MiR Gleisdorf
Edith Kramer - Künstlerin und "Mutter der Kunsttherapie"

- Edith Kramer ganz in ihrem Element, der Leidenschaft zur Malerei. Diese bildete auch die Grundlage für die therapeutische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Die von Edith Kramer entwickelte Kunsttherapie ist ihr bedeutendstes Vermächtnis.
- Foto: Astrid Schoiswohl / Elfie Klier
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Das MiR würdigt das künstlerische Leben und bedeutsame Wirken der Begründerin der "Kunsttherapie", Edith Kramer, in Form einer Ausstellung. Die in Wien geborene Edith Kramer genoss als Kind die Sommer am Grundlsee, wo sie auch die letzten Jahre ihres Lebens verbrachte. Dazwischen gab es Lebensstationen in Prag, New York und Washington. Sie liebte die Malerei und das künstlerische Arbeiten mit Kindern und Jugendlichen als Therapieform. Die von ihr entwickelte "Kunsttherapie" ist ihr wertvollstes Vermächtnis.
GLEISDORF/GRUNDLSEE. Zehn Jahre nach dem Tod von Edith Kramer dürfen wir uns auf eine MiR Ausstellung freuen, die einen Einblick in ihr umfangreiches und vielfältiges Schaffen erlaubt. In diesem Portrait versuchen wir herauszufinden, was die Persönlichkeit, die Künstlerin und „Mutter der Kunsttherapie“ Edith Kramer ausmachte.

- Edith Kramer mit ihren Studentinnen
- Foto: Astrid Schoiswohl / Elfie Klier
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Dazu haben wir im Vorfeld der Ausstellung mit einer der Kuratorinnen, Astrid Schoiswohl, gesprochen, die ein lebendiges Bild über den Menschen und die Künstlerin Edith Kramer zeichnete. Weiters durften wir auf Unterlagen von Elfie Klier zurückgreifen, die Edith Kramer schon von Kindheit an kannte, viel Zeit mit ihr verbrachte und sie im Alter liebevoll begleitete und betreute.
Ergänzt wurde unsere Recherche durch einen Erzählbericht von Fritz Ipsmiller, dem Leiter des privaten Instituts für Kunsttherapie, der auf Edith Kramers wissenschaftlichen Grundsätzen aufbaut.
Daten der Ausstellung:
Vernissage: Do., 08.02.2024, 19.00 Uhr
Ausstellungsdauer: 09.02. - 24.02.2024
Öffnungszeiten: Fr., 15.00 - 18.00 Uhr, Sa., 09.00 - 12.00 Uhr
Edith Kramers Kindheit
Edith Kramer genoss eine freie und liberale Erziehung. In ihrer Kindheit verbrachte sie ihre Sommer am Grundlsee mit ihrer Tante, der Schauspielerin Elisabeth Neumann-Viertl. Dort entwickelte sie sehr früh die Liebe zum Zeichnen und zur Malerei. Obwohl das spätere Schicksal sie in eine ganz andere, fremde Welt führte, war sie in Grundlsee tief verwurzelt. Sie verbrachte dort in ihrem Haus ab 1950 ihre Sommer und auch die letzten zehn Jahre ihres Lebensabends.
Ihre Tante Neumann-Viertl bewegte sich in Künstlerkreisen mit Intellektuellen, Schauspielern, Wissenschaftlern, Journalisten unter Einfluss der „Freudianer“. In dieser Umgebung wurde wohl auch der Grundstein für Edith Kramers späteren Berufsweg gelegt.
Studienzeit in Wien und Prag
Edith war in vielen Aspekten eine Pionierin, das hat sich auch schon darin abgezeichnet, dass sie 1934 als eines der ersten Mädchen in der Schwarzwaldschule maturierte. Schon zu der Zeit hat sie mit Kindern gearbeitet. Nach der Matura folgte ihre Studienzeit in Prag und Wien bei Größen wie Gertrude Hammerschlag, Friedl Dicker und Fritz Wotruba.
Tiefer Einschnitt in Ediths Jugend
Aufgrund ihrer jüdischen Abstammung musste Edith Kramer 1938 während ihrer Studienzeit von Prag aus nach New York zu ihrer Tante flüchten. Sie selbst haderte nicht ob ihres eigenen Emigranten-Schicksals, sondern vielmehr, dass sie viele geliebte Menschen (wie z.B. Friedl Dicker-Brandeis mit ihren Kindern) ihrem grausamen, todgeweihten Schicksal hinterlassen musste. Dieses Gefühl des Schmerzes und der Ohnmacht darüber hat sie wohl nie losgelassen.

- Flucht und Abenteuer beginnen mit der Reise nach New York
- Foto: Hermine Arnold
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Der Neubeginn
Von 1938–1941 wirkte Edith als Lehrerin für Malerei, Bildhauerei und Tischlerei an der Privatschule „The Little Red Schoolhouse“ in New York und unterrichtete an verschiedenen Institutionen, wo sie die Kunst von Kindern kennenlernte. Als Amerika in den 2. Weltkrieg eintritt, arbeitete Edith Kramer als Maschinistin in einer Fabrik für die Kriegsindustrie. Dort fertigte sie technische Zeichnungen an und porträtierte Menschen bei der Arbeit.

- 1941, als Amerika in den 2. Weltkrieg eintritt, arbeitet Edith Kramer als Maschinistin in einer Fabrik für die Kriegsindustrie. Nach der beschwerlichen Arbeit porträtiert sie dort Menschen bei der Arbeit.
- Foto: Hermine Arnold
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Edith Kramer arbeitete kunsttherapeutisch mit Kindern und Jugendlichen (Acht- bis 12-Jährigen) in der Wiltwick School for Boys in New York, ihre ersten Kurse für Kunsttherapie hielt sie an der New School for Social Research in New York.
Kunst als Therapie
1963 richtete sie das Kunsttherapieprogramm auf der Kinderstation des städtischen Jacobi-Hospitals in der Bronx ein. Nebenbei arbeitete sie mit blinden Kindern an der Jewish Guild for the Blind zusammen. Diese Erfahrungen bilden die Grundlage für ihr zweites Buch. Mit ihren beiden Büchern „Art Therapie in a Children’s Community“ und „Art as Therapie with Children“, die in sieben Sprachen übersetzt wurden, legte sie den Grundstein für die heutige Kunsttherapie-Ausbildung. Edith Kramer wird liebevoll als „Mutter der Kunsttherapie“ bezeichnet.
Es folgten Lehrbeauftragungen als Adjunkt Professor of Art Therapy an der New York University, an der Georg Washington University in Washington. Sie arbeitete immer nur Teilzeit, damit Zeit für ihre Kunst blieb. Edith Kramer war Trägerin das Ehrendoktorats der Norwich University, des Silbernen Ehrenkreuzes der Stadt Wien sowie des Goldenen Ehrenzeichens des Landes Steiermark.
Mensch und Künstlerin Edith Kramer
Edith Kramer war ein resoluter und pragmatischer Mensch, der seine Ziele unbeirrt verfolgte und anderen immer auf Augenhöhe begegnete. Was ihre künstlerische Arbeit betraf, war sie eine echte „Workoholic“. Wo immer sie sich befand, sie war immer mit Malutensilien ausgestattet und auf ihrer Kleidung spiegelten sich die Spuren ihrer leidenschaftlichen Arbeit.

- Edith Kramer war auch eine begabte Bildhauerin und Skulpteurin.
- Foto: Hermine Arnold
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Als Künstlerin dokumentierte Edith Menschen, das Leben, die Natur, Gegenstände des täglichen Lebens. - So wie wir heute selbstverständlich unser Smartphone zum Fotografieren benutzen, so selbstverständlich hat Edith Kramer jederzeit und überall Skizzen und Bilder angefertigt. Edith Kramer war eine vielseitige Künstlerin, so war sie z. B. auch eine Skulpteurin. Eines ihrer monumentalsten Werke ist ihr Mosaik in der U-Bahn Station Springstreet in Brooklyn aus dem Jahre 1993.

- U-Bahnstation Springstreet in Brooklyn: Mosaik von Edith Kramer
- Foto: Paul Lowry - https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:New_York_Subway_Station,_Edith_Kramer_vc.jpg
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Elfie Klier über Edith Kramer
Elfie Klier kannte Edith Kramer schon seit ihrer Kindheit. Gemeinsam mit ihrem Mann Fred verbrachte sie viel Zeit mit der Malerin. Unzählige lustige, interessante und besondere Erlebnisse bereicherten diese Freundschaft.

- Die Hütte auf der Aibl Alm, Rückzugsort und Kraftplatz von Edith Kramer
- Foto: Hermine Arnold
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Elfie Klier: „Meine Freundschaft mit Edith geht bis in meine Kindheit zurück und wurde mit den Jahren immer intensiver. Im Alter übernahm ich Obsorge und alltägliche Unterstützung für meine Mumi (Ediths Kosename). Mein Mann Fred und ich begleiteten sie auf die Aibl Alm, auf 1.850 Meter im Toten Gebirge. Sie blieb meist zehn bis 14 Tage auf ihrer geliebten Alm, die ein Kraftplatz für sie war, um zu malen.“

- Porträt von Fred Klier, dem Mann von Elfie Klier, einer der Kuratorinnen der Ausstellung. Fred war für den schweren Rucksack mit Proviant und Malutensilien zuständig, wenn sie gemeinsam auf die Aibl Alm gingen.
- Foto: Hermine Arnold
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Astrid Schoiswohl über Edith Kramer
In den späten 1990er-Jahren besuchte Astrid Schoiswohl (Diplom Pädagogin und Projektleiterin des Salzkammergut-Magazins im Bad Ausseer Kommunikationshaus) die Prager Synagoge. Dort gab es eine berührende Ausstellung mit Kinderzeichnungen, von denen Edith Kramer eine der Betreuerinnen war. Viele dieser Kinder sind dem Nazi-Regime zum Opfer gefallen. Damals wusste Astrid Schoiswohl noch nicht, dass Edith Kramer ganz ihrer Nähe künstlerisch wirkte.

- Foto: Hermine Arnold
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Die Familie Schoiswohl ist 2004 über die Familie Klier auf Edith Kramer gestoßen, um bei der Künstlerin ein Familienporträt in Auftrag zu geben. Das ist auch gelungen, denn Edith Kramer hat die Familie im Sommer 2004 porträtiert.
„Edith Kramer war eine kleine, aber resolute Person mit viel Humor. Es gab 2 bis 3 x in der Woche je eine Sitzung mit je 1,5 Stunden. Das Ergebnis war ein wunderbares Familienportrait in der Größe von 1,5 x 1,5 Metern. Während dieser Zeit hat Edith Kramer uns ihre Lebensgeschichte ausführlich offenbart. Aus dieser Begegnung hat sich eine langjährige Freundschaft entwickelt.“
Astrid Schoiswohl
2005 ermöglichte die Familie Schoiswohl der Künstlerin eine Ausstellung in ihrem Kommhaus in Bad Aussee in der Steiermark.

- Selbstportrait Edith Kramer
- Foto: Hermine Arnold
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Fritz Ipsmiller über Edith Kramer
„Das voll vorhandene und ausstrahlende Mädchenhafte mit gleichzeitiger Autorität und dichter Präsenz flirrte im Raum“, so beschrieb Fritz Ipsmiller (Leiter des privaten Instituts für Kunsttherapie) seine Begegnung mit der damals 94-jährigen Edith Kramer.
Auf seine Frage „Was möchte Kramer allen Kunsttherapie-Studenten mitgeben?“, antwortete sie:
„Zeit für die Kunst und Künstler bleiben und vor allem in der eigenen Kunst; weil sonst werden sie keine guten Kunsttherapeuten, weil sie die Befriedigung und die Freude der Kunst nicht erleben und nicht wissen, worum es bei der Kunst geht… Die Kunst soll im Zentrum sein und das Wichtigste sein. Man muss dies erleben, was die künstlerische Arbeit einem bietet, dass man nicht viel anderes braucht. Das ist es, was ich den Kunsttherapeuten sagen lasse, von mir. Ich bin immer erst einmal Künstlerin gewesen und nur nebenbei Kunsttherapeutin.“
Edith Kramer
Wir danken den beiden Kuratorinnen der MiR Ausstellung, Astrid Schoiswohl und Elfie Klier, sehr herzlich für die wohlwollende Unterstützung, für Interview und Informationsmaterial sowie für die Bereitstellung ausgewählter persönlicher Fotos von der Künstlerin und Kunsttherapeutin Edith Kramer.
Hier geht es zur Fotogalerie der Vernissage am 8.2.2024:
Hermine Arnold
Freie Redakteurin
https://www.nedi.at
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