Im Gespräch mit Stefan Stranger
"KI wird mich nicht ersetzten"

Stefan Stranger begeistert bei "The Strangers" mit Gesang, der Gitarre, am Keyboard und mit dem Saxophon. | Foto: Nicole Hettegger
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  • Stefan Stranger begeistert bei "The Strangers" mit Gesang, der Gitarre, am Keyboard und mit dem Saxophon.
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Stefan Stranger ist ein musikalischer Alleskönner. Der 34-jährige Bischofshofener sprach mit MeinBezirk über seine musikalische Leidenschaft, wie er Musik komponiert, die Entwicklungen im Hinblick auf künstliche Intelligenz und die Probleme, mit denen sich die Blasmusik konfrontiert sieht.

BISCHOFSHOFEN. MeinBezirk: Stefan, du bist Komponist, Musiker, Kapellmeister, Verleger, Produzent, Arrangeur und gibst Musikunterricht. Wie stellst du dich selbst bei anderen Menschen vor, wenn sie dich fragen, was du beruflich machst?

Stranger: Die kürzeste Antwort - ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht und mache alles rund um Musik. Wenn man es genauer wissen will, sage ich, dass ich sehr viel Livemusik mit den verschiedenen Musikgruppen spiele, die ich habe, wobei die Hauptband "The Strangers" (gemeinsam mit Bruder Daniel, Cousin Christoph und Max Steinbauer) ist. Das sind zwischen 80 und 100 Auftritte im Jahr. Der zweite Teil ist mein eigener Musikverlag und alles was dazugehört. Dort verlege ich meine eigenen Kompositionen, schreibe Arrangements (Bearbeitung eines Musikwerks für einen bestimmten Zweck) und verkaufe Noten über den Onlineshop. Dazu gehört auch noch die Musikproduktion, das heißt, ich nehme Musik auf und schneide, mische und endbearbeite die Musikstücke dann auch selbst. Danach wird die Musik hauptsächlich auf Download- und Streamingportale verteilt, weil die klassische CD wirklich am Aussterben ist. Das ist wirklich das, was ich beruflich mache. Dazu bin ich natürlich auch seit fast genau zehn Jahren Kapellmeister bei der Bundesbahnmusik Bischofshofen. Gleichzeitig bilden wir bei uns im Verein auch junge Musikerinnen und Musiker aus.

Seit fast zehn Jahren leitet Stefan Stranger die Bundesbahnmusik Bischofshofen. | Foto: Gernot Brandstätter
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MeinBezirk: Wie schafft man es, junge Menschen für die Musik und den Musikverein zu begeistern?

Stranger: Indem man sie möglichst früh mit der Musik in Berührung bringt, also ab dem Zeitpunkt, wenn mit dem Musikinstrument begonnen wird. Die Grundherausforderung besteht darin, dass die Ausbildungszeit, bis man im Blasorchester mitspielen kann, relativ lang ist. Wenn man schnell ist, schafft man es in zwei bis drei Jahren, wenn man sich schwertut, können es auch fünf sein. Bei anderen Vereinen geht man einfach dazu und ist voll dabei. Wir schauen bei uns im Verein, dass wir die Jungen so gut wie möglich mit vielen Aktivitäten ins Vereinsleben einbinden. Wir machen Schülerkonzerte oder laden sie zu Marschproben ein, gehen Kegeln, machen Spieleabende und vieles andere, damit sie von Anfang an merken, dass sie im Verein eingebunden sind.

MeinBezirk: Du hast tagtäglich mit Musik zu tun. Was macht gute Musik für dich aus? Was unterscheidet gute Musik für dich von weniger guter Musik?

Stranger: Gute Musik hängt zuerst einmal auf keinen Fall vom Genre ab. Jedes Genre hat gute Musik. Ob es jetzt Pop, Rock, Rap, elektronische Musik oder was auch immer ist, es gibt sie überall. Gute Musik muss für mich gut gemacht sein, das bedeutet nicht nur von der technischen Produktion her, sondern auch wie etwas komponiert ist, wie klingt das, wie geht es ins Ohr und erzeugt die Musik ein Gefühl bei mir? Gute Musik kann Gefühle auslösen, jemanden bewegen und im Herzen berühren. Sie kann mich zum Tanzen animieren, mich aber auch versinken lassen, wenn sie vielleicht traurig ist. Das ist für mich gute Musik.

MeinBezirk: Jetzt machst du nicht nur Musik, sondern schreibst sie auch selbst. Wie sieht so ein Kompositionsvorgang bei dir aus?

Stranger: Hauptsächlich komponiere ich natürlich am Computer mit einem Notensatzprogramm, wo ich dann die Noten selbst eingebe. Beim Komponieren selbst ist es oft so, dass mir mitten in Alltagssituationen eine Melodie, eine Idee, ein kleiner "Fetzten" einfällt. Wenn mein Computer in der Nähe ist, dann schreibe ich das schnell ins Notenprogramm hinein. Das können auch einfach nur vier oder acht Takte sein und diese musikalische Idee arbeite ich dann später aus. Wenn ich unterwegs bin, dann singe ich die Idee in eine Handy-Sprachaufnahme. Meistens setze ich mich mit der Aufnahme dann ans Klavier, wo ich dann die Akkorde dazu ausarbeite. So war es auch bei meiner "Weinkeller Polka" (Strangers bis dato erfolgreichste Komposition). Ich hab auch schon individuelle Fragmente zu einem Stück zusammengesetzt, aber meist schreibe ich einen Teil, z. B. das Trio, fertig und überlege mir dann, wie dazu ein erster Teil, ein Bass-Solo oder ein Kontrast dazu klingen könnte.

MeinBezirk: Letzes Jahr schaffte es der erste KI-produzierte Song ("Verknallt in einen Talahon") in die deutschen Charts. Wird es deinen Beruf in absehbarer Zeit nicht mehr geben?

Stranger: Das bezweifle ich stark. Die KI ist zwar recht gut, um aus bestehendem neue Sachen zusammenzusetzen, sie kann aber nichts erschaffen. Stelle es dir vor wie Lego: Du hast die Steine, die du zerlegst, und daraus kann man neue Sachen bauen. Das ist das, was die KI kann. Was die KI aber nicht kann, ist, einen neuen Stein zu erfinden. Das ist dann wahre Inspiration. Im Prinzip macht jeder Komponist auch nur das. Du nimmst ja auch Fragmente von Sachen, wie Harmoniefolgen oder Melodiefolgen, die du kennst, und schöpfst daraus etwas Neues. Aber alles, was darüber hinausgeht und das, was dann wirklich ein gutes Stück ausmacht, ist für mich die wahre Inspiration und etwas zu schaffen, was es vorher noch nicht gegeben hat.

MeinBezirk: Passiert es dann auch, dass man unabsichtlich Sachen erschafft, die es bereits gibt?

Stranger: Ja, definitiv. Das ist mir auch schon mehrmals passiert, beziehungsweise wenn man gewisse Musikstücke von mir hört, merkt man kleine Fragmente und denkt sich "irgendwie habe ich das in einer anderen Form schon einmal gehört." Von mir gibt es beispielsweise die "Klassikovska Polka", gespielt von der Stürmischen Böhmischen. Der erste Teil ist aufgebaut auf der Harmoniefolge vom berühmten Pachelbel-Kanon. Die Rockband Green Day hat dasselbe in ihrem Stück "Basket Case" auch gemacht. Wir haben einfach die Harmoniefolge genommen und daraus etwas Neues gemacht.

MeinBezirk: Zurück zur Blasmusik: In welche Richtung entwickelt sich die Blasmusik derzeit? Welchen Eindruck hast du derzeit von der Blasmusikszene?

Stranger: Sagen wir es so: Es wird sicher nicht leichter. Einfach aus dem Grund, weil in der heutigen Zeit die Konkurrenz sehr stark ist. Früher gab es natürlich auch schon Fußballvereine, Judo, Skiclub und sonstiges. Dazu kommen heutzutage noch Sachen wie Social Media, Computerspielen und andere Sachen, die die Aufmerksamkeit der jungen Menschen auf sich ziehen. Sich wirklich hinzusetzen und jahrelang ein Instrument zu lernen, damit man es dann in der Blasmusik spielen kann, ist einfach harte Arbeit. Jeder Blasmusikant, der das gemacht hat, weiß das. Dass die Blasmusik zweifelsohne extrem wichtig ist, sieht man aber immer wieder. Blasmusik verbindet einfach, vor allem Jung und Alt. Das ist der große Unterschied zu Sportvereinen, wo man meist nur unter Gleichaltrigen ist. Du hast in der Musik vom 10- bis zum 70-Jährigen alles dabei und die müssen sich vertragen und die lernen dadurch auch den Umgang miteinander. Ein 10-Jähriger lernt genauso den Respekt vor einem Älteren, sowie auch ein Älterer Anerkennung für einen Jungen lernt. Das ist gerade in solchen Vereinen wie wir einer sind extrem wichtig und wunderschön. Gesellschaftlich ist die Blasmusik extrem wichtig und wir müssen schauen, dass das auch so bleibt. Musikalisch ist die Blasmusik aus meiner Sicht so divers wie noch nie, gerade durch die Entwicklungen der letzten Jahre. Während es früher auf der einen Seite die "traditionelle Blasmusik" mit Polka, Walzer und Marsch und auf der anderen Seite die symphonische Blasmusik gab, gibt es heute einfach alles. Es gibt Konzertwertungen, genau so wie ein Woodstock der Blasmusik, moderne Konzerte wie unseren Filmmusikabend oder Marschmusikwettbewerbe. Und diese Vielfalt ist wirklich eine Besonderheit der Blasmusik, dass sie so viel abdeckt und so viele verschiedene Genres bedient. Und das macht die Blasmusik einzigartig.

MeinBezirk: Soll Blasmusik alles spielen dürfen?

Stranger: Da sind wir wieder bei der Frage nach der guten Musik. Wenn sie im Endeffekt die Herzen der Hörer berührt und wenn sie wem Freude bereitet, dann ja. Aber wenn sie nur dem Selbstzweck dient, damit man halt divers spielt und vielleicht eine Rocknummer herunterwurstelt, bringt das genauso wenig. Man muss mit Herzblut dabei sein und es so gut wie möglich machen.

MeinBezirk: Gibt es derzeit größere Ziele, die du verfolgst? Eventuell ein neuer großer Hit, so wie die Weinkeller Polka?

Stranger: Das lasse ich eher mehr auf mich zukommen. Viel wichtiger ist, dass man Freude hat an dem, was man macht. Und ich will das noch sehr lange machen. Es wird sich sicher einmal die Form, in der ich es mache, verändern. Ich will mit 60 Jahren sicher keinen Après-Ski mehr spielen. Vielleicht werde ich dann in 10 oder 20 Jahren ganz andere Sachen komponieren. Wichtig ist, dass es eine Freude macht.

MeinBezirk: Danke für das Gespräch.

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