Satire zum Räumungsverkauf - Text Hildegard Stauder
Nach Weihnachten
ist traditionsgemäß der Beginn
des großen Räumungsverkaufes.
Hunderte Schnäppchenjäger stehen schon vor Geschäftseröffnung vor dem Warenhaus und warten,
das sich die große Eingangstüre öffnet.
Dann geht es darum, schnell zu sein, um die besten Angebote zu erwischen;
denn derjenige - wer zuerst kommt und zugreift - macht die bessere Beute!
Ehrlich gesagt, der Aufruf: Räumungsverkauf
hat seinen Reiz verloren;
da heutzutage Angebote übers ganze Jahr feilgeboten werden!
Ja – früher einmal, da konnte ich es als stiller Betrachter – von der anderen Geschäftsstraße von gegenüber - mit eigenen Augen beobachten, wie grapschende Menschenmassen mit körperlichem Einsatz auf Schnäppchenjagd waren.
In den Auslagen des großen Kaufhauses von gegenüber ist die Ware in großer Auswahl dekoriert, gestapelt und ausgebreitet.
Zwischen all den Warenangeboten springen riesige Preisschilder ins Auge,
auf denen groß gedruckt steht:
„Nur wenige Tage – fast geschenkt! Greifen sie zu – alles preisgesenkt!“
Schon Stunden vor der offiziellen Geschäftsöffnungszeit stellen sich die kauffreudigen Kunden - schlangenbildend - vor den noch geschlossenen Türen an:
den Kopf in den Mantelkragen eingezogen, denn ein eisiger Wind mit schneidenden Biss fegt durch die Straßen der Innenstadt.
Vorerst gibt man sich diszipliniert – aber schon bald füllen sich alle Freiräume
und der Menschenstrom reißt nicht ab.
Ein faszinierendes Spiel, wie hypnotisiert warten die Menschen mit starrem Blick, derweil alle Augen noch auf die geschlossene, breite Eingangstür haften
und in ihren bewegungslosen Blicken ist zu lesen: Wann endlich öffnet sie sich?
Denn jetzt – Ende des Jahres – sind die Temperaturen unter null Grad.
Ja, wenn die Gier nicht wäre auf all die preisgesenkten Angebote, dann würde so manch einer noch in den Federn liegen – denn der Verstand signalisiert – besser aufgehoben wäre man jetzt noch im warmen Bett, als sich in der eisigen Kälte einen Schnupfen zu holen.
So dicht gedrängt stehen die Menschen wartend da, was ja auch ein wenig wärmt.
Inzwischen gibt es kein vor und zurück – und zum Umfallen wäre auch kaum noch Platz.
Ein jeder erhofft sich die bessere Startposition!
In den Geschäftsräumen flammt das Licht auf und plötzlich kommt Bewegung in die wartende Menge – und endlich öffnet sich die Eingangstüre.
Die Filialleiterin von gegenüber bleibt sicherheitshalber hinter der, sich öffnenden, breiten Flügeltüre... ich kann es verstehen, denn wer will schon umgeworfen und niedergetrampelt werden?
Was noch vor wenigen Minuten bewegungslos schien, kommt jetzt auf Touren!
Ein Drängeln und Schupfen beginnt und Ellbogen werden eingesetzt.
Gleich einem Bienenschwarm im Anflug stürzen die Menschen sich in den Laden.
Wo ist das menschliche, disziplinierte, rücksichtsvolle – wo das überschaubare
menschliche, intelligente Wesen?
Sehen kann ich es nicht, was sich im Innenraum des Geschäftes abspielt;
aber um das zu wissen, verlangt es nicht viel Fantasie!
Bildlich sehe ich es vor mir – die Menschenmassen verteilen sich auf die verschiedenen Etagen - ein grapschen, ein wühlen, ein zupfen, ein zerren und ein an sich reißen beginnt… eine Rücksichtslosigkeit ohne Gleichen!
An das Personal mag ich gar nicht denken – denn deren Leistung ist im Abverkauf bewundernswert. Auch den Kunden ist die Erschöpfung ins Gesicht geschrieben, wenn sie - die prall gefüllten Plastiktaschen fest an den Leib gedrückt - den Laden wieder verlassen.
Ich bin mir sicher, dass für viele, kaufwütige Menschen daheim dann noch eine Überraschung auf sie wartet, da dass fast mit Körpereinsatz eroberte Warenstück einfach an Größe nicht passen will...
Ja... manches ändert sich, so gesehen auch im Einzelhandel!
Damals einmal – wurde Jagd auf Schnäppchenware gemacht – und heutzutage –
Jagd auf kauffreudige Kunden!
Da ein Überangebot an Warenprodukten herrscht und Räumungsverkauf oder „SALE“ seinen Reiz verloren hat – vielleicht mangelt es auch an finanziellen Schwierigkeiten? Heute geht man auf einen Stadtbummel zum „shoppen“ – wie man heutzutage sagt,
Man nimmt sich Zeit und vergleicht die Preise - denn um Stress zu finden, geht man nicht mehr ins Geschäft das bietet heute der Alltagsstress.
Auch ist man heute damit beschäftigt, Berge von Prospekten zu entsorgen!
Denn nach wie vor, lässt es sich nur von einem Teller essen!
Der Mensch hortet als Sammler nicht mehr nur Produkte -
sondern reist heutzutage auch gerne in die Fremde!
und individuell gestaltet er seine Freizeit als Ausgleich zu seinem stressigen Beruf... soweit die Füße ihn tragen und das Geldbörsel sich nicht leert.
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