Porträt Franz Geissler
Immer einen Schmäh auf den Lippen
Franz Geissler wuchs in Mattersburg auf und ist seiner Heimatstadt tief verbunden. Seinen Ruhestand nutzt er nun, um sich seiner Leidenschaft für Mundart-Texte zu widmen.
MATTERSBURG. Mit dem Schreiben hatte der studierte Chemiker am Beginn seiner Karriere nur wenig am Hut. Für Witze, verschiedene Dialekte und Wortspiele begeisterte er sich aber schon als junger Bursche.
Schmähführer
Franz Geissler kehrte nach seinem Studium wieder nach Mattersburg zurück, wo er vor 45 Jahren seine Frau heiratete.
"Sie war die Freundin meiner Cousine und ich war der böse Wiener", erinnert er sich mit einem Schmunzeln an das damalige Kennenlernen. "Da ich eine Zeit lang in der Nähe des Praters gewohnt habe, hatte ich eine Menge wilder Geschichtln zu erzählen, von denen die Jugend am Land nur träumen konnte."
Als Einzelkind in einem Familienverband aufgewachsen, in dem es keine Buben gab, war Franz Geissler stets der Schmähführer.
"In den 60er Jahren war ich bei den Pfadfindern und wir haben oft Theaterstücke aufgeführt, die unsere Zuschauer zum Lachen brachten", erzählt er nostalgisch. "In diesen Jahren entdeckte ich mein Talent, auf der Bühne zu blödeln und aus dem Stegreif Witze zu erzählen. Schon damals habe ich Liedertexte verdreht, Spottverse verfasst und spontan aus einer Bemerkung einen Schmäh gemacht."
Dichten im Auto
Aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit war Franz Geissler viele Jahre lang im gesamten Burgenland unterwegs, um mikrobiologische Wasser-Untersuchungen durchzuführen.
"Bei diesen langen Fahrten ist mir lauter Blödsinn eingefallen und durch den Kopf gegangen. Ich habe eine sehr umfangreiche Witze-Bibliothek und weiß zu jedem Thema einen Spruch. Höre ich ein Stichwort, fällt mir sofort eine Geschichte dazu ein. Bei jedem Gespräch schnappe ich irgendein Wort auf, das man verdrehen kann, was vor allem für Schüttelreime wichtig ist. Irgendwann habe ich diese Witze und Texte zu sammeln begonnen und in Mappen ablegt. Es ist so wichtig, dass dieses Wissen nicht verloren geht."
Lehrender Altbürgermeister
Franz Geissler bekleidete in seinem Leben viele Ämter. Er war Gemeinde- und Stadtrat, Bürgermeister von Mattersburg und Obmann des Wasserleitungsverbandes für das nördliche Burgenland. Als er von der HTL in Eisenstadt um Hilfe gebeten wurde, begann er aushilfsweise an Samstagen zu unterrichten. Schließlich legte er alle Ämter zurück und widmete sich nur noch dem Lehrer-Dasein. 1987 wurde er erstmals Klassenvorstand einer Klasse und unterrichtete fortan Chemie, Physik und Mathematik.
"Für meine Schüler habe ich extrem viele Skripten geschrieben. So kam ich zu meiner Liebe für das Niederschreiben von Texten. Es gibt kaum jemanden, der so eine umfangreiche Sammlung von klassischen Gedichten und deren Parodien hat. Das fängt bei Goethe an, geht über Schiller bis zu Uhland, Eichendorff und viele mehr. Ich habe das alles zusammengetragen und dokumentiert. Einige Texte sind von mir und andere von diversen Mundart-Dichtern."
Hianzisch
Zwei Bücher hat Franz Geissler bereits veröffentlicht. Sie sind in der altburgenländischen Mundart namens Hianzisch verfasst und nehmen unter anderem Bezug auf seinen Kuraufenthalt, den er mit seinen Reimen liebevoll auf die Schaufel nimmt.
"Hianzisch ist die regionale Mundart, in der man früher im Burgenland geredet hat", zeigt sich der Parodist begeistert. "Im Bezirk Mattersburg ist der Dialekt allerdings stark verwässert vom Wienerischen."
„Ätzend“ benannte er sein erstes Buch mit einer kleinen Anspielung auf das frühere Jugendwort, mit dem etwas als "cool" bezeichnet wurde. Sein zweites Werk ist im Rahmen von 100 Jahre Burgenland entstanden und trägt den Titel: "Mein gereimtes Burgenland".
Bis 2020 amüsierte der Autor bei abendliche Lesungen im Gesundheitszentrum in Bad Sauerbrunn die Kurgäste. Sobald es wieder möglich ist, möchte er mit diesem Weg fortfahren und die Menschen, die "nicht zum Lachen in den Keller gehen" mit seinen "geschriebenen Karikaturen" unterhalten.
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