Manu Delago füllte Stadtbühne Imst
Snow from Yesterday - nachdenkliche Klangreise durch Zeit und Elemente

Manu Delago hat das Hang oder Handpan weltweit bekannt gemacht. Innovativ und virtuos verleiht er dem Instrument enorma Ausdruckskraft.
43Bilder
  • Manu Delago hat das Hang oder Handpan weltweit bekannt gemacht. Innovativ und virtuos verleiht er dem Instrument enorma Ausdruckskraft.
  • hochgeladen von Alexandra Rangger

IMST(alra). Manu Delago, der zweifach Grammy-nominierte und international gefeierte Percussionist und Komponist, entführte das Publikum in der dicht gefüllten Stadtbühne Imst kürzlich in eine innovative Klangwelt, die mit vielseitigen Impulsen bestückt war. Mit seinem aktuellen Album Snow From Yesterday präsentierte der Tiroler Musiker im Rahmen seiner Europatournee ein faszinierendes Zusammenspiel aus virtuoser Handpan-Kunst, subtilen elektronischen Arrangements und dem lyrischen Gesang des Ensembles Mad About Lemon – eine künstlerische Expedition, die nicht nur musikalisches Neuland erkundet, sondern auch Gefühlsebenen und Zeitgeistiges kartografiert.

Das Konzert offenbarte die rhythmische Vielseitigkeit und technische Brillanz von Delagos Spiel. Die Klänge des Hang oder englisch Handpan schufen eine Atmosphäre, die zwischen meditativer Ruhe und dynamischer Lebendigkeit changierte – ein Spiel aus Kontrast und Harmonie, das der Musiker zwischendurch am Schlagzeug noch mit viel Power betonte. Clemens Rofner unterlegte die Stücke kraftvoll mit einem pulsierenden Fundament aus Bass- und Synthesizerklängen. Zentraler Bestandteil von Snow From Yesterday sind die drei Sängerinnen von Mad About Lemon: Anna Widauer, Mimi Schmid und Valerie Costa. Ihre Stimmen bilden ein fast untrennbares akustischen Geflecht. Man musste schon genau hinsehen, um die Soli zuordnen zu können. Es herrschte Einklang, nahezu Gleichklang – einer, der die musikalischen Landschaften des Albums in eine homogen-klare (Stimm)Farbe tauchte. Das Trio brachte sich weiters an diversen Instrumenten und an der Staffelei ein: In Echtzeit gestalteten die Sängerinnen drei Acrylbilder in Blau- und Türkistönen, die nach dem Konzert versteigert wurden. Abstrakte Formen und gezielte Farbharmonien, Blicke und Bewegungen in geplanter Abfolge, intensivierten die erzählerische Kraft der Musik. Lichtstimmungen tauchten die Bühne in unterschiedliche Temperaturen, sanfte Melodien und kraftvolle Beats sorgten für An- und Entspannung – all diese Impressionen sind Synonym bzw. Sprache für Begriffe und Inhalte zu den Themen Gletscher, Flüsse, Luft – eine sphärisch-poetisch visualisierte Anmutung der Fragilität des Lebens bzw. des Planeten Erde.

Musik als Spiegel der Welt

Snow From Yesterday ist eine Reflexion über den Einfluss des Menschen auf die Natur. Die Kompositionen erzählen von Veränderungen und Beziehungen, die das Leben prägen, und halten der Gesellschaft einen Spiegel vor. Besonders eindrücklich in „Modern People“ einem imaginären Rückblick, den die Menschheit in ca. 100 Jahren auf das Heute wirft – von breiter Diskriminierung bis hin zu Göttern und Dingen von scheinbarer Bedeutung, in einer Welt, die der Mensch nahezu selbst zerstört. Was bereits Kate Bush in ihrem Album 50 Words for Snow musikalisch umsetzte, greift Delago mit Snow From Yesterday ebenfalls auf: Die Elemente der Natur werden zur Metapher für menschliche Verbindungen und die verdrängte Verantwortung für die Umwelt. Musikalisch bewegt sich das Werk in einem Spannungsfeld zwischen zugänglicher Sanftheit und konzeptioneller Abstraktion – durchgängig spürbar ist die künstlerische Intention, durchgängig präsent ist auch die Herausforderung an das Publikum ihrer Komplexität in Offenheit zu folgen. Eine akustische Aufforderung, darüber nachzudenken, wie menschliches Handeln die Welt beeinflusst.

Eine Botschaft der Verantwortung

Manu Delago blickt auf eine beeindruckende Karriere zurück, geprägt von Kollaborationen mit weltbekannten Künstler*innen wie Björk, Anoushka Shankar, The Cinematic Orchestra und Ólafur Arnalds. Als Solist spielte er mit führenden Orchestern wie dem London Symphony Orchestra und dem Metropole Orkest. Mit seiner Band setzte er ein außergewöhnliches Zeichen: Auf der „ReCycling Tour“ in den Jahren 2021 und 2023 legten sie 1.400 Kilometer auf Fahrrädern zurück, spielten rund 20 Konzerte und transportierten dabei ihr gesamtes Equipment in speziell angefertigten Fahrradanhängern – ein starkes Statement für Nachhaltigkeit.

Delago kommuniziert essenzielle Themen auch in seinen Kompositionen und durchdachten Bühneninszenierungen. Die Botschaft von Snow From Yesterday abseits der musikalischen Ebene ist unmissverständlich: Jede*r trägt Verantwortung für diesen Planeten. Die Verbindung von Kunst und Nachhaltigkeit zeigt, wie kreatives Schaffen gleichermaßen inspirierend und zukunftsweisend sein kann. Die Musik nimmt das Publikum mit auf eine Reise durch ozeanische Weiten und Jahrtausende, erzählt Geschichten, die daran erinnern, dass die Menschheit Teil eines größeren Ganzen ist – ein flüchtiger Moment im unermesslichen Gefüge der Zeit. Wie Delago poetisch vermittelt: Alle Flüsse münden ins Meer – der Konzertabend hingegen mündete in einem vielschichtigen Gesamterlebnis, das inhaltlich durchaus beschäftigen und nachwirken darf.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.