Dritter demenzfreundlicher Gottesdienst in der Glaubenskirche
„Menschen mit Demenz zeigen stark ihre Emotionen“
Am Sonntag, 8. März findet zum mittlerweile dritten Mal ein Gottesdienst in der Glaubenskirche statt, der ganz auf Menschen mit Demenz ausgerichtet ist. Ein Erlebnis und Gewinn für die gesamte Pfarrgemeinde, zeigt sich Anna Kampl, die Pfarrerin der Glaubenskirche im Interview überzeugt.
Warum sind der Glaubenskirche eigene Gottesdienste für Menschen mit Demenz so ein besonderes Anliegen?
Weil es eine andere Art und Weise ist, wie man mit dem Thema Gottesdienst überhaupt umgeht: Eine ganz andere Ebene, die mit der kognitiven Ebene, auf der wir uns üblicherweise bewegen, gar nichts zu tun hat. Sondern es geht sehr stark um Emotionen, sehr stark um Besinnen, sehr stark um den Moment, in dem wir uns befinden - weil sich ja Menschen mit Demenz auch nicht so lange konzentrieren können. Da ist es ein tolles Erlebnis, diese Menschen ein paar Minuten oder auch nur ein paar Sekunden zu erreichen.
Kann auch die Pfarrgemeinde von diesen Gottesdiensten profitieren?
Ich glaube schon. Normalerweise sind wir Protestanten ja sehr auf die Bibel, die Wahrnehmungsebene des Worts konzentriert – und eher wenig auf Symbole. Und bei den Gottesdiensten für Menschen mit Demenz passiert ganz etwas anderes. Das sind Gottesdienste für Alle, ein ganz tiefgehendes Erlebnis für die gesamte Gemeinde.
Welche Reaktionen konnten Sie bei den bisherigen demenzfreundlichen Gottesdiensten schon bei den Menschen mit Demenz feststellen?
Ich merke das oft nur am Gesichtsausdruck. Oder, wenn sie plötzlich mitsingen oder mitbeten. Das „Vater unser“ wird fast immer mitgesprochen, ist offenbar ganz tief in den Menschen verankert. Sehr oft merkt man emotionale Reaktionen, wenn Erinnerungen aufkommen, wenn sie sich freuen. Menschen mit Demenz zeigen sehr stark ihre Emotionen – oft nur kurz, aber eben sehr stark. Auch gemeinsame Bewegungen sind wichtig, werden gut angenommen.
Eine Besonderheit in der Glaubenskirche ist, dass jeder Mensch mit Demenz beim Gottesdienst einen persönlichen Betreuer hat – und zwar aus dem Kreis der Flüchtlinge oder Asylwerber, die in der Glaubenskirche eine Glaubensheimat gefunden haben. Welche Erfahrungen gibt es damit?
Viele unserer Flüchtlinge und Asylwerber sind ja regelmäßig im Rahmen der Betreuungsdienste der Glaubenskirche im Pflegeheim aktiv. Da haben wir auch vom Pflegepersonal Rückmeldungen, wie großartig und besonders einfühlsam sich die Flüchtlinge und Asylwerber hier einbringen. Ich glaube, dass es dabei auch eine Rolle spielt, dass die jungen Männer, die geflüchtet sind, das generationenübergreifende Zusammenleben in großen Familien gewohnt waren und aus eigener Erfahrung gut kennen, wie man mit älteren Menschen umgeht. Dieser alltägliche Umgang fehlt uns in unserem Land oft.
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