Nahversorgung ist unersetzlich
Naheliegend (IX): Café Columbia Gleisdorf
Der Lockdown hat uns in allen Lebensbereichen eingeengt. Ich hab großes Glück, daß sich mein Brot in weiten Bereichen vom Schreibtisch aus verdienen läßt, auch wenn derzeit der Markt für meine immateriellen Güter zusammengebrochen ist. Aber die Stromversorgung steht, mein Zugang zum Internet ist stabil, ich kann also viel tun, ohne mich in Gefahr begeben zu müssen.
Das öffentliche Leben, die reale soziale Begegnung, das sind hohe Werte und Wohltaten für die Seele. Ich bin Autor. Meine Zunft hat eine lange Tradition der Wertschätzung von Kaffeehäusern. Die jüngsten Öffnungen im gelockerten Lockdown muß man mir also nicht erst schmackhaft machen.
Die Begegnung mit geistreichen Menschen, das Gespräch, gute Drinks… lauter Lebensmittel! Was macht ein Kaffeehaus so bedeutend? Was haben davor schon Poststationen, Raststätten, Hafenkneipen an sich gehabt? Das sind nur einige Beispiele, wo wir außerhalb privater Räume angenehme Zusammenkünfte pflegen können, bei denen auch Bewirtung möglich ist.
Treffpunkte, Umschlagplätze für Informationen, Brutstätten für neue Ideen, Nebelkammern für sentimentale Erinnerungen … Im Englischen gibt es dafür ein schönes Beispiel. Pub ist die Kurzform von Public House = öffentliches Haus (im Kontrast zum privaten Haushalt). Aber bei uns wird Café oder Beisl problemlos in diesem Sinn verstanden. Das eigene Wohnzimmer ist eben nicht die Welt.
Dann gibt es auch Mischformen, die sich dem Lauf der Dinge anpassen. Aber schon als Lehrbub kannte ich den Modus, daß aus dem nächstliegenden Café Getränke für die höhergestellten Kräfte des Hauses zu holen waren. Ich hab ein großes Faible für diese Geste, wenn jemand eine gefüllte Serviertasse durch die Gasse trägt. Eine Schleppe von Kaffeeduft macht sowas perfekt, aber auch die beschlagenen Gläser von kühlen Drinks haben Grandezza.
Kürzlich hatten wir in der Passage vor dem Wosnei x eine kleine Kulturkonferenz. Genügend Durchzug, um allfälligen Tröpfchen eine schöne Reise zu bescheren (Bye! Bye!). Ausreichend nahe bei der Columbia, von wo uns Matthias Gosch eine erste Garnitur brachte.
Die schöne Geste mit der gefüllten Serviertasse. Darüber sein Lächeln hinter einem blitzsauberen Visier. Diese Schutzschilde machen Gespräche etwas leichter. (Ich hab in manchen Geschäften maskierte Kräfte plärren gehört, als wären sie schwerhörig, was die Stoffmaske ja auch nicht verlangt.)
Karl Bauer hat die Zeche beglichen und wir konnten uns weiter in unsere Themen vertiefen. Als Kerstin Feirer das Wosnei x abends zusperrte, verlegten wir unser Konferenzerl in den Gastgarten des Café Columbia, um da ohne Probleme mit den Abstandsregeln eine gewohnte Geselligkeit zu genießen. Und den Blick ins Schaufenster, also auf die Straße, wo ich etwa einen ziemlich radikalen Chopper erwischen konnte.
In den Social Media sind inzwischen jene Aufrufe wieder verebbt, wonach wir solche Kommunikationsebenen nutzen sollten, um lokale Betrieb zu erwähnen, deren Bestand in über zwei Monaten Lockdown natürlich vielfach bedroht, auch beschädigt wurde.
Wann immer ich Geld übrig habe, trage ich es gerne zu Cafetiers, Wirten, Winzern, in Buchhandlungen und in Antiquariate. (Zugegeben, auch in Spielzeuggeschäfte. Kleine Autos.) Zum Glück gibt es vieles davon vor Ort oder in der nächsten Umgebung.
Dafür hab ich mein Geld schließlich, auch wenn der Nachschub manchmal stockt. (Eine Künstlerexistenz ist voller Unwägbarkeiten.) Dann sind meine Umtriebe eben dünner gesät und ich braue mir den Kaffee selber.
Deshalb müssen diese Betriebe Bestand haben. Sonst würde ich ja - nach einer Ausgehpause – mit meinem nächsten Budget plötzlich in einer Ödnis landen. Sowas braucht niemand!
+) Café Columbia Gleisdorf
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