"Arbeiten nicht gratis"
Villachs Hausärzte stoßen an Aufnahmegrenzen
Villach ist gut mit Hausärzten versorgt. Aber viele von ihnen können keine neuen Patienten mehr aufnehmen. ÖGK-Beschluss weiter in der Kritik der Allgemeinmediziner.
VILLACH, VILLACH LAND. Nicht nur in Villach bereiten sich gerade einige Hausärzte mit Mitte 60 auf den wohlverdienten Ruhestand vor. Für deren Patienten beginnt in diesen Fällen die Suche nach neuen Allgemeinmedizinern. Oft gestaltet sich die Suche allerdings schwierig, weil viele Ordinationen gar keine Kapazität haben, neue Patienten aufzunehmen. "Wir Kassenärzte sind ziemlich ausgelastet und stoßen teilweise wirklich an unsere Grenzen. Die Krankenhäuser lagern immer mehr Untersuchungen aus. Das war nicht immer so", gibt Allgemeinmedizinerin Toria Mörtl aus Villach zu bedenken, die als Bezirksärztevertreterin die Sorgen der Ärzte und Patienten bestens kennt: "Bis jetzt ist es gelungen, alle Kassenstellen nachzubesetzen. Ober oft dauert es bis zu zwei Quartale, bis eine Stelle de facto nachbesetzt ist. Da gibt es schon Engpässe!"
"Deckelung als Problem"
In Villach, Österreichs siebtgrößter Stadt mit etwa 65.000 Einwohnern, gibt es in etwa 16 praktizierende Hausärzte. "Da ist die Deckelung das nächste Problem. Wir sind nämlich mit 1.100 Patienten gedeckelt. So viele Scheine bekommen wir. Wer mehr Patienten aufnimmt, arbeitet (nicht ganz, aber fast) gratis", geht Mörtl ins Detail: "Das ist wie ein Tischler, der jede zehnte Tür gratis herstellt. Auch deshalb nehmen viele Ärzte nicht mehr auf!" 1.100 Patienten multipliziert mit 16 Ärzten ergibt 17.600. Damit wäre nur etwa ein Drittel der Villacherinnen und Villacher versorgt. "Immer wieder wird an unsere Ethik appelliert. Ich frage mich, warum das bei uns mit der Inflationsanpassung nicht funktioniert. Auch der Landeshauptmann verdient nicht schlecht. Er hat eine Inflationsanpassung bekommen", gibt Mörtl zu bedenken: "Wir Allgemeinmediziner arbeiten viel und gerne. Aber irgendwann brennt der Hut!"
"Arbeit muss entlohnt werden"
Neben der Tatsache, dass das Gesundheitswesen im Krankenhaus immer mehr heruntergefahren wird, hebt Mörtl auch hervor, dass sich die Persönlichkeitsstruktur der Menschen geändert hat: "Im ländlichen Bereich weniger, aber in der Stadt kommen die Leute schon wegen den kleinsten Wehwehchen zum Hausarzt. Teilweise verstehe ich das auch gut. Aber unsere Arbeit muss fair entlohnt werden!"
Kritik an ÖGK-Beschluss
Passend dazu das MeinBezirk.at vorliegende Ergebnis über die zwischen 3. und 11. April durchgeführte Abstimmung unter 493 Kärntner Kassenärzten zum Verhandlungsangebot der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) für das Jahr 2024. Fast 77 Prozent der Ärzte haben an der Umfrage teilgenommen. Vor allem der Bereich Allgemeinmedizin ist spannend. Von 268 Ärzten haben 209 abgestimmt, davon 74 für die Annahme und 135 (64,59 Prozent) dagegen.
"Unzufriedenheit groß"
"Aus dem Ergebnis der Abstimmung ist ein hoher Grad an Unzufriedenheit der niedergelassenen Kassenärzte mit den Vertragsbedingungen der ÖGK abzuleiten, wobei diese im Bereich der Allgemeinmedizin besonders bedenklich ist", heißt es im Schreiben der Ärztekammer Kärnten. Die Vertragsbedingungen weisen – wie mehrmals berichtet – zahlreiche Defizite auf.
"Defizite gesammelt"
"Kammerintern wird deshalb ein Diskussionsprozess über die Bezirksärzte- und Fachgruppensitzungen eingeleitet, mit dem Ziel, bis zum Verhandlungsbeginn im Herbst 2024 eine Bestandsaufnahme der Defizite in den einzelnen Bereichen zu erarbeiten, um daraus entsprechende Zielsetzungen als Grundlage für die Verhandlungen 2025 zu formulieren." Weitere Ziele sind bessere Arbeitsbedingungen, eine faire Tarifgestaltung und die Reduktion des bürokratischen Aufwands.
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