Bezirk Melk: 13 Monate Haft für reuigen „Staatsverweigerer“
Nach Drohbriefen und versuchten Widerstand gegen die Staatsgewalt musst ein 69-jähriger Pensionist vor den Richter.
BEZIRK. „Ich anerkenne das Gericht und ich bekenne mich schuldig“, leitete ein 69-jähriger Pensionist aus dem Bezirk Melk sein umfassendes Geständnis vor dem St. Pöltner Richter Slawomir Wiaderek ein. Staatsanwältin Kathrin Bauer legte dem Beschuldigten die Vergehen des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt und der gefährlichen Drohung zur Last.
Kontakt mit der OPPT
Im Zuge einer Veranstaltung kam der Pensionist 2014 mit einer Bewegung in Kontakt, die sich OPPT (One People’s Public Trust) nennt und deren Anhänger als sogenannte „Staatsverweigerer“ den Staat als Firma betrachten, mit der sie keine Verträge hätten. Staatlichen Gesetzen müsse man in der Folge auch nicht nachkommen.
Für den Angeklagten bot sich im Zusammenhang mit Verwaltungsstrafen, die er für Verkehrsdelikte bekam, die Möglichkeit, seine neue Gesinnung auszuleben. Er zahlte nicht und versuchte, die Vollstreckung seitens der Behörden zu verhindern, indem er in einer Vielzahl von schriftlichen Eingaben den Bearbeitern drohte, ein Pfandrecht in das US-Handelsregister Uniform Commercial Code (UCC) einzutragen. Zwischen 25.000 und einer Million Euro pro Opfer, darunter Richter und Beamte, werde er danach umgehend vollstrecken. Die entsprechenden Formulare habe er aus dem Internet, seinen Stempel selbst konstruiert, bekannte der Pensionist.
Firmenkonstruktion war mir ein Rätsel
„Im Nachhinein tut es mir leid“, meinte der Beschuldigte. Er habe sich von den „Staatsverweigerern“ überzeugen lassen, allerdings: „Mir ist die Firmenkonstruktion immer ein Rätsel gewesen.“ Er habe auch nie mit Gewalt gedroht und Gott sei Dank, keinen der Betroffenen in das Register eintragen lassen, relativierte der 69-Jährige seine Schuld.
Als überzeugter „Staatsverweigerer“ wurde der Angeklagte Mitte Jänner 2017 in U-Haft genommen, zumal er Ladungen der Polizei nicht nachkam, sondern weitere Drohschreiben verschickte. „Das Haftübel hat mir den Rest gegeben“, meinte der Pensionist zur Frage der Staatsanwältin, was seine Haltung innerhalb eines Monats so verändert habe. „Man denkt ja nach darüber“, so der Beschuldigte, für den, seiner Aussage nach, die Sache „komplett abgehakt“ sei. Verteidiger Michael Hofbauer ergänzte, dass sein Mandant im Gefängnis sehr massiv mit der Realität konfrontiert worden sei. Nicht nur, dass es beinahe zum Bruch mit der ganzen Familie gekommen sei, habe er auch seinen Zellengenossen, ein verurteilter Mehrfach-Räuber und Vergewaltiger, erhängt in der Toilette seiner Zelle gefunden.
"Freigang" wegen massive Milderungsgründe
Wiaderek verurteilte den Pensionist zu einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten, zwölf davon bedingt. Den unbedingten Teil hat der Mann bereits mit der Untersuchungshaft verbüßt. „Sie dürfen heute nach Hause gehen“, meinte der Richter und verwies in seiner Urteilsbegründung auf massive Milderungsgründe. „Sie werden von mir nichts mehr hören“, versprach der Pensionist und nahm das Urteil an. Bauer gab vorerst keine Erklärung ab. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.
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