Zu viele behördliche Auflagen: Das Café Industrie sperrt zu
Der fünfte Bezirk ist ab 27. Mai um eine Institution ärmer: Das Café Industrie am Margaretengürtel 120 schließt seine Pforten - nach 103 Jahren.
MARGARETEN. Kaffeehaus, Beisl, Inspiration und Veranstaltungsort – das alles vereint das Café Industrie am Margaretengürtel 120. Damit ist nun Schluss; Besitzerin Ruth Binder hat den Kampf gegen die Behörden verloren.
Wie bereits im März 2016 in der bz berichtet, wurden aufgrund einer falschen Betriebsgenehmigung die Veranstaltungen wie Konzerte und Lesungen verboten. Binder fehlte für den erforderlichen Lärmschutz das Geld. Auch für die behördlich geforderten Umbauarbeiten am Portal, die einen barrierefreien Zugang gewähren sollten, waren keine finanziellen Mittel vorhanden.
"Diese Summe kann ich mir nicht leisten. Die Kosten für die Umbauarbeiten würde ich in 150 Jahren hereinbekommen, und selbst das ist fraglich", so Binder zur bz. Als Grund für die Schließung des Traditionscafés, in dem der Autor und Stammgast Ernst Hinterberger sich für die Charaktere seiner Kultserie "Ein echter Wiener geht nicht unter" inspirieren ließ, nennt Binder ausschließlich die Auflagen. "Ich weiß nicht, was die Behörden vorhaben. Wenn nächstes Jahr das Rauchverbot kommt, werden viele Lokale und Kleinbetriebe zusperren müssen. Da werden noch einige dran glauben müssen."
Keine Nachnutzung bekannt
Was mit den Räumlichkeiten des Traditionscafé Industrie passieren wird, ist nicht bekannt. "Die Eigentümerin dürfte an der Fortführung als Lokal nicht interessiert sein. Ich habe zwei Nachmieter gebracht, an denen kein Interesse bestand", so Binder. Nachgefragt bei der Hausverwaltung, ist weder ein Nachmieter noch eine Nachnutzung bekannt.
Die Belegschaft des Lokals verabschiedet sich am Samstag, den 27. Mai, mit einem Abschlussabend, an dem etliche musikalische Wegbegleiter noch einmal das Lokal in einen Konzertsaal verwandeln werden.
"Ich veranstalte ab 20 Uhr bei freiem Eintritt eine Session mit unterschiedlichen Sängern, die blueslastig sein wird", sagt Binder, die wehmütig auf die Zeit im Café, das seit 45 Jahren im Besitz ihrer Familie ist, zurückblickt. "Letztendlich bin ich aber nicht unglücklich, diesen Ort zu verlassen und die ganzen Streitereien hinter mir zu lassen."
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