildende Bodenlebewesen dem Ökozid zum Opfer fallen."
Nähere Infos unter regenwurmrettung.at
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