Fluss-Serie
Die Wien – nur mehr fleckenweise naturnah

- Beim Roten Kreuz in Purkersdorf fließt die Wien für ein kleines Stück vergleichsweise naturnah. Solche Strecken sind heute leider selten.
- Foto: Ericson
- hochgeladen von Anita Ericson
Teil sechs unserer Wienfluss-Serie: Regulierung und Renaturierung.
REGION PURKERSDORF (ae). Die biologische Gewässergüte der Wien ist soweit in Ordnung (siehe letzte Ausgabe). Sie ist aber nur ein Wert, der den ökologischen Zustand eines Gewässers beschreibt. Großen Einfluss auf das Ökosystem hat weiters die Hydromorphologie – also die natürlichen Strukturen wie Untiefen, Uferbuchten oder Kiesbänke und das damit verbundene Abflussverhalten eines fließenden Gewässers. Verbauungen und künstliche Bachbette greifen da stark ein.
Platzmangel
Ein natürlich fließender Fluss verläuft niemals schnurgerade, auch ist sein Bett veränderlich – mal schwenkt der Fluss in die eine Richtung, mal in die andere. Dafür braucht er freilich Platz und diesem Raum gibt man ihm heute nur mehr selten. Das hat negative Auswirkungen: „Durch Regulierungen wird der Fluss eingezwängt. Dadurch verändert sich seine Dynamik, die entscheidend für die Entstehung natürlicher Habitate ist“, fasst Gewässerökologe Stefan Winna zusammen, „Ein stark verbauter Fluss ist arm an natürlichen Strukturen. Damit werden die Flussbewohner etwa um Versteck- und Laichmöglichkeiten gebracht.“ Fast die gesamte Wien ist reguliert, also befestigt und begradigt. Nur mehr an wenigen Stellen, etwa beim Roten Kreuz in Purkersdorf oder im Einlaufbereich zum Wienerwaldsee weist sie noch nennenswerte dynamische Bereiche auf.
Blick über den Tellerrand
Renaturierungen, also die Wiederherstellung natürlicher Gegebenheiten, sind indes keine geplant. Blicken wir daher über die Grenze nach Wien: Zwischen Westausfahrt und Westbahn erstreckt sich im Auhof ein riesiges Areal mit sieben Becken, die dem Rückhalt des Flusses bei Hochwassergefahr dienen. Sie wurden im 19. Jahrhundert angelegt, führen stets ein wenig Wasser und sind weitgehend sich selbst überlassen. Damit sind sie ein einzigartiges Feuchtbiotop mit auwaldähnlichen Bedingungen. Über 120 Vogelarten, darunter so klangvolle Namen wie Eisvogel, Storch und Schilfrohrsänger, sind hier zu beobachten. Ausgehend von diesen Rückhaltebecken, auf Höhe der Bahnstation Wolf in der Au, wurde vor rund 20 Jahren ein ganzer Flusskilometer, bis hin zum Bahnhof Hütteldorf, revitalisiert. Mit studentischer Hilfe und unter Leitung der Universität für Bodenkultur wurden Betonplatten aufgebrochen, Querbauwerke entfernt, dem Flussbett mehr Raum gegeben und die Ufer mit Hölzern, Sträuchern und Stecklingen stabilisiert. Betritt man das Areal heute, befindet man sich mitten in einem Naturparadies, in dem sich Fließstrecken und stille Buchten abwechseln, Weiden überhängen, Insekten sonder Zahl schwirren und Fische im klaren Wasser schwimmen.
Lesen Sie in der kommenden Woche: Angeln am Fluss.


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