Szenen gegen das Vergessen
DIE WILDEN ALTEN: NIE WIEDER!
„Die wilden Alten – die kreative Eingreiftruppe zur Rettung der Welt“ nennt sich die Initiative, die vor etwas mehr als einem halben Jahr vom Schauspieler und Regisseur Otto Köhlmeier ins Leben gerufen wurde. Mit dem Ziel, das Wissen und Können, die Fähigkeiten und Fertigkeiten älterer Menschen mit dem Eintritt in den Ruhestand nicht dem Verfall preis zu geben, sondern diese gezielt zur Zukunftsbewältigung zu nutzen. Statt die Schwächen älterer Menschen aufzufangen und mit billigem Wirklichkeitsersatz den Weg zum Tode zu versüßen, die Stärken zu stärken, mehr Lebensfreude zu schaffen und schöpferisch-kreative Produkte entstehen zu lassen, die zusätzlich noch der Gesellschaft zugutekommen.
„Das Potential älterer Menschen ist viel zu wertvoll, als dass wir es brach liegen lassen sollten“, meinte Köhlmeier und startete ohne jede Unterstützung das Projekt. Die Stadt Weiz war als einzige von rund dreißig angeschriebenen Kommunen im Raume Graz-Ost/Südoststeiermark bereit, Räumlichkeiten kostenlos zur Verfügung zu stellen und so wurde in der Stadt der Energie im April 2024 mit einer Gruppe von rund dreißig Personen gestartet, obwohl es nach einem ersten Aufruf über hundert waren, die Interesse zeigten, denen der Weg von Feldbach oder Graz oder Gratwein nach Weiz dann aber doch zu weit war
Die Gruppe traf sich einmal, manchmal auch zwei-, dreimal in der Woche, diskutierte über den Zustand der Welt, fragte sich, wo Handlungsbedarf besteht und überlegte dann, wie man mit den vorhandenen Möglichkeiten etwas Produktives gestalten konnte. So entstand ein erstes Programm, eine Mischung aus Show und Präsentation, aus Vortrag und Theater, aus Singspiel und Kabarett, das in höchst unterhaltsamer Form die Grundthematik „DIE ALTEN UND DAS ALTERN“ vermittelte und das mit großem Erfolg immer wieder gezeigt wurde und weiterhin gezeigt wird.
Seit dem Sommer arbeitet die Gruppe aber an einem neuen Programm. Angesichts der zunehmenden Radikalisierung der Gesellschaft, angesichts vermehrter rechtsradikaler Tendenzen, angesichts des zunehmenden Erfolges von Populisten und Schreihälsen und einer damit einhergehenden Gefährdung der Demokratie, hat sich die Gruppe (alles Kriegs- und unmittelbare Nachkriegsgeborene) dazu entschlossen, ein Programm gegen Hass, Intoleranz, Faschismus und Krieg zu gestalten. Mit Erinnerungen an die eigene Kindheit, mit den Erzählungen und Geschichten von Eltern und Großeltern wurde begonnen, eine multimediale Inszenierung zu schaffen, eine szenische Collage gegen das Vergessen. In Gesprächen wie im Spiel, beim Trommeln wie beim Rollenspiel entwickelten sich Texte, Gedichte, Lieder, Szenen. So entstanden unter dem Titel „NIE WIEDER“ sechzig dichte Minuten, die kollektiv von allen zweiundzwanzig Beteiligten gemeinsam erarbeitet wurden.
Nicht nur weil es das Wissen älterer Menschen ist (zum Teil persönlich Erlebtes, zum Teil von den Eltern Übermitteltes), ein Wissen, das nur noch wenige haben und das bald schon nicht mehr da sein wird, wurde das Programm „NIE WIEDER“ erarbeitet. Auch weil wir im Jahre 2025 ein Gedenkjahr erleben, das uns die Augen öffnen und zu Sinnen kommen lassen sollte. 80 Jahre ist es her, dass unser Land von Faschismus und Krieg befreit wurde. Von einem System, das 60 Millionen Menschen das Leben kostete. Von einem System, wie es barbarischer und menschenverachtender nicht sein kann. Und doch gibt es schon wieder vermehrt Menschen, die „Ausländer raus“ brüllen, den Arm zum Gruße heben und sich einen starken Mann an der Spitze durchaus vorstellen können.
Dieses neue Programm „NIE WIEDER“ wird am Samstag, 11. Jänner 2025, um 19.00 Uhr, erstmals im Volkshaus Weiz gezeigt. Nach einer einstündigen Radiosendung, der ich gebannt lauschte, kann ich einen Besuch dieser vorbildlichen Arbeit nur nachdrücklich empfehlen. C.W.
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