Industrie
„Kärnten wird sich wieder neu aufstellen“
Die Entwicklung der vergangenen hundert Jahre zeigt viele Parallelen mit der gegenwärtigen Zeit der Pandemie auf. Claudia Mischensky von der Industriellenvereinigung Kärnten: „Die Industrie erfindet sich immer wieder neu.“
KÄRNTEN. Die Bedeutung der Industrie ist auch in Pandemie-Zeiten ungebrochen. „Sie ist der wichtigste Wirtschaftszweig Kärntens“, betont Claudia Mischensky, Geschäftsführerin der Industriellenvereinigung Kärnten. Mit Zahlen hinterlegt: Die Industrie steht direkt und indirekt (über die mir ihr eng kooperierenden Dienstleistungen) für 55 Prozent der Wertschöpfung und 45 Prozent der Beschäftigung im Land.
Immer neu erfunden
Anlässlich des nahenden Jubiläums „100 Jahre Kärntner Volksabstimmung“ am 10. Oktober wirft die WOCHE Kärnten einen Blick zurück auf die vergangenen hundert Jahre. Die wichtigste Botschaft, die Hoffnung in Zeiten von Corona gibt: „Die Industrie im Land ist bereits durch viele Krisen gegangen, erfand sich aber immer wieder neu“, betont Mischensky.
Kurzarbeit schon 1947
Auch das Wort „Kurzarbeit“ ist im Sprachschatz der Industrie nicht neu: Die Zäsur im Jahr 1945 und die große Krise nach dem Zweiten Weltkrieg führten dazu, dass 1947 gleich 15 größere Betriebe Kurzarbeit anmelden mussten. 22 größere Betriebe standen überhaupt still. Eine hohe Arbeitslosigkeit war die Folge.
Maßnahmen zur Belebung des Wirtschafts- und Industriestandorts über die Jahrzehnte im Zeitraffer: Verbesserung der Energieversorgung (Bau des Draukraftwerks Lavamünd, des Klagenfurter Fernheizwerks oder Ausbau des Hochspannungsnetzes), Fertigstellung der Autobahn zwischen Klagenfurt und Villach im Jahr 1972, niedrige Lohnkosten im Europa-Vergleich (111 neue Industriebetriebe zwischen 1960 und 1972), Schaffung firmeneigener Kompetenzzentren für Forschung und Entwicklung, Etablierung einer Technischen Fakultät an der Universität Klagenfurt im Jahr 2007 und der massive und wirtschaftsfreundliche Ausbau von technischen Studiengängen an der Fachhochschule Kärnten.
Brutstätten für Neues
Dennoch: Kärnten blieb speziell in den 80er Jahren nicht von Firmenpleiten verschont. „Zunächst spektakuläre Schließungen entpuppten sich aber als Brutstätten für Neues“, erinnert Mischensky. Die Schließung des Bandgerätewerks von Philips in Althofen hinterließ beispielsweise die heutige „Flex“, die schon beinahe tausend Beschäftigte – und damit ein Vielfaches vom damaligen Philips-Standort – hat.
Entwicklung im Eilzugtempo
Die Industrie in Kärnten erfindet sich also immer wieder neu. „Am Beispiel der Digitalisierung erfolgt die gegenwärtige Entwicklung nahezu im Eilzugtempo“, erklärt Mischensky. Ihr Fazit: „2020 ist das neue 2030“. Quer durch alle Branchen geht es um Digitalisierung und künstliche Intelligenz. Es stellt sich die herausfordernde Frage, so Mischensky, wie mit der Digitalisierung im eigenen Geschäftsmodell umzugehen ist.
Ausbildung von Facharbeitern
Der optimistische Ausblick in die Zukunft: „Kärnten wird sich wieder neu aufstellen – und die Industrie ist dafür eine Lokomotive.“ Ein Arbeitsplatz in der Industrie sorgt statistisch für drei Arbeitsplätze in umliegenden Betrieben. Entscheidend sind Aus- und Weiterbildungen sowie auch Umschulungen. Nicht zu vergessen die Facharbeiter-Ausbildung: „Die Lehre in der Industrie bietet beispielsweise enorme Möglichkeiten“, betont Mischensky. 80 Prozent der Lehrlinge werden übernommen.
ZUR SACHE
Historie: Die Wurzeln der Kärntner Industrie reichen zurück bis in die Antike und zum norischen Eisen, dem ersten echten Erfolgsprodukt. Bis ins 19. Jahrhundert spielten Bergbau und Eisenverhüttung eine bedeutende Rolle.
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