Mobbing in der Lehre
"Mobbing-Opfer sollten unbedingt Hilfe suchen"
Auseinandersetzungen oder Kritik in der Berufsschule und im Betrieb sind gang und gäbe. Bei einem konstruktiven, wertschätzenden Umgang mit Konflikten können Probleme gelöst und auch die Zusammenarbeit verbessert werden. Im Gegensatz dazu haben andauernde Kränkungen, Hänseleien und Beschimpfungen im Lehr- oder Arbeitsverhältnis nichts verloren. "Wichtig ist, eine Unterscheidung zu treffen. Wenn man einmal geschimpft wird, weil man einen Fehler gemacht hat, ist das noch kein Mobbing. Von Mobbing spricht man, wenn sich schädigende Handlungen absichtlich und über einen längeren Zeitraum gegen eine bestimmte Person richten. Dazu kommt ein starkes Kräfteungleichgewicht – das Opfer hat das Gefühl, sich nicht wehren zu können", erklärt Peter Eberle. Der Experte ist beim Institut Suchtprävention, einem Angebot von pro mente OÖ, zuständig für die Lehrerfortbildung im Bereich Mobbing.
Jugendliche besonders betroffen
In Österreich kommt Mobbing laut Studien etwas häufiger vor als im EU-Durchschnitt. Besonders betroffen sind Jugendlichen zwischen 10 und 16 Jahren. Die Schikanen reichen vom Beschimpfen, Ausgrenzen und Ignorieren bis hin zu massiven Drohungen und Schlägen. In den vergangenen Jahren hat auch das Cybermobbing – also das Mobbing über soziale Netzwerke im Internet – zugenommen.
Problem ansprechen
Wer davon betroffen ist, sollte die Situation nicht ignorieren, sondern handeln: "Man kann das nicht aussitzen. Das Mobbing wird von selbst nicht aufhören", sagt Eberl. Daher ist es notwendig, das Problem anzusprechen. Dafür sollte man sich Hilfe holen, entweder im Unternehmen selbst oder bei externen Beratungsstellen.
Vorfälle dokumentieren
"In jedem Betrieb sind Hilfssysteme fix installiert. So setzen sich der Betriebsrat oder der Jugendvertrauensrat für die Rechte der Mitarbeiter ein. Dazu kommt die Fürsorgepflicht des Dienstgebers. Erfährt der Chef von einer Gefährdung eines Mitarbeiters, darf er diese nicht ignorieren, sondern muss handeln", erklärt Herbert Baumgartner, der im Institut Suchtprävention die Abteilung Jugend und Arbeitswelt leitet. Der Experte empfiehlt, nicht aus dem Bauch heraus zu handeln, sondern zuerst ein Mobbingtagebuch zu führen, in dem man jeden Vorfall festhält und so klare Fakten schafft. Zusätzlich kann man sich auf den Homepages der Arbeiterkammer OÖ und der Kinder- und Jugendanwaltschaft OÖ Mobbing-Checklisten herunterladen. Anhand dieser lässt sich prüfen, ob man wirklich von Mobbing betroffen ist.
Umgang mit Konflikten
Legt man diese Fakten dem Lehrherrn oder Vorgesetzten vor, muss dieser mit den Mobbern ins Gespräch kommen. "Dabei gilt es klar zu sagen, dass ein solches Verhalten im Betrieb ein No-Go ist. Empfehlenswert ist auch, die Unternehmenspolitik darauf zu richten, wie mit Konflikten umgegangen wird und auf einen wertschätzenden Umgang zu setzen. Mit einem guten Betriebsklima kann man das Risiko für Mobbing stark senken. Den konkreten Mobbing-Fall sollte man im Auge behalten und nach einigen Monaten kontrollieren, ob sich die Situation verbessert hat", sagt Baumgartner.
Gravierende Konsequenzen
Greift man nicht ein und lässt den Mobbern freie Hand, kann das gravierende Konsequenzen haben. "Mobbing hat massive Auswirkungen auf das Opfer. Ausgrenzungserfahrungen sind wie körperliche Schmerzen. Dazu leiden Betroffene an starken Selbstzweifeln und fühlen sich verantwortlich für das, was ihnen geschieht. Das kann zu Depressionen, Angstzuständen und im schlimmsten Fall zum Selbstmord führen", warnt Experte Peter Eberle.
Hier bekommst du Hilfe
• Regionalstellen des JugendService bzw. Online-Beratung: jugendservice.at
• KiJa OÖ Mobbing- und Gewaltpräventionsstelle: 0664/1521824 oder mobbingstelle.kija@A1.net
• Mobbingerstberatung des ÖGB: oegb.at
• Beratungsstellen von pro mente OÖ: pmooe.at
• Krisenhilfe OÖ: 0732/2177
• Rechtsschutz der Arbeiterkammer OÖ: 050/6906-1.
• Mobbing-Checkliste und -Tagebuch zum Download: arbeiterkammer.ooe.at
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