Margareten
Eine Ausstellung sprengt Barrieren und feiert die Weiblichkeit

- V.l.: Wagner, Gottlieb, Michelle und Salaun ihre Werke, gemeinsam mit denen ihrer Kolleginnen Junger und Moschner.
- Foto: Tamara Winterthaler
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Sechs Künstlerinnen sorgten im Festsaal des Bezirksamts für einen Perspektivwechsel bei den Besucherinnen und Besuchern. Sie richteten die Blicke dabei auf Barrierefreiheit, Weiblichkeit und Gemeinschaft.
WIEN/MARGARETEN. Eine Begegnung auf Augenhöhe – was für viele alltäglich ist, ist für einige alles andere als selbstverständlich. Mit einer Ausstellung regten vor Kurzem sechs Künstlerinnen zum Perspektivenwechsel an.
Sechs Künstlerinnen, das sind Beate Wagner, Irina Michelle, Veronika Junger, Barbara Salaun, Sigrid Mo Moschner und Dani Gottlieb. Ihre Kunstwerke wurden an einer Wand des Festsaals im Bezirksamt Margareten in einer Höhe aufgehängt, die so eigentlich nicht üblich ist: auf Augenhöhe für Rollstuhlfahrer. Stühle wurden seitlich neben den Bildern platziert und so durften Besucher die Werke aus der Perspektive einer Person im Rollstuhl betrachten.
Gedenken an Evelyn Brezina
Den treffenden Titel "Auf Augenhöhe" hat die Ausstellung der im Jänner verstorbenen Evelyn Brezina zu verdanken. Dani Gottlieb, Künstlerin und Betreiberin des Gretl Nachbarschaftszentrums, hatte dieser von ihrer Idee erzählt, Bilder in niedrigerer Höhe aufzuhängen. "Evelyn war begeistert von der Idee und lieferte prompt den Titel für die Ausstellung: 'Auf Augenhöhe'", so Gottlieb.

- Stühle wurden seitlich neben den Bildern platziert und so durften Besucher die Werke aus der Perspektive einer Person im Rollstuhl betrachten.
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Brezina selbst war nicht nur zeit ihres Lebens Aktivistin für Barrierefreiheit, sie fotografierte auch leidenschaftlich gern. Auch einige ihre Bilder sollten auf der Ausstellung gezeigt werden. Dazu kam es leider nicht. Und trotzdem bleibt Brezinas Geist in den Herzen der Margaretner wie auch in der Essenz der Ausstellung bestehen.
Wo liegt die Behinderung?
"Es geht um Wahrnehmung", sagt Beate Wagner über die Botschaft der Ausstellung. Aufgrund einer Verletzung war sie selbst in ihrem Studium kurze Zeit mit einem Rollstuhl unterwegs. Durch den Perspektivenwechsel sah sie sich mit zuvor nicht dagewesenen Barrieren konfrontiert. Und mit Fragen, wie "Wo brauche ich überall Hilfe?" und "Wofür muss ich mich bedanken?".

- "Es geht um Wahrnehmung", sagt Beate Wagner über die Botschaft der Ausstellung.
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Die Barrieren für behinderte Menschen reichen von der Toilettensituation in Kaffeehäusern, dem Spießrutenlauf auf manchen U-Bahn-Stationen bis hin zu Mitmenschen, die einfach wegschauen – und natürlich Gemälden in Museen, die sich für Rollstuhlfahrer schwer genießen lassen. "Man fragt sich, wo liegt die Behinderung wirklich? Liegt sie vielleicht sogar bei der Gesellschaft?", so Wagner.
Wagner wählte ihr Bild "Bunte Vielfalt" aus einem guten Grund für die Ausstellung aus. Denn während Diversität oft in der Gesellschaft angepriesen wird, fehlt es leider noch immer an allen Ecken und Enden. "Du kriegst vielleicht bunte Klamotten", so Wagner, "Aber keine Erleichterung, wo du sie brauchst."
Eine starke Gemeinschaft
Auch die anderen Künstlerinnen haben ihre Werke nach dem Thema der Ausstellung oder auch ihren Anlass, das Margaretner Frauenfest, ausgewählt. "Ich widme mein Werk den Welterbestätten", verrät zum Beispiel Barbara Salaun. Ihre lithografischen Kunstwerke und Radierungen schaffen Brücken zwischen Nationen. "Dabei steht alles unter dem Obertitel Gemeinschaft."

- Foto: Barbara Salaun
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Denn das reiche Erbe an Kultur soll nicht nur für alle Menschen zugänglich, sondern auch gemeinsam erlebbar sein – egal ob mit oder ohne Behinderung.
Die Stärke der Weiblichkeit
Kollegin Irina Michelle hat sich vor allem dem Anlass zur Ausstellung, dem Thema Frau, gewidmet. Ihr Bild zeigt die Frau in ihrer ganzen Stärke. "Sie ist immer in Bewegung, sie tanzt, sie ist mutig", beschreibt Michelle die Frau in ihrem Gemälde. Das ausdrucksstarke Bild zeigt außerdem die Licht- und die Schattenseite der Frau.

- Kollegin Irina Michelle hat sich vor allem dem Anlass zur Ausstellung, dem Thema Frau, gewidmet.
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Auch Dani Gottlieb hat sich der Stärke des vermeintlich schwachen Geschlechts verschrieben. Für ihr Bild hat sie ein gefährliches Verfahren gewählt: das Lichtenberg-Verfahren. Dabei entstehen mit Strom faszinierende Muster auf einer Holzplatte. "Die Frau ist Natur – genau wie die Holzplatte", erklärt Gottlieb.

- Auch Dani Gottlieb hat sich der Stärke des vermeintlich schwachen Geschlechts verschrieben.
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Wie das Holz von den Elementen wie Wasser und Feuer gezeichnet wird, so sind auch Frauen von ihrem Leben gezeichnet. Aber egal welche Muster entstehen: "Wir geben nicht auf, verdammt nochmal – wir sind noch immer eine Holzplatte!" Denn auch die Holzplatte bleibt stabil und funktionell, sie ist nicht einfach zu Asche zerfallen. Sie ist genauso resilient, wie die Frau.
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