Klemens Steidl
"Pandemie der Insolvenzen"
Klemens Steidl weiß um die wirtschaftliche Lage im Bezirk Braunau. Die größten Herausforderungen für die heimischen Unternehmen bestehen ihm zufolge in den hohen Energiekosten und der steigenden Inflation.
BEZIRK BRAUNAU. "Es ziehen Wolken am Himmel auf – kommt jetzt die Pandemie der Insolvenzen?", fragt sich Klemens Steidl, Obmann der Wirtschaftskammer (WKO) im Bezirk Braunau.
"Fallen im freien Fall"
Im Jahr 2023 schlitterten 25 Unternehmen im Bezirk Braunau in die Insolvenz. Gründe dafür sind, sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen, die hohen Energiekosten, die steigende Inflation sowie die hohen Zinsen. Doch die größte Herausforderung besteht Steidl zufolge in der enormen Höhe der Lohnnebenkosten.
"Die aktuelle Wirtschaftslage in Europa, aber ins besonders in Österreich ist in vielen Branchen bedrückend ernst. Wir verlieren von Tag zu Tag an Wettbewerbsfähigkeit und so fallen wir fast im freien Fall in vielen Statistiken innerhalb Europas auf die letzten Plätze", weiß der WKO-Obmann
. Ein weiteres Problem sieht Steidl, der selbst als Unternehmer tätig ist, in der Konzentration auf Zulieferern aus China: "Wir achten nicht mehr auf die Wertschöpfung aus der Region oder Europa, sondern ziehen vorrangig an Themen ohne Nachzudenken mit den Anderen mit. Langsam verlieren wir den Horizont aus den Augen, aber auch unsere Auftraggeber."
Mitarbeiter halten
Wo vor zwei Jahren Betriebe noch mit der Suche nach Fachkräften beschäftigt waren, liegt bei zahlreichen Braunauer Unternehmen das Augenmerk nun darauf, Mitarbeiter zu halten. "Trotzdem gibt es bei den KV-Verhandlungen große Grabenkämpfe und grob überzogene Forderungen in den Lohnverhandlungen, und das bereits in allen Branchen. Eigentlich sollte man in dieser Zeit zusammenrücken und gemeinsam eine Lösung erarbeiten", bedauert Steidl und ergänzt "Was der Staat mit seiner politischen Willenskraft bislang nicht ausreichend und schnell genug umsetzten konnte, sollten jetzt die Unternehmer trotz wirtschaftlicher Einbrüche tragen."
Überlebenskampf der Firmen
Damit ein Unternehmen in Österreich bestehen kann, braucht es, laut Steidl, vor allem eins: Investitionen in die Effizienz und Marktnischen. "Persönlich kann ich es nachvollziehen und verstehe es auch, dass bereits viele Unternehmen, Teile der Fertigung oder ganze Geschäftsfelder ins Ausland verlagern, da sie andernfalls mittelfristig aus den Lieferketten rausfallen", betont der Unternehmer. Den Vorschlag, Menschen aus ihren Pensionen zurück an den Arbeitsmarkt zu holen, sieht Steidl als durchaus positiv: "Das wird von dieser Gruppe positiv aufgenommen. Viele würden das auch sehr gerne machen. Man hört nie, dass sich jemand Sorgen über Mehrstunden bei Unternehmern, Landwirten oder Ärzten macht. Wenn schon über Krankmacherei gesprochen wird, sollte man über Gesundheitsthemen reden." Es brauche nun vor allem positive Stimmung und Motivation, sowie steuerlich angekündigte Maßnahmen der Politik. "Es ist eine Investition in die Zukunft", weiß Steidl.
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