(Wien) DOPPELRESIDENZ, Anhörung vor dem VfGH am 23.09.2015
Das Landesgericht Wien für Zivilrechtssachen trug zu einem bereits gefällten Urteil des Vorjahres die Fragestellung der gesetzlichen Verankerung der Doppelresidenz dem Verfassungsgerichtshof vor. Konkrete Fragestellung war ein Pflegschaftsgerichtsfall, ob das Wohl des Kindes und dessen Recht auf beide Elternteile (Vater und Mutter) gemäß den UN-Kinderrechtskonventionen über anderen gesetzlichen Bestimmungen zu stellen ist. Bemerkt wurde, dass dieses Recht in der österreichischen Bundesverfassung verankert ist, aber bis dato im Zivilrecht nicht umgesetzt wurde.
Für österreichische Juristen scheint ein modernes, gesetzlich verankertes Familienrecht (Anm.: in vielen europäischen Ländern ist Doppelresidenz Standard) eine komplexe Materie zu sein, welches sich in stundenlangen Anhörungen widerspiegelte.
Wenn man den Wortmeldungen dieser öffentlichen Verhandlung folgte, geht es nicht um das Wohl des Kindes, sondern um Problemstellungen zum Melderechtsgesetz, Versicherungsgesetzen, Wohnbaufördermittel, Steuergesetzen, Familienbeihilfen und Kindesunterhaltsleistungen (Alimente). Doppelresidenz würde eine Vielzahl von Gesetzesänderungen benötigen und parteipolitische Umdenkprozesse (Blockadepolitik) nach sich ziehen.
Auch wurde ins Treffen geführt, dass in einem rechtsfreien Raum „Wo kein Kläger, da kein Richter“ bereits Doppelresidenz gelebt werden kann, sofern der mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht betraute Elternteil einverstanden ist und freiwillig dem anderen Elternteil eine finanzielle Betreuungsentschädigung zukommen lässt. Wie die Gerichtspraxis zeigt, ist dies zu 90 Prozent die Mutter. Ohne gesetzliche Grundlage und durchsetzbare Maßnahmen sind jahrelange gerichtliche Streitigkeiten wie beim Besuchsrecht unvermeidbar.
Man darf gespannt sein, ob der Verfassungsgerichtshof den Regierungsparteien den Auftrag erteilt, eine Vielzahl an Gesetzesänderungen zu erarbeiten oder ob das Wohl des Kindes vorrangig zu behandeln ist. Eine rechtliche Basis würde auch dem nicht mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht betrautem Elternteil die Lebensdisposition erleichtern, denn ohne rechtlich geregelten Finanztransfer werden viele Doppelresidenzen nicht errichtet werden können.
Das spannend zu erwartende Urteil zu „Doppelresidenz als Standard“ ergeht mündlich oder schriftlich in angemessener Zeit.
Wir werden berichten
TEAM VATERVERBOT
(Mitglied der Väterplattform Österreich)
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.