W:ORTE im Rampenlicht der Stadtbühne
Lyrikfestival gastierte zum dritten Mal in Imst
IMST(alra). Vom 28. Mai bis 12. Juni 2024 fand das Lyrikfestival W:ORTE an neun verschiedenen Schauplätzen statt. Imst war zum dritten Mal einer davon und bot dieses Jahr erstmals die Stadtbühne als Kulisse. Drei Autor*innen bewiesen im Rahmen der Veranstaltung, wie vielfältig Worte aufbereitet, vorgetragen und erfahren werden können. Zahlreiche Interessierte besuchten die Lesung in Imst und ließen sich auf einen Streifzug durch Sprach- und Stimmungsbilder mitnehmen.
Das Festivalteam um Robert Renk, Siljarosa Schletterer und Gabriele Wild bot mittlerweile zum neunten Mal ein vielseitiges Programm, das Poesie für ein breites Publikum zugänglich macht. Auf Bühnen in Innsbruck, Bludenz, Wien, Hohenems, Schrems, Brixen, Schwaz, Imst und Telfs traten Lyriker*innen und Musiker*innen aus verschiedenen Ländern und Kulturen auf. Imst war zum dritten Mal Teil des Festivals. Dies ist dem Engagement von Autorin und wortraum-Obfrau Angelika Polak-Pollhammer zu verdanken, die das Team bei der Organisation im Oberland unterstützt.
Fluchend, schimpfend, eckig, kantig
Bei der Lesung in Imst waren Isabella Krainer, Birgit Müller-Wieland und Ralf Schlatter zu Gast. In bewährter W:ORTE-Tradition wurden die Autor*innen von bekannten Vertreter*innen des Genres vorgestellt. Der deutsche Lyriker und Schriftsteller Mikael Vogel sprach das Vorwort zu Isabella Krainer und beschrieb die in der Steiermark lebende Autorin wie folgt: „…ein Stunktier vom Feinsten, ihre unbestechlichen Beobachtungen und Einblicke haben spitze Fangzähne mit Widerhaken. Treffen dorthin, wo es weh tut, zwischenmenschlich und gesellschaftlich.“ Isabella Krainer, die sich der Prosa, dem Theater und der Lyrik widmet, eröffnete die Lesung lachend und betonte, dass auch ihre Gedichte, die vielfach den banalen Alltag beleuchten, Anlass zum Lachen bieten. Mit Themen wie dem Sonntags-Tatort, einem unerfüllten Hundewunsch, Badewannenszenen und einem „angschossenen“ Typen griff sie auf ihren pinkfarbenen Band „Heul doch!“ zurück. Eine Triggerwarnung vor Fluchen, Schimpfwörtern und umstrittenen Themen, wie der Pandemie schickte sie voraus.
Schwere Themen poetisch gefasst
Robert Renk stellte Birgit Müller-Wielands Werke vor. Er erwähnte, dass ihr Roman "Flugschnee" 2017 auf der Longlist des Deutschen Buchpreises stand und einige ihrer Gedichtzyklen bereits vertont wurden. Müller-Wieland schreibt Romane, Erzählungen, Libretti und Gedichte. Sie schöpft aus dem was bewegt und erschüttert und fängt in feinsinnig gesponnenen Wortnetzen Menschen und Krisen –Zeiten, in denen der Krieg und Zerstörung allgegenwärtig sind – ein. Zu Gehör brachte die Autorin Auszüge aus dem aktuellen Band „Im Blick der beschämten Bäume.“ Zart und dennoch durchdringend findet Müller-Wieland Worte für Schmerzliches, für Abgründe. Vielfach bezieht sie sich auf die Ukraine, die ihr aus persönlichen Aufenthalten besonders vertraut ist. „Zwischen Winter und Grün kriechen Kriege heraus“, hält die Poetin in einer Zeile fest. Ihre Sensibilität für Vorgänge sowie Umgebung wird in ihren Texten deutlich – vom politischen und religiösen Machtmissbrauch bis hin zum Raubbau an der Natur. „…die Natur als größte Whistleblowerin mit „Begabung zur Vergebung“, verweist die Autorin auf Probleme, die sich unausweichlich aufdrängen und zugleich tagtäglich dem Verdrängen zum Opfer fallen.
Ein Sprachspiel mit Prosa und Reim
Precious Chiebonam Nnebedum führte in das künstlerische Schaffen des Schweizer Autors und Kabarettisten Ralf Schlatter ein. Sie betonte Schlatters „einzigartige erzählerische Essenz, mit der er geschickt Teppiche des Staunens aus dem Alltäglichen webt“. Schlatter präsentierte seinen Roman „Des Reimes willen Henk“, der die Geschichte von Henk erzählt, der an seinem fünfzigsten Geburtstag auf das Leben zurückblickt. Henk ist ein Dorfjunge, der Zuspruch von einem Raben erhält und sich auf die Suche nach sich selbst begibt. Das Werk ist ein Märchen, in dem sich Tragik und Komik, Liebe, Glück und Unglück vereinen. Die Geschichte ist in außergewöhnlicher Versform, bild- und temporeich und mit kabarettistischer Anmutung erzählt. Der Autor befreit den Reim aus seiner vermeintlichen Enge und verleiht ihm spielerischen Freiraum. Der fantasievoll beflügelten und dicht beschriebenen Geschichte verlieh Ralf Schlatter mit seiner Mundharmonika zudem einen zarten musikalischen Rahmen.
Nach dem Festival ist vor dem Festival – Publikum, Autor*innen und Organisationsteam genossen die literarischen Momente und so darf für 2025 wohl durchaus auf ein wortreiches Wiedersehen im Rahmen des 10. Lyrikfestival gehofft werden.
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