Kooperationsvertrag besiegelt
Eine halbe Milliarde für die Korneuburger Werft
Mit den Stimmen von ÖVP und SPÖ wurde der Kooperationsvertrag für die Entwicklung des Korneuburger Werftgelände mit der Signa-Holding beschlossen. Nicht allen schmeckt der Inhalt.
BEZIRK | STADT KORNEUBURG. Er ist geschnürt, ausverhandelt, unterschrieben und nun auch im Gemeinderat beschlossen – der Kooperationsvertrag zwischen Stadtgemeinde und Signa, der die künftige Entwicklung des ehemaligen Werftgeländes in neue Bahnen lenken soll. Was nun vor sieben Jahren mit dem Planungs- und Bürgerbeteiligungskonzept "Alte Werft. Neue Ideen." begonnen hatte, scheint nun, mit einem mehr als nur finanzkräftigen Partner an der Seite, Realität zu werden. "Wir haben einen Meilenstein passiert und die Belebung des seit beinahe 30 Jahren brach liegenden Areals sowie dessen Vernetzung mit der Stadt wird greifbarer", ist Bürgermeister Christian Gepp überzeugt.
Gut verhandelt
Das hat für Korneuburg SPÖ-Gemeindnerätin Bernadette Haider-Wittmann, die in ihrer Funktion als Vorsitzende des Stadtentwicklungsfonds (SEFKO) die Gespräche mit den Signa-Vertretern geführt hat. "Wir haben viel für Korneuburg rausholen können", ist Haider-Wittmann stolz. Respekt dafür zollt man ihr nicht nur in der eigenen Partei, sondern auch auf Seiten der ÖVP.
Rund 45 Prozent des Werftgeländes ist im Besitz der Signa-Holding. Um die eigenen Kosten stemmen zu können, muss die Stadt weitere Teile verkaufen. "Wir haben festgelegt, das maximal zwei Baufelder auf der Insel verkauft werden dürfen", erklärt Haider-Wittmann und führt weiter aus: "Der Anteil von leistbarem Wohnraum wurde von ursprünglich 20 auf 30 Prozent erhöht, ein Mietzinsdeckel von 7,40 Euro vereinbart." Knapp 74 Prozent der Infrastrukturkosten trägt Signa, für die Stadt wurde ein Kostendeckel von 4,1 Millionen Euro festgehalten.
Neben Wohnen und Arbeiten, soll die sogenannte "Werftmitte", in der sich etwa die Halle 55 sowie, Werftbad und Beach Club befinden, für kulturelle Zwecke erhalten bleiben. "Die Signa wird sich mit 2,5 Millionen Euro an der Entwicklung und Sanierung beteiligen", so Haider-Wittmann.
Autobahnabfahrt ja oder nein?
Wesentlich für die Entwicklung des Werftgeländes ist die Erreichbarkeit des Stadtbereiches. Vom Zentrum durch Bahn und Autobahn "getrennt", werden verschiedene Möglichkeiten angedacht, um Stadt und Werft zu verbinden. Um jedoch auch den Autoverkehr in geregelten Bahnen zur Werft zu bringen, scheint bisher eine zusätzliche "Abfahrt Donau" als wesentlich angesehen. Rund 36.000 Euro investiert die Stadt Korneuburg nun aber in eine sogenannte UVE, Umweltverträglichkeitserklärung. So soll ausgelotet werden, ob das Korneuburger Straßennetz den Autoverkehr zur und von der Werft auch ohne neue Autobahnabfahrt schaffen würde.
Widerstand von der Opposition
Der Inhalt der Kooperationsvereinbarung schmeckt jedoch nicht allen Gemeinderatsmitgliedern. "Über drei Etagen auf der Werftinsel, die Bebauungsdichte ist einfach zu hoch. Das verträgt unsere Stadt nicht", ist etwa GRÜNE-Stadträtin Elisabeth Kerschbaum überzeugt. Ein "Nein" kommt auch von NEOS-Gemeinderätin Sabine Fuchs-Tröger: "Veranstaltungen direkt neben den Wohnbauen, das sind Probleme vorprogrammiert, und der 30 m hohe Turm an der Inselspitze ist ein Wahnsinn." Eine Gegenstimme kam ebenfalls von FPÖ-Gemeinderat Hubert Keyl.
Der Kooperationsvertrag
Was ist eigentlich im Kooperationsvertrag geregelt? "Die künftigen Flächenaufteilungen, Verwertungs- und Nutzungsvorgaben sowie die generellen Rahmenbedingungen zur gemeinsamen Entwicklung des ehemaligen, rund 17,5 Hektar großen, Werftareals", erklärt Ernst Eichinger von der Signa Real Estate Österreich.
Das Bekenntnis aller Partner zur Realisierung des Projekts ist gleichzeitig auch der Startschuss für die erste Städtebau-Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) in Niederösterreich. Die entsprechenden Gutachten werden in den kommenden Tagen bei der zuständigen Behörde – dem Land Niederösterreich – eingereicht. In diesem insgesamt 3.600 Seiten umfassenden Konvolut sind die Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt präzise dokumentiert.
"In den kommenden Wochen und Monaten steht daher die qualitative Planung des Quartiers im Fokus. Wir arbeiten intensiv an der Weiterentwicklung des Masterplans und Details zur künftigen Nutzung des gesamten Areals",
sagt Christoph Stadlhuber, Geschäftsführer der Signa-Holding. Darüber hinaus stehen die Themen Mobilität, Qualität des öffentlichen Raumes sowie Nachhaltigkeit und Energieautarkie des Quartiers im Fokus.
"Die öffentliche Nutzung des Areals mit Bildungseinrichtungen sowie Kultur- und Freizeitmöglichkeiten steht im Mittelpunkt, das Angebot soll weiters Hotellerie und Gastronomie umfassen sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen. Wichtig war uns, dass die Stadtgemeinde weiterhin als Eigentümerin von Flächen bestehen bleibt, damit Veranstaltungsräume und der Donauzugang weiterhin garantiert werden können",
sagt Bürgermeister Gepp.
Mit der in mehreren Etappen geplanten Realisierung des Areals, soll in zehn bis zwölf Jahren also ein neues, nachhaltiges und attraktives Quartier für Wohnen, Arbeiten, Kultur, Freizeit, Hotel und Gastronomie für rund 1.500 Menschen entstehen. Das gesamte Investitionsvolumen beträgt rund eine halbe Milliarde Euro. Damit ist die Entwicklung des seit Beginn der 1990er Jahre stillgelegten Werftgeländes eines der größten Immobilienprojekte des kommenden Jahrzehnts in Niederösterreich.
Und das ist geplant
Das Werftareal so mit einer vielfältigen und lebendigen Nutzung für unterschiedliche Zielgruppen punkten, die sowohl urbanen Lebensstil als auch die Nähe zur Natur wertschätzen. Stadtentwicklung in diesem Ausmaß braucht eine ausgewogene Struktur für ein harmonisch, lebendiges Sozialgefüge, heißt es seitens Signa. So sollen auch innovative Wohnkonzepte entwickelt werden, die den Bedürfnissen aller Generationen und verschiedenen Lebensmodellen Rechnung tragen. Beispielsweise sind rund 80 Seniorenwohnungen mit spezieller, seniorengerechter Ausstattung geplant, dazu kommen rund 230 leistbare Wohnungen.
"Die Errichtung von leistbarem Wohnen ist gerade in herausfordernden, von starker Geldentwertung geprägten Zeiten von enormer Bedeutung. Soziale Gerechtigkeit ist mir ein persönliches Anliegen, daher freut es mich besonders, einen hohen Anteil von mindestens 30 Prozent an leistbarem Wohnraum in der neuen Werft vertraglich fixiert zu sehen. Auch für mich wesentlich, dass Grundflächen im Eigentum der Stadt beziehungsweise des SEFKOs verbleiben, um sie für nächste Generationen zu sichern", sagt SEFKO-Vorsitzende Bernadette Haider-Wittmann.
Nachhaltigkeit
Bei der Errichtung der Gebäude soll Holz eine tragende Rolle einnehmen. "Wir prüfen gerade die Möglichkeit, das Baumaterial dem eigenen Forst zu entnehmen", sagt Stadlhuber. Der Energiebedarf vor Ort soll vor allem durch die Nutzung von Sonne und Wasser gedeckt und damit Autarkie angestrebt werden. Durch Begrünung der Dächer wird im Vergleich zu der jahrzehntelang andauernden industriellen Nutzung eine Reduktion der versiegelten Flächen von rund zehn Prozent angestrebt. Im Zuge eines Mobilitätskonzeptes werden alle Möglichkeiten der Fortbewegung evaluiert. Insgesamt sollen in der neuen Werft rund 700 Arbeitsplätze entstehen.
Lebendig im Zentrum
Neben der elementaren Nutzung "Wohnen" – dafür ist im Wesentlichen die Werft-Insel vorgesehen – soll in der sogenannten "Werftmitte" das Herz des neuen Stadtteils schlagen: ein lebendiges Zentrum mit Gastronomie, Kultur und Veranstaltungen soll für viele Alternativen der Freizeitgestaltung sorgen. Ebenfalls im Mittelpunkt der Werft liegt – neben den denkmalgeschützten Hallen, der Slipanlage und dem Kran – das rund fünf Hektar große Werftbecken.
Das waren die "letzten Stunden" der Korneuburger Werft:
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