Gedenkgottesdienst in Werfenweng
40 Jahre Lawinenunglück in Werfenweng

- Dem Feuerwehr-Ehrenkommandanten Mathias Grünwald war es ein großes Anliegen den Lawinenopfern zu gedenken. Er lud seine helfenden Kameraden zur Gedenkmesse in Werfenweng ein.
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WERFENWENG. Text von Wolfgang Popp, VS-Direktor a.D.
Was hat mich dazu bewogen, diesen Artikel zu schreiben? Nun, zum einen war es die berührende Predigt unseres Pfarrers Bernhard Pollhammer, anlässlich des Gedenk-Gottesdienstes und zum zweiten das würdevolle Entzünden der 13 Kerzen mit Namensnennung, hinter welchen 13 Schicksale stehen, die eng mit der jüngeren Geschichte Werfenwengs verbunden sind.

- Der letzte Vermisste wurde erst am nächsten Tag gefunden.
- Foto: Privat
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Am 31. Jänner 1982, einem trostlosen Wintertag, der kaum jemanden vor die Türe lockte, da es stundenlang ununterbrochen geschneit hat, wurden blutjunge Menschen jäh aus dem Leben gerissen. Ich möchte hier weder Statistiken über das Wetter oder die Zahlen der Einsatzorganisationen bemühen, noch das heroische Riskieren des eigenen Lebens der unzähligen Helfer hervorheben, noch den moralischen Zeigefinger heben. Ich möchte einen anderen Aspekt beleuchten, den der „pädagogischen Sichtweise“ dieses unrühmlichen Unglücks.
Ich habe mit „Hermann“, dem Leiter der Kurzschule, welche in der Wengerau stationiert war, öfters pädagogische Grundsatzdiskussionen geführt. Da auch ich ein Verfechter von vielfältigen „Abenteuern für Kinder“ war, teilten wir in unserer Vorstellung von Erziehung einige Gemeinsamkeiten.
Dennoch gab es einen gravierenden Unterschied: Bei meiner Vorstellung von „Lebens-Erfahrung“ mussten meines Erachtens neben Eltern, Großeltern, Freunden und Lehrern, viele andere Personen über einen längeren Zeitraum an der Lebensgestaltung mitwirken, um ein ganz „persönliches Lebenskonzept“ zu entwickeln, welches den Stürmen des Lebens standhält. Hermanns Idee war es jedoch, diese Erfahrungen, welche normalerweise im Familien- und Freundeskreis über viele Jahre stattfinden, in „sehr kurzer Zeit“ zu raffen.
Das Schlagwort für ihn war „Abenteuer nach Stundenplan“. So entwickelte er einen Erlebnis-Parcour, um sich wie Tarzan über imaginäre Hindernisse zu schwingen, oder über eine Brücke aus Stricken heldenhaft zu balancieren, oder aus dem zweiten Stock eines Hauses sich mutig unter dem Beifall der Freunde abzuseilen.

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Die vielen sportlichen Aktivitäten, wie Klettern, Biwakieren, Skitouren und Wildwasserfahrten, sollten nicht nur bleibende Jugenderlebnisse werden, sondern diese Abenteuerwochen in Werfenweng können, so der Werbetext der Kurzschule, „ein ganzes Leben verändern“.
Jeder Werfenwenger, der jemals Kinder erzogen hat, weiß, dass man in einem 14-tägigen Abenteuercamp nur ansatzweise grundlegende Lebenserfahrungen machen kann. Dennoch wollte Hermann den Jugendlichen „spannungsreiche Grenzsituationen“ bieten, wie das um einen Bauch gebundene Kletterseil, wobei der Zögling über einer steilen Felswand in den Abgrund der Wengerau schaute, während er ihn in hoher Verantwortung, gewissermaßen am seidenen Faden, festhielt. Diese „Mutproben“ kamen bei einigen Verwegenen gut an, jedoch spielte bei vielen anderenwährend der waghalsigen Grenzerfahrungendie Angst eine große Rolle. Doch genau dieses kalkulierte Risiko war Teil des pädagogischen Konzeptes, um das spätere Leben „mutig, standhaft und krisenfest“ zu überstehen. Die Jugendlichen sollen sich „verbrüdert mit dem Abenteuer“ den Herausforderungen des Lebens stellen und „Sehnsucht nach der Bewährung im Ernstfall“ entwickeln.

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Wäre das leidvolle Unglück an jenem letzten Jänner-Tag 1982 nicht geschehen, könnte man diese „Erlebnispädagogik für Pubertierende“ unter Umständen verstehen. Da aber ein gut gemeintes Survival-Training blutjungen Menschen das Leben gekostet hat, ist diese Art von Lebens-Herausforderung ernsthaft zu überdenken.

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Möge uns dieses traurige Ereignis dazu bewegen über unsere Kinder nachzudenken, um weder Weichlinge zu erziehen, noch computerspielende Stubenhocker - aber auch nicht Superhelden in gewagten Sportarten heranzuzüchten oder die Jugendlichen gar zu grenzwertigen Heldentaten mit krankhaftem Imponiergehabe zu ermuntern, die ähnlich schicksalhaft enden könnten, wie jenes „Abenteuer“ in Werfenweng vor 40 Jahren.






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