500 Bomben ticken unter unserer Stadt
Kriegsrelikte werden instabil, Stadtchef Stadler fordert EU-Hilfe für Bergung des explosiven Kriegserbes.
ST. PÖLTEN (wp). Wie viele andere Städte hat auch St. Pölten ein schweres Kriegserbe übernommen. Schwerste Bombardements vor allem im April 1945 durch Amerikaner und Briten übersäten die Stadt an der Traisen mit tausenden Bomben. Allein auf den Hauptbahnhof sollen zu Ostern an die 2.500 Bomben abgeworfen worden sein. 600 schwere Bomber zählte man im Fliegergeschwader der US-Amerikaner. Jene Zünder, die die tödliche Fracht zum Explodieren brachten, verschütteten andere Bomben, die als Blindgänger zum Teil noch heute in der Erde schlummern. Insgesamt dürften auf die heutige Landeshauptstadt zirka 5.000 Bomben geworfen worden sein. Zehn Prozent, so rechnet man, sind in der Regel als Blindgänger einzustufen.
Stadt führt Bombenkataster
Somit könnten noch 500 nicht explodierte Kriegsrelikte dieser Art im gesamten Raum St. Pölten liegen. „Wir haben sukzessive versucht, die verhängnisvolle Last zu orten und, wo es möglich war, diese zu entschärfen“, erzählt Stadtplaner Franz Weitzenböck. Die Stadt hat dazu in den Archiven der Alliierten gestöbert und Detailpläne erstellt. Leider haben aber nur Amerikaner und Briten mittels Fotos penibel dokumentiert, wo sie ihre Sprengkörper abwarfen. Russen und Franzosen taten dies nicht.
Vor Grundstückstransfers und Errichtung von Neubauten wird den Liegenschaftseigentümern in belasteten Gebieten seitens der Stadt empfohlen, den Boden untersuchen zu lassen. Dies erfolgt mit Magnetfeldsondierung. Viele Grundeigentümer stießen auf diese Art auf gefährliche Relikte und mussten diese entschärfen lassen.
Keine Registrierung
„Leider wurde von den Betroffenen oft vergessen, uns zu verständigen, damit wir unseren Bombenkataster aktualisieren können“, bedauert Weitzenböck. „Vielleicht schlummern ja nicht mehr gar so viele Bomben im Stadtgebiet.“ Trotzdem: Genau könne man es nicht sagen. Schwierig und vor allem teuer wird es immer wieder dort, wo schon verbaut wurde, ohne Untersuchungen durchzuführen. Die chemischen Zünder werden mit der Zeit brüchig und können auch ohne Erschütterung zur Sprengung führen.
Bergung kostet bis 140.000 €
Die Kosten für eine Bergung sind aufgrund der Gefährlichkeit erheblich. Weitzenböck schätzt sie auf 80.000 bis 140.000 Euro. Die muss der Grundeigentümer selbst tragen, wie ein Gerichtsurteil jetzt erneut bestätigt.
Bürgermeister Stadler fordert einen EU-Fonds, der von den Mitgliedstaaten dotiert wird und im Bedarfsfall die Kosten übernimmt. „Alles andere ist ziemlich ungerecht“, so Stadler.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.