Dr. Wurst Opfer
Nach dem Missbrauch und Krise blickt Gerhard nach vorne
Die kräftezehrende Aufarbeitung der Vergangenheit: Gerhard Hohenwarter (66) spricht über die Aufarbeitung von Missbrauch durch den einst angesehenen Prim. Dr. Franz Wurst, das Theaterstück "Nicht sehen" und seine Lebenskrisen.
KLAGENFURT. Jahrzehntelang war Gerhard Hohenwarter in der Opferrolle gefangen. Seine Kindheit und seine Jugend verbrachte er großteils in Erziehungsanstalten, war als Kind nach eigenen Schilderungen dem Missbrauch von Dr. Franz Wurst auf der damaligen heilpädagogischen Abteilung des LKH Klagenfurt und den Misshandlungen der Erzieher aus Heimen in Görtschach und Waiern ausgeliefert.
Schutz geben
Der heute 66-Jährige, der in Spittal und Klagenfurt lebt, will die Vergangenheit hinter sich lassen, zuversichtlich in die Zukunft – trotz der vielfach erlittenen Peinigungen und mehrfachen Lebenskrisen – blicken. Es sind Zitate wie "Wir müssen Menschen werden, die sich untereinander vollen Schutz gewährleisten“" von Albert Schweitzer, die ihm heute Kraft geben.
Seine Tochter gab ihm Kraft
Über Jahrzehnte hat Gerhard Hohenwarter die Vergangenheit und den sexuellen Missbrauch hinter sich gelassen, bis er dieser nicht mehr auskam. "Eine Lebenskrise hat mich mit 50 Jahren eingeholt, der Saft ist mir ausgegangen", schildert der 66-Jährige. In Folge eines Burnouts hat Hohenwarter Ehefrau und Job verloren. "Meine Tochter sagte zu mir damals, als es mir schon sehr schlecht ging: Wenn du für dich nicht mehr leben willst, dann stehe auf und tu es bitte für mich", sagt Hohenwarter, der auch eine Alkoholkrankheit überwunden hat.
Meditation als Lebenshilfe
Hohenwarters Schilderungen werden u.a. im Buch "Im Namen von Wissenschaft und Kindeswohl" (2021) von Ulrike Loch, Elvisa Imširović, Judith Arztmann und Ingrid Lippitz geschildert. "Die Clearings haben uns viel Schmerzen bereitet, nach den Interviews habe ich Herzrhythmusstörungen bekommen. Sie haben unsere Erlebnisse benötigt, um ein Buch für die Wissenschaft zu schreiben. Es war ein ungeschützter Prozess, aus dem ich mich erst nach zwei bis drei Monaten wieder gefangen habe", beschreibt Hohenwarter.
Mit Meditation und Gebet als Lebenshilfe wird die Vergangenheit aufgearbeitet. "Ich gehe mit Wertschätzung ins Hier und Jetzt", sagt Hohenwarter.
Aufarbeitung durch die Kunst
Dem Theaterstück "Nicht sehen" von Regisseur Noam Brusilovsky, das erfolgreich am Stadttheater Klagenfurt aufgeführt wurde, steht der 66-Jährige positiv gegenüber, da es zur Aufarbeitung beiträgt. Als Betroffener will er seinen Teil dazu beitragen, dass es nie wieder zu einem "System Wurst" kommt.
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