Lokführer bei den ÖBB
„Der schönste Job der Welt“
Villach ist eine Eisenbahnerstadt. Aktuell werden hier wieder junge Leute ausgebildet, wir haben zwei neue und zwei erfahrene Lokführer zum Interview gebeten und bekamen spannende Einblicke.
VILLACH. Ganz frisch dabei und noch in der Ausbildung ist Anna-Maria Kuchler aus St. Jakob/Rosental. Seit März 2022 wird sie in Villach zur Triebfahrzeugführerin, so der korrekte Name, ausgebildet. „Ich habe vorher im Einzelhandel gearbeitet, aber ich wollte mehr von der Außenwelt sehen und war schon immer fasziniert von der Eisenbahn. Auch während der Ausbildung fahre ich in Begleitung schon mit auf der Lok“, sagt Anna-Maria. Auch muss technisches Grundverständnis für den Job da sein, insgesamt dauert die Ausbildung intensive zwölf Monate. „Als ich angefangen habe, hatte man eine alte Diesellok. Die Arbeit war viel mechanischer, heute ist es sehr computerlastig. Und der Führerstand ist klimatisiert“, sagt Norbert Simtschitsch, Teamsprecher fachliche Bildung Villach, mit einem Lachen. Auch sein Kollege Johann Branz, Lokführer-Trainer und seit 1989 bei den ÖBB, weiß die heutigen Vorzüge zu schätzen: „Eine meiner Lieblingsstrecken war anfangs ins Gailtal. Am Führerstand der Diesellok hatte es 60 Grad, auch die Fahrersitze waren noch nicht so komfortabel wie heute, es war eine Mischung aus Stehen und Sitzen. Aber diese Fahrten waren eine wunderschöne Zeit.“
"Würde Job wieder wählen"
Generell ist man sich einig: Lokführer ist der schönste Beruf der Welt. „Meine Lieblingsstrecke ist etwa die Tauernstrecke, grandios zu fahren. Natürlich ist nicht jeder Tag Sonnenschein, aber ich würde den Job sofort wieder wählen“, sagt Simtschitsch, der diese Leidenschaft für den Beruf dem Nachwuchs vermitteln will. Aufgrund der Pensionierungswelle sind die ÖBB ständig auf der Suche nach Mitarbeitern, und auch Frauen sind als Lokführer gerne gesehen. Ein gewisses Fitnesslevel muss aber sein. Auch ist es ein Einzelarbeitsplatz. Simtschitsch: „Auf einer Fahrt nach Wien etwa steht man rund fünf Stunden alleine im Führerhaus und ist während der Zeit voll konzentriert. Eine Ablenkung darf nicht sein. Im Zuge der Aufnahme wird ein psychologischer Test gemacht und zu überprüfen, wieviel der Kandidat gleichzeitig verarbeiten kann. Vielen ist nicht bewusst, was Lokführer alles nebenbei machen.“
"Nie auf Autopilot"
Hat man als Pilot eines Flugzeuges etwa mehr technische Unterstützung? Hier kann Marius Mischkreu, seit November 2020 Lokführer, aus seiner Erfahrung sprechen: „Ich war vorher Pilot von Linienflügen, bin wegen Corona zu den ÖBB gewechselt. Bei einer Lok ist die Konzentration mehr gefordert als im Flieger. Hier herrscht beim Starten und Landen höchste Konzentration, während dem Reiseflug ist aber Papierkram zu erledigen. Beim Zug geht von alleine gar nichts.“
Sofort in der Lok
Was sich im Gegensatz zu früher verändert hat – die „Neuen“ fahren vom ersten Tag an in der Lok mit. Johann Branz: „Wir sind als junge Lokführer länger nur ins Gailtal, nach Spittal oder mal Salzburg gefahren. Heute triffst du die Leute nach zwei Jahren schon mit dem Railjet in Wien, so gut geschult sind sie.“ Noch etwas ist heute anders: Es gibt wesentlich mehr Passagiere, was volle Bahnsteige zur Folge hat - ein Stress für Lokführer. „Der Zug ist immer stärker. Viele Leute stehen viel zu nah an den Gleisen und unterschätzen den Sog vom Zug, der mitreißen kann. Vor allem wenn man einfach nur durchfährt, man kann nicht so schnell bremsen“, sagt Branz.
Zu nah am Zug
Auch Marius Mischkreu bestätigt das: „Diese Situation hat man oft alle paar Kilometer. Ich habe da immer ein ganz ungutes Gefühl und hoffe, dass die Leute aufmerksam sind.“ Eine Herausforderung war auch der kürzliche Stromausfall in Kärnten. Branz war da gerade mit einem Zug unterwegs, alle Passagiere haben dank Fahrgemeinschaften aber schnell ihren Weiterweg gefunden. „Egal was vorfällt, Ruhe und Besonnenheit sind das wichtigsten in unserem Job.“
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