Auszug aus "Unglaubliche Luftfahrtgeschichten"
Der Unruly Passenger
Ein „Unruly Passenger“ ist ein Passagier, welcher am Flughafen oder im Luftfahrzeug gewalttätig wird, Sachen beschädigt, randaliert oder die Sicherheitsanweisungen missachtet.
Leider kommt dies sehr oft vor, besonders bei den Fluglinien. Gemäß Statistik 2018 der europäischen Flugsicherheitsbehörde gibt es in Europa alle 3 Stunden einen „Unruly Passenger“ und durchschnittlich einmal pro Monat muss deswegen eine außerplanmäßige Landung gemacht werden.
Gemäß einem internationalen Abkommen ist der Kapitän berechtigt, einen derartigen Passagier auszuladen. Der Passagier muss vom jeweiligen Land in polizeiliche Gewahrsam genommen werden.
In der Businessaviation kommt dies glücklicherweise nur selten vor. Manchmal kann es auch lustig sein, wenn zum Beispiel 15 betrunkene Passagiere in ein zehnsitziges Flugzeug einsteigen, dem Kapitän lachend um den Hals fallen und lallend meinen: „Wir können eh stehen, das macht uns nichts aus.“ Mit etwas Charme und einer Mischung zwischen Witz und Beharrlichkeit sind die überzähligen Passagiere relativ leicht rauskomplimentierbar.
Ich hatte nur einmal einen Fall, welcher eskalierte. Es war ein russischer Passagier, welcher im Juni 2003 von Olbia abzuholen war. Schon beim Einsteigen kam mir eine gewaltige arrogante Kälte entgegen und er vermittelte das Gefühl, dass ich nur ein notwendiges Übel bin, damit er von A nach B kommt.
Begonnen hat es damit, dass die Flugbegleiterin beim Rausrollen ins Cockpit kam und mitteilte, dass sich der Passagier weigert, sich anzuschnallen. Meine Antwort: „Sag ihm, ohne Anschnallen darf ich nicht starten“. Als sie nach 2 Minuten wieder mit derselben Aussage kam, nahm ich das Mikrofon und sagte ihm die Vorschrift erneut. Da auch das keinen Erfolg brachte, meldete ich der Flugsicherung einen „unruly passenger“ und ersuchte um Genehmigung zum Zurückrollen zur Abstellfläche.
Das Angebot, mir die Polizei zu schicken, habe ich vorerst abgelehnt und hoffte, dass sich das Problem lösen wird.
Als der Passagier merkte, dass es wieder zurückgeht, begann er zu toben und wild zu schreien. Ich machte mich darauf gefasst, dass er die Besatzung tätlich angreifen wird. Er meinte, so eine Frechheit ist ihm noch nie passiert und er wird sich über mich beschweren. Dem blickte ich gelassen entgegen und beharrte auf die Vorschrift, die ja letztlich zu seiner eigenen Sicherheit ist.
Bei derartigen Passagieren muss man davon ausgehen, dass sie bei einem Problem (z. B. Kopfverletzung aufgrund eines Reifenplatzers) die Anwälte auf mich hetzen, mit der Begründung, dass ich ja ohne dem Anschnallen gar nicht hätte starten dürfen.
Wutentbrannt musste er zur Kenntnis nehmen, dass es ohne Einhaltung der Sicherheitsvorschriften keinen Start geben wird. Mit hochrotem Kopf und versteinerten Gesicht nahm er Platz und schnallte sich an. Ich meldete der Flugsicherung, dass wieder alles in Ordnung ist und bekam die Starterlaubnis.
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Zu den Fotos:
Unsere Cessna Citation C650, OE-GCN in Olbia.
Warten auf den Passagier mit der Flugbegleiterin Maria-Elena.
Die Kabine der C650 mit der Anzeige für das Anschnallen.
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