Seligmann-Fragmente
Überreste von Beethoven an Josephinum übergeben

Die Schädel-Fragmente des Komponisten Ludwig van Beethoven sind schon weit gereist: Wien, Deutschland, Frankreich und die Vereinigten Staaten. Nun hat der Erbe der sogenannten Seligmann-Fragmente diese der Medizinischen Universität Wien geschenkt. Sie werden in die Sammlung des Josephinums aufgenommen. 

WIEN/ALSERGRUND. Als Paul Kaufmann, Erbe der Seligmann-Fragmente, den Festsaal des Josephinums mit einem schwarzen Koffer betritt, geht ein spürbares Raunen durch den Saal. Doch dieser verspürt keine Eile: herzlich begrüßt er Markus Müller, Rektor der MedUni Wien, und packt aus seiner Tasche Baklava aus Istanbul und weitere Präsente. 

Die wertvollen Knochenstücke entnimmt er aus derselben Tasche – in einer Jausenbox verpackt – und präsentiert sie auf einem Beistelltisch, die gesammelten Medien reißen sich darum, eine Aufnahme zu bekommen. Die Pianistin Mitra Kotte eröffnet den Termin mit einem Klavier-Stück von Ludwig van Beethoven, der "Appassionata". 

Exhumierung für Studienzwecke

"Es ist eine große Ehre für mich, heute hier zu sein", sagt Paul Kaufmann. Er hatte die Fragmente einst aus dem Nachlass seiner Mutter übernommen, die diese wiederum aus dem Nachlass ihres Großonkels Franz Romeo Seligmann erhalten hatte. Seligmann (1808-1892), Wiener Arzt, Medizinhistoriker und Anthropologe, hatte die Knochenstücke im Jahr 1863 in Wien im Zuge einer Umbettung der Gebeine Beethovens für Studienzwecke in seinen Besitz bekommen.

Kaufmann erklärt, dass es damals zu der Exhumierung kam, weil die "Beethoven Society For Music And Research" die großen Wiener Komponisten an einem Ort am Wiener Zentralfriedhof begraben sehen wollte. 

Von links nach rechts: Christian Reiter, Paul Kaufmann und Markus Müller. | Foto: Medizinische Universität Wien/APA-Fotoservice/Hörmandinger
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  • Foto: Medizinische Universität Wien/APA-Fotoservice/Hörmandinger
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„Ich fühle mich sehr privilegiert, dass ich meine ererbten Beethoven-Schädelfragmente dorthin zurückbringen kann, wo sie hingehören“, sagte Paul Kaufmann. „Sie werden nicht nur ‚nach Hause‘ kommen, dorthin, wo Beethoven jetzt für immer ruht, sondern auch an die Medizinische Universität Wien, die sie für die Forschung zur Verfügung haben wir".

Kaufmann sei "dankbar", dass die Universität seine Spende "zum Wohle der Menschen in Wien angenommen hat". Wien sei eine Stadt, die er für ihre "Schönheit und reiche Geschichte sehr liebe, und die auch der Geburtsort meiner Mutter und ihrer Familie ist“.

Überraschender Fund

Seine Mutter hatte Anfang der 90er-Jahre in der Tasche seiner Großmutter die Schlüssel für ein Bankschließfach gefunden, in welchem dann die Fragmente aufgefunden wurden. Seitdem werden diese medizinisch untersucht – also mittlerweile seit 33 Jahren. 

Die letzte Station der Fragmente war im Leipziger Max-Planck-Institut, wo auch die Haarlocken des Komponisten untersucht wurden. In etwa einem halben Jahr hofft man auf erste Ergebnisse. 

Markus Müller, Rektor der MedUni Wien, freut sich, die Kollektion des Josephinums mit so einer Besonderheit erweitern zu dürfen. Er erzählt, dass es der Wunsch des Musikers war, dass seine sterblichen Überreste untersucht werden: "Es geht darum, die richtige Balance zwischen nachvollziehbarem öffentlichen Interesse und Respekt vor einem Verstorbenen zu finden. Das Josephinum ist auch deshalb der richtige Ort für die Übernahme der Fragmente, da Beethovens Arzt, Johann Adam Schmidt, auch Professor am Josephinum war und Beethoven selbst zu seinen Lebzeiten gewünscht hat, dass seine Erkrankung nach seinem Tod untersucht und erforscht wird."

Das hielt der am 26. März 1827 in der Schwarzspanierstraße verstorbene Beethoven bereits in jungen Jahren in einem Testament fest. Nur zwei Tage nach seinem Tod wurden damals Felsenbein und Innenohrfragmente entnommen.

Todesursache von Beethoven

Die Knochenstücke, die nun dem Josephinum geschenkt wurden, passen hervorragend zu einem Gipsabdruck, den der Vorfahr von Paul Kaufmann, Franz Romeo Seligmann, einst gemacht hatte, erklärt der Gerichtsmediziner Christian Reiter, der das Projekt in den letzten 20 Jahren begleitete. Mit den Untersuchungen hofft man, die Todesursache von Beethoven und den Grund für seine Ertaubung zu entdecken.

Christian Reiter spricht über seine Forschungen.  | Foto: Miriam Al Kafur
  • Christian Reiter spricht über seine Forschungen.
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„Mit weiteren Untersuchungen, zum Beispiel auf DNA-Basis, werden wir uns der Frage, ob es sich tatsächlich um Ludwig van Beethoven handelt, weiter annähern. Wir sind Herrn Kaufmann jedenfalls sehr dankbar, dass er diese Zeugen der Vergangenheit zurück nach Wien gebracht hat.“

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