Stollenbesichtigung
Deckname "Schlier" und die Spuren heute

- Rainer Langecker führte durch die Stollenanlagen in Zipf.
- Foto: Rainer Langecker
- hochgeladen von Hannah Hingsamer
Ein verborgenes NS-Rüstungsprojekt, grausame Bedingungen und seltene Einblicke in die Geschichte.
NEUKIRCHEN AN DER VÖCKLA. „Es ist wichtig, dass besonders die beiden Prüfstände in Zipf für Führungen zugänglich bleiben – gerade für jüngere Generationen“, sagte Rainer Langecker vom Mauthausen-Komitee Vöcklabruck. Gemeinsam mit Obmann Frederik Schmidsberger führte er kürzlich durch die selten zugänglichen Stollenanlagen und Prüfstände des NS-Regimes. „Toll, dass uns die Besichtigung ermöglicht wurde“, so Langecker. Das Veröffentlichen von Fotos ist allerdings nicht erlaubt.
Wahl des Standorts
Das Areal der Brauerei Zipf (Gemeinde Neukirchen) war im Zweiten Weltkrieg Teil eines streng geheimen NS-Rüstungsprojekts. Der Betrieb „Schlier“ war als „Steinbruch-Verwaltung GmbH“ getarnt. Der Standort wurde gewählt, „weil hier Stollen der Brauerei existierten, eine Bahnlinie in der Nähe lag und die Tarnung einfacher war“, berichtete Langecker. Die erhaltenen Anlagen – der etwa 25 Meter tiefe Schacht in den Stollen der Brauerei, über den die Triebwerke per Lift transportiert wurden, und die beiden Prüfstände – erinnern noch heute an das Leid an diesem Ort.
Geheime Rüstungspläne
Ab 1943 wurden dort V2-Raketentriebwerke getestet und flüssiger Sauerstoff als Treibstoff produziert. Unter SS-Hauptsturmführer Georg Bachmayr errichtete man in nur vier Monaten das KZ-Außenlager Schlier-Redl-Zipf, in dem die Häftlinge unter unmenschlichen Bedingungen Stollen erweiterten, Brauereikeller umbauten, Bunker und Eisenbahnanschluss bauten.
„Die Brauerei musste ihre Produktion um zwei Drittel zurückfahren.“ - Rainer Langecker
Zwei schwere Unfälle beim Testbetrieb des Triebwerkprüfstands forderten viele Opfer: Im Februar 1944 starben 14 Menschen, darunter acht Häftlinge und sechs Wissenschaftler:innen, im August 1944 27 Menschen, Ilse Oberth, Tochter des Raketenpioniers Hermann Oberth, war eine davon.
„Der Lärm war noch 20 Kilometer entfernt zu hören.“ - Frederik Schmidsberger
Nach dem zweiten Unfall wurden die Triebwerkstests eingestellt, die Sauerstoffproduktion lief weiter. In den letzten Kriegsmonaten war auch das „Kommando Bernhard“ in Zipf aktiv, eine Einheit zur Fälschung britischer Banknoten.
Ende des Lagers
Am 3. Mai 1945 wurde das Lager aufgelöst. Die Häftlinge mussten zu Fuß ins Außenlager Ebensee, das kurz darauf befreit wurde. Das Totenbuch von Paul Le Caer listet 267 Opfer, die tatsächliche Zahl dürfte höher sein. „Die Lehre daraus ist, schon vor der Machtergreifung Widerstand zu leisten“, so Schmidsberger.
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