Mit 75 Jahren sperrt Herr Petritsch zu

- Seit 1966 selbstständig, die "Anker"-Kassa ist sogar noch älter: Elektrohändler Simon Petritsch hört auf – mit knapp 75
- hochgeladen von Wolfgang Kofler
48 Jahre lang hat Elektrohändler Simon Petritsch sein Geschäft in Villach betrieben. Einst hatte er 35 Mitarbeiter.
VILLACH (kofi). Die braun-orangen Tapeten versprühen den Charme der Siebzigerjahre, auf den halbleeren Regalen hat es sich etwas Staub gemütlich gemacht. Keine Frage, das Elektrogeschäft in der Ringmauergasse 1 in Villach hat schon bessere Zeiten gesehen. Aber um solche Details geht es im kleinen Reich von Simon Petritsch nicht. Seit 1966 führt der bald 75-Jährige sein Geschäft, bedient seit 48 Jahren seine Kunden persönlich. Für jeden hat er ein freundliches Wort, weiß Rat bei den seltsamsten Problemen ("Bei meinem Fernseher fehlt dieser kleine graue Knopf. Sie wissen schon, oder?") und er schreibt Rechungen noch mit der Hand. Die Kassa steht ihm seit seinem ersten Tag der Selbstständigkeit zur Seite, nur einmal hat sie Mucken gemacht, 1990, als sie das Ende ihrer Datumeinstellung erreicht hat. Seit 2001 läuft sie wieder.
Sperrstunde
Jetzt aber ist für Simon Petritsch Schluss. Am Freitag sperrt er sein Geschäft endgültig zu. Ohne Tamtam, ohne Abschiedsfest, ruhig und bescheiden, wie er immer war. Die Kunden, großteils ältere Damen und Herren, sind bestürzt. "Sie dürfen nicht aufhören", schimpft eine betagte Dame.
Die beste Zeit, erinnert sich Petritsch zurück, seien die Siebziger-, die Achtziger- und die Neunzigerjahre gewesen. Allgemeiner Wohlstand, aber ohne Internet und riesige Elektronikhandelsketten. Damals hat er 35 Mitarbeiter gehabt, jetzt, am Ende, ist nur noch einer an seiner Seite. "Schlimm war der Konsum-Konkurs", sagt Petritsch: "Ich habe die Filialen in Kärnten betreut. Ich habe damals nicht nur viel Geld, sondern auch mit einem Schlag 100 Kunden verloren." Die anschließenden Kündigungen seien ihm schwer gefallen.
Gute Zeiten
Viel öfter habe es aber gute Zeiten gegeben. "Ich arbeite seit 60 Jahren, 59 davon habe ich es gerne getan. Keine schlechte Quote", schmunzelt er.
Künftig wird er mehr Zeit für seine Hobbys haben: Wandern und Radfahren. Seine Kunden, bei denen man das Gefühl hat, dass viele eher zum Plaudern als zum Kaufen vorbeigeschaut haben, werden sich einen neuen Zuhörer, Unterhalter und Ratgeber suchen müssen.
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