Braunauer im italienischen Trentino
Eine Reise der Freundschaft zur Hochfläche von Lavarone
Eine Reisegruppe aus Braunau und Umgebung besuchte das italienische Lavarone, mit dem Braunau seit 2005 durch einen Freundschaftsvertrag eng verbunden ist.
LAVARONE. Vor mehr als 107 Jahren verband der Erste Weltkrieg zwei weit voneinander entfernte Regionen der Habsburgermonarchie: das Innviertel, besonders Braunau am Inn mit Ranshofen und St. Peter, mit dem Trentino. Dieser südlichste Teil des alten Tirol, in dem überwiegend italienischsprachige Staatsbürger der Monarchie lebten, wurde auch als „Welschtirol“ bezeichnet.
Als am 23. Mai 1915 das Königreich Italien Österreich-Ungarn den Krieg erklärte, wurden Pläne der österreichischen Regierung in die Tat umgesetzt: die Bevölkerung des Frontgebietes hatte innerhalb kürzester Zeit ihre Heimat zu verlassen, durfte nur sehr geringe Habseligkeiten mitnehmen und fuhr – nach langen Fußmärschen zu Bahnstationen – in eine ungewisse Zukunft.
Zahlreiche „Flüchtlinge“ wurden in Bauernhöfen im Innviertel untergebracht, bis ein großes Barackenlager im heutigen Braunauer Stadtteil Laab errichtet und die Übersiedlung in diese „Stadt aus Holz“ angeordnet wurde. Erst nach Kriegsende durften sie im Winter 1918/19 in ihre großteils zerstörten Heimatdörfer zurückkehren. Hunderte Verstorbene sind bis heute am „Flüchtlingsfriedhof“ in der Nähe der Trauerweide in der Cornelius Flir-Straße begraben.
Waren anfangs diese Toten der Anlass für vereinzelte Besuche aus dem Trentino, so stieg mit der wachsenden Mobilität die Zahl der Kontakte, besonders mit den Bewohnern von Lavarone, denn sehr viele von ihnen hatten Eltern oder Großeltern, die Jahre im Lager von Braunau verbracht hatten.
Gegenseitige Besuche mit größeren Gruppen (Musik, Feuerwehren) nahmen zu, auch offizielle Treffen fanden statt und gipfelten 1997 in der Benennung „Trentinerplatz“ für den Platz beim Gymnasium in Laab und 2005 in der Unterzeichnung der Freundschaftsurkunde zwischen Braunau und Lavarone, vertreten durch die Bürgermeister Skiba und Marzari.
Diese Freundschaft zu erhalten und im Bewusstsein besser zu verankern, war das Ziel einer viertätigen Fahrt, an der 49 Interessierte teilnahmen. Unter der bewährten Reiseleitung von Alois Rögl, vor Ort begleitet von Karl Birti und Adriana Fellin, stand die Besichtigung von besonderen Erinnerungsstätten auf dem Programm. Nach dem Eintreffen der Gruppe hielt Diakon Silberhumer, begleitet von zwei örtlichen Priestern, in der kleinen Kirche, in der das von Monsignore Stefan Hofer einst zurückgegebene Bild „Mariahilf von Braunau“ besonderen Platz einnimmt, eine Andacht ab.
Am nächsten Tag wurde die gut erhaltene, heute als multimediales Museum eingerichtete ehemals österreichische Festung Gschwendt/Belvedere besichtigt. Dieser „Lernort“ führt auf engstem Raum die Schrecklichkeit des Krieges drastisch vor Augen und soll so als Mahnung dienen: Nie wieder Krieg! Ein weiteres Ziel war das Dorf Lusern, in dem das Zimbrische, ein altbayrischer Dialekt, auch jetzt noch verwendet wird. Der langjährige Bürgermeister Luigi Nicolussi-Castellan, der als Vizebürgermeister weiterhin eine wesentliche Rolle spielt, ließ es sich nicht nehmen, die Gäste aus dem Innviertel zu empfangen und ihnen die Besonderheiten seiner Heimat sehr engagiert nahe zu bringen.
Die Weiterfahrt führte zur Hochfläche von Vezzena, einst Schauplatz blutiger Kämpfe mit großen Opfern für die dort eingesetzten Oberösterreichischen Freiwilligen Schützen, heute friedliches Almgebiet, auch Standort der wieder errichteten Zita-Kapelle zur Erinnerung an die Heilige, aber auch an die letzte Kaiserin Österreich-Ungarns.
Am Abend wurde bei einem offiziellen Akt der Gemeinde in Anwesenheit des Trentiner Landtagspräsidenten Walter Kaswalder die Bedeutung der Freundschaft zwischen Braunau und Lavarone hervorgehoben: Ehemalige Bürgermeister von Lavarone, dazu der Bildhauer Mario Bertoldi, und von Braunauer Seite Florian Kotanko, beleuchteten die Entwicklung von der Zeit des Ersten Weltkrieges bis in die Gegenwart. Der örtliche Männerchor umrahmte den festlichen und doch entspannten Akt der Freundschaft, bei dem auch Geschenke ausgetauscht wurden und man Alois Rögl für seine Initiativen herzlich dankte.
Der dritte Tag brachte bei prachtvollem Herbstwetter Besichtigungen im westlichen Teil der Hochfläche von Folgaria, den Besuch der bekannten Käserei und einen Spaziergang um den See von Lavarone, an dem auch Siegmund Freud mehrere Jahre seinen Urlaub verbracht hatte.
Die Abreise bedeutete zwar das Ende des Besuchs in Lavarone, aber es bleibt die feste Absicht, die freundschaftlichen Beziehungen weiter zu pflegen und zu vertiefen.
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