Michael Neureiter: Mein Jakobsweg - 710 km von Bilbao nach Santiago de Compostela

- Pilger auf dem Weg: v.l. Eusebio aus Italien, Sally aus Finnland, Dan aus Irland und Michael aus Österreich
- Foto: MMag. Michael Neureiter
- hochgeladen von Peter Krackowizer
Ergehen, erwägen, erleben
„Ich bin ziemlich erleichtert heimgekommen: Ich bin froh, dass ich es geschafft habe. Ich habe Kraft in den Haxen bekommen und Kraft für die Seele. Ich freue mich über viele Erlebnisse und Begegnungen. Und: Ich habe sechs Kilo abgenommen.“ berichtet Michael Neureiter aus Bad Vigaun über die vier Wochen nach Ostern, in denen er auf dem „Camino del Norte“ von Bilbao im Baskenland nach Santiago de Compostela in Galicien gegangen ist. Seine tägliche Marschleistung waren 30,8 Kilometer, die Geschwindigkeit im Schnitt vier Kilometer pro Stunde.
Entlang des Nordweges
Neureiter entschied sich für den Nordweg, der zu zwei Dritteln entlang der Nordküste Spaniens Richtung Westen führt und ab Ribadeo in das Landesinnere nach Santiago abzweigt, weil dieser nicht so frequentiert ist wie der meistbegangene „Camino Frances“: „Ich habe mich allein auf den Weg gemacht, oft habe ich stundenlang niemanden getroffen. Ich habe erfahren, dass der Satz ‚Der Weg entsteht beim Gehen.‘ stimmt: Im Ergehen war auch das Erwägen und das Erleben da.“
Nach Santiago führen übrigens viele Wege, neben den beiden genannten etwa auch der portugiesische Weg, die Via de la Plata aus dem Südosten oder der wegen starker Höhenunterschiede anstrengende „Camino Primitivo“. Eine Woche lang war Neureiter mit Heidi und Mark Saradeth aus München unterwegs, die in vergangenen Jahren die Via de la Plata und den Camino Primitivo schon gegangen sind.
Regen, dreimal Hagel und Blasen an den Füßen
Weniger Freude hat der frühere Zweite Landtagspräsident, Bad Vigauner ÖVP-Gemeinderat und Spezialist für historische Uhren, mit einem anderen Sprichwort: „Der Weg ist das Ziel:“ „Mein Ziel war die Stadt des Apostels Jakobus. Ich habe aber im Gehen auch mein Leben erwägen können und viel erlebt. Dazu gehören die bunte Zusammensetzung der Pilgerinnen und Pilger aus vieler Herren Länder und die einfachen Quartiere in den Pilgerherbergen, die im wechselhaften Aprilwetter fast immer ungeheizt waren.“
Gewöhnungsbedürftig war in den ersten drei Wochen der häufige Regen: „Dreimal hat es auch leicht gehagelt, der Regenschutz musste mehrmals täglich übergezogen werden.“
Der tägliche Weg begann mit der Fußpflege mit Hirschtalg und dem Verstauen von wenigen Gepäckstücken im Rucksack, der knapp neun Kilogramm wog. Am Ende des täglichen Pensums war nach zehn bis zwölf Stunden die Fußkontrolle angesagt: „Ich habe in den 23 Tagen, an denen ich größere Strecken gegangen bin, nur einmal Blasen feststellen müssen, die aber mit dem Blasenpflaster gut zu behandeln waren.“
Trappistenkloster Sobrado des Monches, ein Höhepunkt
Neureiter nennt auch Höhepunkte auf seinem Jakobsweg: Einen Tag blieb er im Trappistenkloster Sobrado des Monches, das im 12. Jahrhundert gegründet wurde. Tiefe Eindrücke gab es bei der Ankunft in Santiago und beim Erleben der Kathedrale, in der sich das Jakobusgrab befindet. „Und dass ich am letzten Tag in Santiago um 10 Uhr nachts mit Antonio Conde Fontao den Uhrturm besteigen, das Turmuhrwerk aus 1831 bewundern und Antonio beim täglichen Aufziehen helfen konnte, werde ich nicht vergessen.“ Auch den Besuch am „Ende der Welt“, dem Kap de Finisterre, dem westlichsten Punkt der iberischen Halbinsel, will der Jakobspilger aus Bad Vigaun nicht missen.
Warum er sich den doch strapaziösen Weg überhaupt vorgenommen hat? „Ich habe viele begeisterte Schilderungen von Santiago-Pilgern gehört, darunter von meiner Schwester Agnes und von Bernhard Binder von der Jakobsgemeinschaft Salzburg. Ich wollte die Herausforderung annehmen und bin recht froh über die Fülle von Eindrücken.“
Und ob er schon seinen nächsten Jakobsweg plant? „Ich muss jetzt einmal die Erfahrungen der letzten Wochen verdauen. Aber es stimmt schon, dass dieses Erlebnis ansteckend ist!“
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