70-Millionen-Prozess
Mehrjährige Haftstrafe für Ex-Commerzialbank-Vorständin

- Dienstag fiel das Urteil gegen die Commerzialbank-Ex-Vorständin Franziska Klikovits, im Foto auf der Anklagebank vor ihrem Anwalt Johann Pauer.
- Foto: Gernot Heigl
- hochgeladen von Gernot Heigl
Sechs Jahre und vier Monate Gefängnis lautete das Urteil gegen Franziska Klikovits, Ex-Vorständin der Commerzialbank Mattersburg. Der Spruch des Schöffensenats im Skandal um 70 Millionen Euro fiel am fünften Verhandlungstag im Landesgericht Eisenstadt. Ebenfalls eine Haftstrafe erhielt ein mitangeklagter Unternehmer, für zwei beschuldigte Firmenchefs geht das Verfahren weiter.
BURGENLAND/MATTERSBURG. Von Beginn an hatte sich die 59-jährige Franziska Klikovits im Teil-Prozess um 70 Millionen vollinhaltlich geständig gezeigt. Kein Hehl daraus gemacht, dass sie unter dem Druck von Banken-Chef Martin Pucher – der, wie berichtet, aus gesundheitlichen Gründen dem Prozess fernblieb – falsch gehandelt und Existenzen von Kunden zerstört hat. Dafür entschuldigte sich die Burgenländerin schon während des Verfahrens.

- Ex-Vorständin Franziska Klikovits auf dem Weg zum Urteil in den Saal 1.
- Foto: Gernot Heigl
- hochgeladen von Gernot Heigl
Bereits zuvor, genauer gesagt seit Auffliegen des Banken-Skandals, war die Ex-Vorständin bei der Aufarbeitung des Finanzverbrechens behilflich. Exakt diese freiwillige Aufklärungsarbeit und das reumütige Schuldbekenntnis seiner Mandantin machte Anwalt Johann Pauer zum Schwerpunkt seines emotionalen Schlussplädoyers vor dem Schöffensenat im Saal 1 im Landesgericht Eisenstadt.
Hilfe bei Aufklärung
Der Verteidiger führte in seiner rund dreißigminütigen Zusammenfassung an, dass seine Klientin bereits ganz am Anfang der Erhebungen, also noch im Ermittlungsverfahren, in knapp 50 ganztägigen Beschuldigtenvernehmungen umfassend ausgesagt hat. Als weiteren Milderungsgrund hob er den wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung hervor, denn „Franziska Klikovits nannte Mittäter und legte damals noch unbekannte Sachverhalte offen!“

- Am fünften Prozesstag gab es im 70-Millionen-Commerzialbank-Prozess die ersten beiden Urteile.
- Foto: Gernot Heigl
- hochgeladen von Gernot Heigl
Zudem machte die Ex-Vorständin reinen Tisch bei allen Banken-Malversationen im Zusammenhang mit Kassa und Bareinzahlungen und deckte Schattenbuchhaltungen auf, ohne Rücksicht darauf, dass sie sich dabei selbst belastete.
Durch diese freiwillige Zusammenarbeit der Burgenländerin mit den Behörden konnten rasch sämtliche inkriminierten Konten geortet werden, in Kombination mit einer dadurch erreichten massiven Verfahrensbeschleunigung. Begünstigt auch durch die Herausgabe von Passwörtern. Nicht unerwähnt ließ Anwalt Johann Pauer, dass bei all dem Fehlverhalten „sich meine Mandantin nicht bereichert, also nie aus Habgier gehandelt hat!“

- Die Angeklagte kurz vor Beginn des Prozesses im Landesgericht Eisenstadt.
- Foto: Gernot Heigl
- hochgeladen von Gernot Heigl
„Im Trüben fischen“
Dem pflichtete auch der Oberstaatsanwalt von der WKStA bei, sprach sogar davon, dass „ich in meiner langjährigen Tätigkeit so ein reumütiges Geständnis selten erlebt habe“. Lobte auch das Handeln von Franziska Klikovits zur Wahrheitsfindung und meinte: „Ohne diesen wertvollen Beitrag der Angeklagten würden die Behörden vermutlich immer noch im Trüben fischen.“
All das ändere aber nichts daran, dass die Ex-Vorständin „nicht aus Eigeninitiative das Finanzverbrechen aufgedeckt hat“. Aus Sicht des Anklägers ist die Burgenländerin schuldig zu den Delikten Veruntreuung, Untreue, betrügerische Krida und Weitergabe gefälschter Schecks. Auch der beschuldigte Unternehmer sei zu verurteilen in den Punkten Veruntreuung, Untreue, betrügerische Krida und Geldwäsche. In beiden Fällen gibt es einen Strafrahmen von bis zu zehn Jahren.

- Verhandelt wird der Mattersburger Commerzialbank-Skandal im Landesgericht Eisenstadt.
- Foto: Gernot Heigl
- hochgeladen von Gernot Heigl
Hohe Gefängnisstrafe
Das gespannte Warten auf das Urteil des Schöffensenats unter Vorsitz von Karin Knöchl und Zweitrichterin Doris Halper-Praunias endete um 12.33 Uhr mit zwei Schuldsprüchen.
Franziska Klikovits erhielt sechs Jahre und vier Monate Gefängnis. Unbedingt. Der Unternehmer wurde zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Ebenfalls unbedingt. Nicht rechtskräftig. Es gilt die Unschuldsvermutung.

- Anwalt Johann Pauer verteidigte Ex-Bankenvorständin Franziska Klikovits.
- Foto: Gernot Heigl
- hochgeladen von Gernot Heigl
Das könnte dich auch interessieren:
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.