Neos-Emmerling zur Wien-Wahl
"Ich bin eine, die hin- und nicht wegschaut"

- Vizebürgermeisterin und Bildungsstadträtin Bettina Emmerling (Neos) ist 45 Jahre alt, Mutter von zwei Kindern und lebt in Döbling.
- Foto: Valentina Marinelić/MeinBezirk
- hochgeladen von Nicole Gretz-Blanckenstein
Weiter geht es mit der Interviewserie zur Wien-Wahl von MeinBezirk. Dieses Mal mit Neos-Kandidatin Bettina Emmerling.
WIEN. Nachdem Christoph Wiederkehr (Neos) als Bildungsminister in den Bund gewechselt war, hat er sich als Spitzenkandidat für die Wiener Gemeinderats- und Landtagswahl zurückgezogen. An seiner Stelle führen nun die Wiener Klubchefin Selma Arapović sowie Vizebürgermeisterin und Bildungsstadträtin Bettina Emmerling die Liste von Neos für die Wien-Wahl an.
Im großen Interview mit MeinBezirk verrät Emmerling, wie es um die Sprachförderkräfte in den Kindergärten steht, wie sie die Wiener Wirtschaft beleben möchte und welche Entlastungspläne sie für die Wienerinnen und Wiener hat.
"Möchte nichts schönreden"
Sie sind Christoph Wiederkehr als Bildungsstadträtin und Vizebürgermeisterin gefolgt. Was unterscheidet Bettina Emmerling von Christoph Wiederkehr?
BETTINA EMMERLING: Ich bin eine, die hin- und nicht wegschaut und auch nicht hinhaut – eine, die sehr klar Probleme benennt, die wir definitiv haben. Ich möchte nichts schönreden, sondern aktiv und pragmatisch an Lösungen arbeiten. Der große Unterschied zwischen uns ist, dass ich ein Ressort übernehme, in dem viele Baustellen schon abgeschlossen wurden. Das ist der große Vorteil, mit dem ich da jetzt hineingehen kann.
2015 waren Sie für die Themen Umwelt und Verkehr zuständig. Schon damals meinten Sie, dass Bildung Ihr Herzensthema sei – weil es das Steckenpferd von Neos ist oder hat das persönliche Gründe?
Nein, das ist ganz persönlich, weil mich Bildung wirklich politisiert hat. Meine Kinder waren im Kindergartenalter, als ich bemerkt habe, wie relevant und wichtig eine gute Bildung für den weiteren Lebensweg und die Chancengerechtigkeit ist. Schlussendlich hat mich Matthias Strolz mit seinem Flügelheben inspiriert. Das hat mich in die Politik gebracht.
Was ist Neos in der vergangenen Legislaturperiode in Wien als Regierungspartner gelungen?
Es ist so viel weitergegangen wie noch nie zuvor. Ich könnte jetzt unzählige Projekte aufzählen: mehr Unterstützungspersonal an den Schulen, mehr innovative Projekte, die Öffnung der Schulen nach außen hin für externe Expertise. Wir haben eine Transparenzoffensive gestartet, indem wir den Stadtrechnungshof reformiert, eine Whistleblower-Plattform eingerichtet und einen Regierungsmonitor geschaffen haben, durch den die Stadt in vielen Belangen transparenter geworden ist. Wir haben auch Entlastung geschaffen, indem wir zum Beispiel die GIS-Landesabgabe abgeschafft haben, was uns vorher niemand zugetraut hätte.
Und wo hapert es noch?
Wir haben in vielen Bereichen einiges weitergebracht. Klar ist aber auch, dass wir noch nicht fertig sind. Es gibt immer neue Herausforderungen. Der Ausbau der Schulplätze, das zweite verpflichtende Kindergartenjahr: Das sind alles Herausforderungen, bei denen wir ständig am Puls der Zeit sein und weitermachen müssen.
500 Sprachförderkräfte reichen nicht
Auf der Neos-Homepage steht unter "Für dich in Wien erreicht": "Erhöhung von 200 auf 500 Sprachförderkräfte in den Kindergärten bis 2025." Zugegeben: Das Jahr hat noch ein paar Monate. Allerdings waren es Mitte 2024 knapp 300. Wie viele Sprachförderkräfte gibt es aktuell und wird es bis Ende des Jahres 500 geben?
Wir stehen jetzt bei rund 400, ein bisschen mehr sogar, und wir werden bis Ende des Jahres die 500 schaffen.

- Lesepaten sind Ehrenamtliche, die mit Kindern lesen üben.
- hochgeladen von Nicole Gretz-Blanckenstein
Werden die 500 Sprachförderkräfte bei den aktuellen Herausforderungen reichen?
Nein, das wird in der Sprachförderung nicht reichen. Wir müssen zusätzliche Initiativen starten. Auf der einen Seite sind das Lesepatinnen und Lesepaten, so wie im Volksschulbereich. Das sind Ehrenamtliche, die in die Klassen und Kindergärten kommen, gemeinsam mit den Kindern lesen und sie beim Spracherwerb unterstützen. Zusätzlich werden wir über externe Vereine mehr Sprachförderkräfte in die Kindergärten bringen. Weiters gibt es die Sommerdeutschkurse. Mit ihnen legen wir einen besonderen Fokus auf Kinder, die kurz vor dem Schuleintritt stehen. Wenn es nach uns ginge, wären sie für jene Kinder, die sie wirklich brauchen, verpflichtend.
Fokus auf das Deutschlernen
Jedes Kind sollte die gleichen Bildungschancen haben. Welche Chancen hat aktuell ein Volksschulkind, das die deutsche Sprache nicht beherrscht?
Leider keine so guten. Deswegen ist es wichtig, dass wir den Fokus auf das Deutschlernen legen, weil Deutsch die Grundlage für einen gelungenen Bildungsweg in Österreich ist. Das kann man nicht schönreden, das muss man auch wirklich so benennen, damit jedes Kind die gleichen Chancen hat.
Und welche Chancen hat ein Volksschulkind, das zwar Deutsch spricht, aber in einer Klasse sitzt, in der die Hälfte der Kinder nicht Deutsch kann?
Dieses Kind hat die besten Voraussetzungen, weil es eben Deutsch spricht und im besten Fall auch von den Eltern einen Bildungshintergrund mitbekommt. Wichtig ist, dass man aus diesen Grundvoraussetzungen auch das Beste machen kann. Deswegen sind ja viele Maßnahmen, die wir setzen, für alle Kinder und nicht nur für jene, die zum Beispiel nicht Deutsch sprechen: Es gibt das kostenlose Mittagessen für alle Ganztagsschulen, die Wiener Bildungschancen, bei denen wir externe Projekte an die Schulen holen und Kindern den Horizont eröffnen, damit sie sich entfalten können. Das sind Dinge, die für alle Kinder wesentlich sind, da jedes Kind die gleichen Chancen haben soll.
Allerdings kann eine Volksschulpädagogin, die eine Klasse unterrichtet, in der mehr als 50 Prozent der Kinder nicht Deutsch sprechen können, einzelne Kinder nicht so fördern, wie sie das wahrscheinlich bräuchten.
Es ist nicht einzusehen, dass ein Kind, das die Voraussetzungen erfüllt und den Stoff gut lernen kann, nach unten nivelliert wird. Das soll wirklich nicht passieren. Ein Kind, das die besten Voraussetzungen hat und einem anderen Kind vielleicht bei gewissen Sachen hilft, ist auch ein Gewinn für das Bildungssystem. Auch so lernt es.
Grätzlbelebung für Menschen und Wirtschaft
"Wirtschaft beginnt im Grätzl", so lautet das Motto von Neos. Tatsache ist jedoch, dass derzeit zahlreiche Firmen und Lokale in Konkurs gehen. Wie möchten Sie die Wirtschaft zurück ins Grätzl bringen?
Wichtig ist, dass wir uns die Grätzl in ihrer Gesamtheit anschauen und berücksichtigen, was sich die Bewohnerinnen und Bewohner dort wünschen. Das ist oftmals eine bessere Aufenthaltsqualität, damit man gerne zusammenkommt und gemeinsam Feste feiert. Dort, wo sich Menschen aufhalten und sich wohlfühlen, florieren das Leben und die Wirtschaft. Begegnungszonen und Flaniermeilen, auf denen sich die Leute gerne aufhalten, sind für jedes Unternehmen und für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung eines Grätzls gewinnbringend.

- Geht es nach Bettina Emmerling (Neos), bekommen in Zukfunt alle schlupflichtigen Kinder in Wien ein kostenloses Mittagessen.
- Foto: Valentina Marinelic/MeinBezirk
- hochgeladen von Nicole Gretz-Blanckenstein
Weniger so auf der Mariahilfer Straße, einer einst wunderschönen Begegnungszone, die im Moment ziemlich versandelt.
Richtig. Dort haben wir leider eine andere Problematik, wo wir auch genau hinschauen müssen. Es gibt jetzt mehr Sicherheitspersonal und Sozialarbeiter, die dort unterwegs sind. Es ist ganz wichtig, das in den Griff zu bekommen, vor allem aber auch, den Menschen zu helfen. Vor Kurzem wurde in der Gumpendorfer Straße das Lab 65 eröffnet, um jungen, wohnungslosen Menschen eine Perspektive zu bieten. Wir müssen mit vielen gezielten Maßnahmen und Schritten diesem Problem Herr werden.
Gratis Mittagessen für alle Pflichtschüler
Alles wird teurer, jeder und jede Einzelne spürt das. Wie möchte Neos die Menschen entlasten?
Entlastung muss überall dort passieren, wo ich das direkt spüre. Wir haben das kostenlose Mittagessen für Kinder in ganztägig geführten Schulen eingeführt. Mein Ziel ist es, alle schulpflichtigen Kinder mit einem kostenlosen Mittagessen zu versorgen. Das entlastet Eltern oder Familien mit zwei Kindern mit mehr als 2.000 Euro im Jahr. Das ist wirklich, wirklich viel. Aber auch die Abschaffung der GIS-Landesabgabe ist nicht ganz unerheblich. Für uns war das immer eine unnötige Abgabe, die irgendwo im Budget verschwunden ist.
Grundsätzlich hat Neos einen sehr starken Fokus auf die junge Wählerschaft. Als Döblingerin leben Sie in einem Bezirk, in dem knapp ein Viertel 65 plus ist. Warum sollten Pensionisten Neos wählen?
Weil wir auf Generationengerechtigkeit schauen. Uns ist wichtig, dass jeder Mensch mit seinen Bedürfnissen, die er in seinem Alter und in seiner Lebensumgebung hat, wahrgenommen wird. Generationengerechtigkeit heißt auch, dass man gegenseitig darauf schaut, dass es jedem Einzelnen gut geht.
Es ist der erste Wahlkampf, den Neos als Regierungs- und nicht als Oppositionspartei führt. Ist das einfacher oder herausfordernder?
Gute Frage. Auf jeden Fall ist es anders. Wir haben auf viele Erfolge hinzuweisen. Wir können mit großem Stolz in diesen Wahlkampf gehen, weil wir echt viel geschafft haben. Von dem her würde ich sagen: einfacher.
Wie wird die Wien-Wahl ausgehen?
Ich hoffe auf ein Plus für uns. Alles Weitere wird sich zeigen.
Wie Bettina Emmerling Jungfamilien entlasten will, beantwortet sie in unserem Instagram-Video.
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