Filmland Kärnten 2019
Robert Musils „Die Portugiesin“ ist endlich im Kino!
Das Filmfestival und der Filmmarkt von Cannes 2019 ist vorbei, doch ein Filmjuwel von der iberischen Halbinsel soll nicht unerwähnt bleiben, dort im fernen Portugal hat die umtriebige Film- und Theaterregisseurin Rita Azevedo Gomes die Ärmel hochgekrempelt und die Filmproduzenten haben Geld zusammengekratzt, um eine werkgetreue Verfilmung der Novelle „Die Portugiesin“ von Robert Musil auf die große Leinwand zu bringen. „Die Portugiesin“ ist der zweiten Band innerhalb des Meisternovellenzyklus (Novelle 1: Grigia. Novelle 2: Die Portugiesin, Novelle 3: Tonka), erschienen 1922 und 1923.
Inhalt: Der Ritter Herr von Ketten (Marcello Urgeghe) bringt seine Frau, die schöne Portugiesin (Clara Riedenstein), aus Portugal nach Österreich. Das Ehepaar zieht in ein Schloss zwischen Brixen und Trient. Doch bereits einen Tag und eine Nacht später verlässt Ritter Herr von Ketten wieder seine jungverheiratete Frau und kehrt nach Italien zurück um weiter gegen den Bischof von Trient in den Kampf zu ziehen. Elf Jahre lang, wird der Ehemann für nur einen Tag im Jahr seine Frau besuchen. Die Zeit des Wartens wird für die fremde Frau in Österreich zu einer Reise durch die Fremdheit und die menschlichen Labyrinthe, die gewonnene Selbsterkenntnis ist ein Weg, der in die Freiheit führt.
Wie ist es dazu gekommen, dass ausgerechnet in Portugal dieses Meisterwerk der deutschsprachigen Literatur verfilmt wird? Robert Musil erfreut sich dort nicht nur eines guten Rufs, sondern gehört auch zu den beliebtesten ausländischen Autoren im Land. Sein Werk ist für eine Neuauflage neu übersetzt worden, erfreulicher Weise direkt aus dem deutschsprachigen Original und nicht, wie zum Beispiel bei Peter Handke üblich aus dem Französischen. Da das portugiesische Publikum durchaus anspruchsvolle Filme und Bücher schätzt und die Regisseurin Rita Azevedo Gomes eine echte Autorität in Sachen Kulturvermittlung ist, war es möglich diesen Film aufwändig zu produzieren, ein Glücksfall für das Kino und die Literatur, sowie letztendlich auch ein wenig für Kärnten und natürlich auch für Robert Musils Werk, das so einen neuen Impuls im nichtdeutschsprachigen Ausland erhält. Möge es der Film auch in die deutschsprachigen Kinos schaffen.
Rita Azevedo Gomes ist, nach Manuel de Oliviera, die bekannteste Filmemacherin des portugiesischen Autorenkinos und sie gilt in ihrer Heimat als Spezialistin für große Theaterinszenierungen und extravagante Filme, im Mittelpunkt ihres langen Filmschaffens, das sie 1990 mit dem Film „O Som da Terra a Tremer“ (dt. Der Ton wenn die Erde bebt) eröffnete, stehen immer die Schauspieler und die Sprache, in einer ruhigen, auf spektakuläre Effekte verzichtenden, möglichst werkgetreuen Inszenierung, die sich sehr an Manuel de Oliviera, „Die Kannibalen“, Port/I/F/CH/DE 1988, und Jacques Rivette, „Die schöne Querulantin“, F/Ch. 1991, aber auch an Pilar Miros Film „Werther“, Spanien 1986, orientiert. (Verfilmung von „Die Leiden des jungen Werthers“ nach Johann Wolfgang von Goethe.)
Dementsprechend beeindruckend ist es für ein deutschsprachiges Publikum die Wirkung von Robert Musils, ins Portugiesische übersetzte, Text zu erleben, der, dank der anspruchsvollen Inszenierung zeitlos aktuell wirkt.
Ein Filmtipp für Literaturfreunde und Filmfans, die bereit sind, die traditionellen mitteleuropäischen Sehgewohnheiten zu verlassen, um sich auf ein ganz großes Kinoabenteuer einzulassen.
Zur Regisseurin: Rita Azevedo Gomes, geboren 1952 in Lissabon, kommt von der Bildenden Kunst zum Theater und zum Film. Zwischen 1990 und 2018 hat sie 9 Filme gedreht, darunter einen Dokumentarfilm über den portugiesischen Regisseur Manuel de Oliviera, (A 15ª Pedra, dt. „Der 15. Stein“, Portugal, 2007) Ihr bekanntester Film außerhalb der Iberischen Halbinsel ist „La venganza de una mujer, dt. Die Rache einer Frau“ Spanien/Portugal 2012. Rita Azevedo Gomes ist außerdem Leiterin des portugiesischen Filmmuseums in Lissabon.
Credits: Die Portugiesin / A Portuguesa, Regie: Rita Azevedo Gomes, mit: Clara Riedenstein, Marcello Urgeghe, Ingrid Caven, Rita Durão, 1,85:1, F, 136 min, portugiesische und deutsche OmU, Portugal 2018
Links:
Trailer: Die Portugiesin
Numax Filmverleih, Spanien
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