Ukraine-Krieg
Wenn die Familie im Kriegsgebiet lebt
Für viele ist es kaum vorstellbar wie es ist, wenn plötzlich die Sirenen aufheulen und einen möglichen Bombenangriff ankündigen. Für die Menschen in der Ukraine ist es bittere Realität. Auch die Verwandten der Sigleßerin Tanja L. durchleben diesen Horror aktuell. Wie es der 40-Jährigen damit geht, hat sie uns in einem Interview erzählt.
SIGLESS. Geboren und aufgewachsen ist Tanja L. in der Ukraine. Bis zu ihrem 20. Lebensjahr hat sie dort gelebt. Heute, 20 Jahre später, ist sie nach wie vor tief mit der Ukraine verwurzelt, denn ihre Eltern, sowie ihr Bruder und weitere Verwandte, leben noch immer dort. Täglich ist sie mit ihren Verwandten in Kontakt und verfolgt angespannt die neuesten Entwicklungen.
Flucht von Kiew in den Westen
Tanjas Bruder lebt eigentlich mit seiner Frau in einer Wohnung in der Hauptstadt. Am Morgen des Donnerstags, der 24. Februar 2022, stand er wie jeden Morgen auf dem Balkon um seinen Kaffee zu genießen, als über ihn hinweg plötzlich ein Militärhubschrauber flog. Starr vor Angst fiel ihm die Tasse aus der Hand, sofort stürmte er in die Wohnung und forderte seine hochschwangere Frau auf die wichtigsten Dinge zu packen. Noch am selben Tag flohen sie in den Westen der Ukraine zu seinen, und Tanjas, Eltern. Seine Frau gebar nach der dreitägigen Flucht das gemeinsame Kind - ein kleiner Lichtblick in den so dunklen Zeiten, wie Tanja erzählte.
Leben inmitten eines Krieges
An eine Flucht aus der Ukraine denken Tanjas Verwandte allerdings nicht. Zu groß ist die Hoffnung, dass der Schrecken bald ein Ende nimmt, außerdem möchten sie nicht einfach so ihr schwer erarbeitetes Leben aufgeben und ihr Land verteidigen. Wenn der Krieg sich jedoch weiter verschlimmert werden auch Tanjas Verwandte flüchten.
Neben der täglichen Angst vor militärischen Angriffen hat Tanjas Familie, und viele weitere Ukrainer, noch mit anderen Herausforderungen zu kämpfen, so beispielsweise mit einer Lebens- und Medikamentenknappheit.
Große Angst und viele Sorgen
Mit schlaflosen Nächten, ständiger Angst, Angespanntheit und depressiven Verstimmungen kämpfen Tanja und ihre drei Kinder derzeit. Es ist schwer mit der Hilflosigkeit umzugehen, nicht wirklich etwas machen zu können, dem mischt sich eine große Wut bei. Um diese Gefühle etwas zu kompensieren fing Tanja an zu spenden - Von Lebensmitteln, Medikamenten, Babyzubehör wie Windeln sowie medizinische Hilfsmittel wie Verbandmaterial. Die Sigleßerin steht im sehr engen Kontakt mit einer Hilfsorganisation um auf dem Laufenden zu bleiben was gerade am dringendsten gebraucht wird.
Warum macht Putin das?
Tanja hat drei Kinder im Alter von 9 bis 19 Jahre. Erst vor kurzem hat sie ihr 9-Jähriger Sohn gefragt, wieso Putin das macht. Für ihn ist es nur schwer zu verstehen wie ein Mensch zu solchen grausamen Taten fähig ist. Natürlich versucht sie so gut es geht alle Fragen ihrer Kinder zu beantworten und sie auch emotional zu unterstützen. Auch unter den Kindern und ihrem Mann ist die Angst um die Großeltern und den Onkel sehr groß, am liebsten wäre es ihnen, wenn die Verwandten sofort flüchten und zu ihnen kommen. Das Versprechen sofort zu flüchten, sobald sich die Lage in der Westukraine verschlechtert, beruhigt Tanjas Familie etwas.
Dankbarkeit
Trotz der belastenden und herausfordernden Lage erfährt Tanja immer wieder große Dankbarkeit von ukrainischen Bekannten und auch Flüchtlingen. Der Zusammenhalt und das aufeinander Acht geben ist überwältigend. Es ist schön zu sehen wie die Menschen in Krisensituationen sich gegenseitig helfen und sich unterstützen. So weiß Tanja, dass sie doch einen kleinen Beitrag leisten kann, um die schreckliche Situation etwas zu entschärfen für die vielen hilfsbedürftigen Menschen.
Anmerkung: Tanja L. möchte lieber anonym bleiben, weswegen wir auf ein persönliches Bild verzichten.
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