Kulturpolitik
Funkenflug VIII
Wo das Wort „Kunst“ wie ein Container behandelt wird, in den alles reingepackt wird, was jemandem grade so paßt, hat das sehr oft den banalen Grund, daß sich jemand ein Kulturbudget holen will, ohne die Widmung des Budgets sonderlich ernst zu nehmen.
In anderen Ressorts würde man dann irgendwann von Korruption zu reden beginnen. Im Kulturbereich geht vieles so-lala, weil die Kriterien gerne unscharf gehalten werden. Diese „Kulturelle Omertà“ hat einen simplen Nutzen. Es ist eine ungeschriebene Schweigepflicht im Rahmen von Hierarchien. Wo kämen wir denn hin, wenn wir über Kriterien zu reden begännen? Noch dazu rund um die Kunst. Das Generalmotto in dieser Geschichte: „Was wird aus mir?“
Kriterien
Aber wie über Kunst reden? Ich geb Ihnen ein konkretes Beispiel. Das Objekt hab ich vor Jahren im Hof von Schloß Freiberg fotografiert. Es wurde damals als Kunstwerk betrachtet und betont. Wovon handelt nun Kritik? Kritik heißt vor allem einmal: vergleichen und unterscheiden.
Das Objekt ist ein Unikat, also war Handwerk im Spiel. Kunsthandwerk? Die Hufeisen aus der Massenproduktion versperren derlei Zuordnung. Kunsthandwerk und Industriekomponenten gehen nicht zusammen.
Auch im Sinn von „altem Handwerk“ werden gängige Kriterien nicht erreicht. (Siehe den Literatur-Tip am Textende!) Selbst in kommerziellen Betrieben, die für dieses Genre stehen, gelten Ansprüche wie zum Beispiel folgende: „Authentische Kreationen aus heimischen Produkten, bodenständig und nachhaltig im achtsamen Umgang mit den wertvollen Werkstoffen aus der Natur.“ (Margarete Jarmer & Regine Willenig-Pfeifer)
Damit wäre auch schon angedeutet, daß wir so ein Objekt nicht bei der Volkskunst einordnen können. Wir finden ferner dafür keine Wurzeln in der traditionellen Volkskultur. Mehr noch, das Pferd, speziell auch das aufsteigende Pferd, waren der Darstellung von Herrschern und Feldherren vorbehalten; also genau das Gegenteil von einem Motiv der Volkskultur.
In der Welt von Untertanen kamen Pferdedarstellungen wenig vor; eher schon als Bild bei Martlern, wenn etwa ein Unglück im Fuhrgeschäft Menschenleben gekostet hat. Oder auf Votivbildern, wenn ein Unfallopfer überlebt hatte. Aber Volkskultur und so ein Pferde-Objekt? Eher nein.
Was wir außerdem sofort ausschließen können: Gegenwartskunst. Es ist vollkommen undenkbar, daß dieses Objekt im aktuellen Kunstdiskurs vorkommt, außer es ist Teil eines Konzeptes für eine künstlerische Arbeit, die etwas in diese Richtung thematisiert. (Was eine Kunst sei, unterscheiden wir eben in Kunst und Kunstfertigkeit, zwei verschiedene Genres.)
So zeigt sich: Dieser ansehnliche Gaul, aus industriell gefertigten Hufeisen zusammengeschweißt, hübsch anzusehen, wird weder als Objekt des Kunsthandwerks, noch des traditionellen Handwerks, der Volkskunst oder der Gegenwartskunst diskutiert werden können.
Was dann? Sagen Sie es mir! Ich denke, es ist ein Dekorationsgegenstand. Je nach Publikumsgeschmack und ästhetischen Ansprüchen könnte es in der Gartengestaltung vorkommen. Doch ich halte es für ausgeschlossen, daß ein wohlhabender Kunstliebhaber und Sammler von Kunstwerken in diesem Marktsegment einkauft. (Sollten Sie es besser wissen, geben Sie mir bitte Bescheid. Ich bin an Beispielen interessiert, mit denen sich meine Ausführungen allenfalls widerlegen ließen.)
Lesetip
Sie können hier die Uneso-Studie „Traditionelles Handwerk als immaterielles Kulturerbe und Wirtschaftsfaktor in Österreich“ als PDF-Dokument gratis downloaden: (Link)
+) Relevante Fragen (Notizen zur Konferenzreihe Kulturstrategie 2030)
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