Tracht in Linz
Alte und neue "Linzer Dirndl" halten die Tradition in der Stahlstadt hoch

- Die Linzer Textilkünstlerin Franziska Pruckner (rechts) hat die Linzer Goldhaube in einer modernen Version neu interpretiert. Zu sehen war die Haube samt fotografischer Arbeiten zuletzt im September im "Haus der Frau" in Linz.
- Foto: Fabian Brandl
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Wenn man an Linz denkt, kommt einem nicht unbedingt zuallererst Tracht in den Sinn. Dennoch hat sie auch in der Stahlstadt eine lange Tradition. Zur Kulturhauptstadt Linz09 wurde das originale "Stahlstadt-Dirndl" vom OÖ. Heimatwerk sogar neu aufgelegt. Zeitgenössische Künstler und Künstlerinnen widmen sich in ihren Arbeiten immer wieder der Tracht und Goldhaubenfrauen sind auch in der oberösterreichischen Landeshauptstadt immer noch sehr aktiv.
LINZ. "In Linz wird natürlich nicht so viel Tracht getragen wie in anderen Gebieten, aber bei festlichen Anlässen hat es sich schon auch etabliert", sagt Maria Huber, Geschäftsführerin beim OÖ. Heimatwerk und Experten für oberösterreichische Trachten, "Eine schöne Tracht hat natürlich auch in unserer schönen Heimatstadt Linz seinen Platz und seine Berechtigung." Für Linz typisch sind mehrere Trachten typisch, weiß Huber. "Es gibt eine dreiteilige Alltagstracht bestehend aus Rock, Leibchen und Schürze", so die Experten, "diese kann aus Leinen oder Baumwolle sein und ist in vielen Farbkombinationen möglich." Die Miedertracht aus Seide und Wollstoff eignet sich für festlichere Anlässe. Für das Kulturhauptstadtjahr Linz09 wurde nach einer historischen Vorlage die "Festtracht Linz09" in zwei Varianten vom OÖ. Heimatwerk nachgeschneidert. Eine davon heißt "Stahlstadt". Alle Linzertrachten sind in der Trachtenmappe in der Heimatwerk-Filiale an der Landstraße zu Ansicht aufgelegt.

- Die Linzer Festtracht ist auf vielen Gemälden abgebildet. Am bekanntesten ist jenes von Peter Fendi aus dem Jahr 1827, das eine junge Linzerin mit Kopftuch zeigt. Anlässlich der Kulturhauptstadt Linz09 wurde die Tracht vom OÖ Heimatwerk originalgetreu nachgeschneidert.
- Foto: Peter Fendi/Franz Carl Lipp
- hochgeladen von Silvia Gschwandtner
"Linzer Goldhaube" wird in ganz Oberösterreich getragen
Eine Besonderheit der oberösterreichischen Tracht ist die Goldhaube. Seit 2016 hat die Unesco sie sogar ins österreichische Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Was wenige wissen: die traditionelle Goldhaube hat sich von Linz aus in ganz Oberösterreich verbreitet. "Ursprünglich war sie ab dem 18. Jahrhundert Teil der Festtracht der Linzer Bürgersfrauen", erklärt Martina Pühringer, Landesobfrau der oberösterreichischen Goldhaubenfrauen, "sie war ein Privileg der Bürgerinnen, die Bäuerinnen trugen ein Kopftuch." Heutzutage ist das Tragen der Goldhaube nicht mehr nur einer speziellen Gruppe vorenthalten. "Bei uns findet jede Frau ihren Platz", betont Pühringer. Aktuell gibt es in Oberösterreich 17.400 Goldhaubenfrauen, der Nachwuchs ist mit derzeit 2.000 sogenannten Haubenmädchen gesichert.
Bis zu 300 Arbeitsstunden pro Goldhaube
Ließen sich die reichen Bürgersfrauen früher die aufwändigen Hauben anfertigen, stickt man heute die Goldhaube häufig selbst. "Rund 250 bis 300 Arbeitsstunden stecken darin", erklärt Pühringer. Die Materialkosten liegen bei etwa 800 Euro. Traditionell wird die Goldhaube innerhalb der Familie weitervererbt – kann aber auch gekauft werden. "Sehr beliebt dafür ist der große Goldhaubenbasar immer im Frühling in Bad Ischl", verrät Pühringer. Dort sind sie aus "zweiter Hand" ab etwa 1.000 Euro erhältlich. Man kann seine Goldhaube aber auch selbst anfertigen. In den 1970er-Jahren initiierte Pühringers Vorgängerin Anneliese Ratzenböck dafür eigene Stickkurse. Laut Pühringer ein Hauptgrund, warum die Goldhaube heute wieder so populär ist. Aktuell bietet das Volksbildungswerk zwei Lehrgänge dazu an.

- Vier Goldhaubengruppen mit rund 150 Goldhaubenfrauen halten die Tradition auch in Linz hoch.
- Foto: Goldhaubengruppe St. Markus
- hochgeladen von Christian Diabl
Karitatives Engagement der Goldhaubenfrauen
Zur Goldhaube trägt man traditionell ein bodenlanges Seidenkleid, Handschuhe, Schultertuch, Perlenbeutel und Schirm. Ausgepackt wird sie ausschließlich zu ganz besonderen Anlässen, hauptsächlich kirchlichen Hochfesten – etwa zu Fronleichnam. Ebenfalls eine Besonderheit: "Die Goldhaube trägt man nicht einzeln, sondern immer in einer Gruppe", betont Pühringer. Was ebenfalls untrennbar mit der Goldhaube verbunden ist, ist das karitative Engagement: Jährlich werden von ihnen etwa 500.000 bis 600.000 Euro für unterschiedliche wohltätige Zwecke lukriert. Damit sind die oberösterreichischen Goldhaubenfrauen laut eigenen Angaben die größte Charity-Organisation im Bundesland.

- Pruckner fertigte die Haube in Handarbeit innerhalb eines Jahres während einer Künstler-Residency im Linzer "Haus der Frau" an.
- Foto: Fabian Brandl
- hochgeladen von Silvia Gschwandtner
Goldhaube als zeitgenössisches Kunstobjekt
Auch Künstlerin Franziska Pruckner ist von diesem oberösterreichischen Kunsthandwerk fasziniert. "Tracht und die Bedeutung dessen ist ein unglaublich interessantes Feld, wobei ich hier aus der handwerklichen Faszination damit arbeiten wollte", so die Textilkünstlerin, die an der Linzer Kunstuniversität vor zwei Jahren ihr Studium abgeschlossen hat. -sie gestaltete eine eigene Interpretation der Goldhaube. "Es symbolisiert die Aneignung und Weiterentwicklung dieses Höhepunktes der oberösterreichischen Tracht und jetziges Kulturgut", erläutert Pruckner. Für sie birgt das Objekt in der heutigen Zeit eine gewisse Absurdität, die sie durch eine weitere Verfremdung noch surrealer wirken lassen wollte. Auch in Zukunft will sich Pruckner weiter mit der österreichischen Tracht beschäftigen und eignet sich gerade die Technik des Klöppelns an.





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