Die Stadt von gestern
Mit der Zahnradbahn auf den Kahlenberg

- Gruss vom Kahlenberg: Die Zahnradbahn wurde sogar auf Ansichtskarten verewigt.
- Foto: Beyerl/Hofmann
- hochgeladen von Maria-Theresia Klenner
Das neue Buch "Die Stadt von gestern" lädt zu einer Entdeckungstour durch das Wien der Vergangenheit. Unter anderem lassen die Autoren die einst stark frequentierte Zahnradbahn auf den Kahlenberg wieder aufleben.
DÖBLING. Zwar nehmen die Autoren Thomas Hofmann und Beppo Beyerl die Leser ihres Buches auf eine Zeitreise durch Wien mit, doch als Nostalgiewerk wollen sie "Die Stadt von gestern" nicht sehen. "Wir reden nicht von der guten, alten Zeit, sondern wollen aufzeigen, wie verdichtet und angereichert mit menschlichen Geschichten diese Stadt ist", erklärt Hofmann.
"Es war uns wichtig, die verschütteten Identitäten der Stadt wieder an die Oberfläche zu holen", so Beyerl, der gemeinsam mit Hofmann genauso an die Rutschbahn im Meidlinger Tivoli erinnert wie an die Rotunde im Prater und die Zahnradbahn auf den Kahlenberg. "Diese Zahnradbahn war die erste in der österreich-ungarischen Monarchie. Sie hätte ihren Betrieb zur Weltausstellung 1873 aufnehmen sollen", erklärt Beppo Beyerl. "Da die Grinzinger Weinbauern jedoch hohe Ablösesummen für ihre Grundstücke von der privaten Kahlenbergbahn-Gesellschaft forderten, verzögerte sich die Eröffnung der Strecke."
Fahrzeit eine halbe Stunde
Am 7. März 1874 war es dann soweit: Von der Talstation Nussdorf – im ehemaligen Empfangsgebäude in der heutigen Zahnradbahnstraße 8 erinnert das Restaurant "Einkehr zur Zahnradbahn" an das einstige Verkehrsmittel – ging es über die Haltestelle Grinzing zum Krapfenwaldl auf den Kahlenberg.
"Die Strecke war 5,5 Kilometer lang und wurde mit einer Höchstgeschwindigkeit von 12 km/h in einer halben Stunde bewältigt", gibt Beyerl einen Überblick über die Fakten.
"Die Zahnradbahn wurde mit Dampf betrieben, Lärm und Ruß inklusive. Daher hat sich der Wirt des Hotels am Kahlenberg erfolgreich gegen eine zu nahe gelegene Eisenbahnstation gewehrt." Die Bergstation wurde nahe der Stephaniewarte errichtet und Ausflügler mussten einen zehnminütigen Spaziergang zum Berghotel zurücklegen. Und Ausflügler gab es reichlich: Täglich verkehrten 22 Züge von 6 Uhr morgens bis 23 Uhr zwischen Nussdorf und Kahlenberg und transportierten bei Schönwetter im Sommer bis zu 15.000 Fahrgäste pro Tag. Hunde durften übrigens nicht mitfahren, die mussten hechelnd neben der Bahn herlaufen.
Das Ende der Welt
"Ein besonderer Andrang herrschte am 20. April 1910 als sich der Halley´sche Komet der Erde näherte", so Thomas Hofmann. "Die Wiener gingen typischerweise davon aus, dass der Schweif die Erde streift, was niemand überleben wird. Daher gab es ein riesiges Volksfest." Nicht nur tausende Wiener, sondern auch gekrönte Häupter wie der Fürst von Montenegro und Aleksander von Serbien, fuhren mit der Zahnradbahn auf den Kahlenberg um sich das Ende der Welt mit Blick auf die Stadt und reichlich Wein anzusehen.
"Als sie in der Früh aufgewacht sind, stand die Welt noch, der Komet war über alle Berge und die Kometen-Fans fuhren mit einem dicken Kopf wieder ins Tal", lacht Beyerl.
Der erste Weltkrieg kurz darauf brachte das Ende der Zahnradbahn auf den Kahlenberg. Es kam zu Beschränkungen aufgrund des Kohlemangels und eine geplante Elektrifizierung scheiterte an der Finanzierung. "Am 16. September 1919 wurde der Regelbetrieb eingestellt und am 26. November 1921 dampfte der letzte Zug auf den Kahlenberg", so Beyerl. Weder Gleise noch Garnituren sind erhalten geblieben, einzig ein Triebzahnrad kann heute im Technischen Museum besichtigt werden. "Ein Wiederaufbau der Bergbahn stand leider nie zur Diskussion. Für den Tourismus wäre das sicher eine super Sache."
Zur Sache
"Die Stadt von gestern" von Thomas Hofmann und Beppo Beyerl ist im Styria Verlag erschienen, hat 240 Seiten und kostet 27 Euro.
ISBN 978-3-222-13610-8




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