Hochhausprojekt: Droht der Stadt Wien die Aberkennung des UNESCO-Weltukulturerbes?
Die geplante Umsetzung des Projekts "Hotel Intercontinental/Wiener Eislaufverein" sorgt für Aufregung. Nach Meinung der "Initiative Denkmalschutz" riskiere man den Verlust des UNESCO-Weltkulturerbes.
WIEN. Wird die Aufstockung des Hotels Intercontinental und die Errichtung eines circa 75 Meter hohen Wohnturmes dem "Historischen Zentrum Wiens" bald den Titel des UNESCO-Weltkulturerbes kosten? Dass die Antwort auf diese Frage nur ein klares "Ja" sein kann, versuchten Rechtswanwalt Wolfgang List und sein Kollege Piotr Pyka im Auftrag der "Initiative Denkmalschutz" am Montag den Zusehern im gut gefüllten Café Landtmann näher zu bringen. Für die beiden steht fest, wenn dieses Bauvorhaben wie geplant umgesetzt wird, bedeutet das nicht nur die Aberkennung des UNESCO-Titels, sondern die "größtmögliche Blamage für die Stadt Wien".
Nicht mit Welterbekonvention vereinbar
Am 13. Dezember 2001 erlangte das "Historische Zentrum Wiens" mit einer Fläche von ungefähr 371 Hektar den Titel des UNESCO-Weltkulturerbes. In Folge dessen errichtete man im Jahr 2002 im Rahmen eines Hochhauskonzeptes eine sogenannte Ausschlusszone für Hochhausprojekte im Welterbeareal. Das Projekt "Hotel Intercontinental/Wiener Eislaufverein" ist für die Anwaltskanzlei allerdings unter keinen Umständen mit der Welterbekonvention vereinbar und wird nach ihrer Meinung zwangsweise auch zur Aberkennung des UNESCO-Titels führen. Dieses Projekt sieht nämlich eine Aufstockung des Hotels "Intercontinental" von bisher 44 auf nunmehr 50 Meter vor und umfasst außerdem die Errichtung eines zusätzlichen Wohnturmes mit einer Höhe von rund 75 Metern.
Empört zeigt man sich insbesondere ob der Vorgehensweise der Stadt Wien, dieses Bauvorhaben "still und leise" einfach so durchdrücken zu wollen. Markus Landerer von der "Initiative Denkmalschutz" meint diesbezüglich: "Man muss den Eindruck gewinnen, dass die Stadt Wien bei diesem Vorhaben sehr parteiisch agiert", anders könne man sich die Negierung dreier eingereichter Petitionen nicht erklären. Für so manchen Zuseher aus dem Publikum handelt es sich hierbei eindeutig um "Korruption".
"Das Weltkulturerbe auf's Spiel setzen ist Irsinn"
Durch eine Änderung des oben erwähnten Hochhauskonzepts für Wien im Dezember 2014, welches keine Ausschlusszonen mehr vorsieht, ist es nun möglich Hochhausprojekte umzusetzen, wenn diese einen "außerordentlichen Mehrwert" mit sich bringen. Welche Kriterien ein solch "außerordentlicher Mehrwert" vorweisen muss, ist in dem Konzept allerdings nicht weiter definiert. Für Rechtsanwalt List und seinen Kollegen ist jedoch klar, dass dieser Mehrwert im gegenwärtigen Fall nicht gegeben ist. "Das Weltkulturerbe auf's Spiel setzen wegen ein paar Wohnungen, das ist Irsinn", kommentierte List die Situation. Das geplante Bauvorhaben sei nicht nur mit der Welterbekonvention unvereinbar, sondern kollidiere ebenso mit dem Übereinkommen von Faro und dem Unionsrecht.
Dass die Aberkennung des Weltkulturerbes keine leere Drohung ist, davon kann die Stadt Dresden ein Lied singen. Im Jahr 2009 erkannte man dem Dresdner Elbtal den UNESCO-Welterbetitel ab, weil die Stadt trotz Mahnungen den Bau der umstrittenen Waldschlösschenbrücke in die Tat umsetzte. Die Verwantwortlichen der Stadt Wien habe man bereits mit dem Missionsbericht des Internationalen Rates für Denkmalpflege ICOMOS, des offiziellen Beratungsgremiums der UNESCO, konfrontiert. Auch wenn der Bericht nach Meinung Lists "für die Stadt Wien vernichtend" ausfällt, zeigte man sich von deren Seite äußerst unbeeindruckt und beharrt weiter auf der Meinung das Projekt wie geplant umzusetzen.
Stadt Wien zur Stellungnahme aufgefordert
Der rund eineinhalb stündige Vortrag stieß auch beim Publikum auf breite Zustimmung, kaum einer, der die vorgetragene Meinung nicht teilte. In weiterer Folge werde man die Stadt Wien mit einem offenen Brief auffordern, die aktuelle Bauordnung abzuändern um das Projekt "Hotel Intercontinental/Wiener Eislaufverein" zu stoppen. Weiter fordere man die zuständigen Vertreter in dem 20-seitigen Schreiben dazu auf, zum Missionsbericht der ICOMOS und zur aktuellen Hochhauspolitik Stellung zu beziehen. Außerdem werde man vor der EU-Kommission eine Rechtsprüfung sowie ein Vertragsverletzungsverfahren ersuchen. Mit Nachdruck verwies man auf den Umstand, dass nämlich die Republik Österreich UNESCO-Vertragspartner sei, allerdings die Zuständigen der Stadt Wien über das Bauvorhaben entschieden.
Hintergrund:
Bericht:Internationaler Rat für Denkmalpflege gegen Hochhaus-Bau
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
1 Kommentar
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.