Gewalt an Frauen
Corona macht Ausstieg schwerer

Gewalt an Frauen - traurige Realität. Aus wirtschaftlichen Gründen kehrten 2020 jedoch viele Frauen zum Gefährder zurück.  | Foto: Foto: sdecoret.stock.adobe.com
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Gewalt an Frauen - traurige Realität. Aus wirtschaftlichen Gründen kehrten 2020 jedoch viele Frauen zum Gefährder zurück. Ein Gespräch mit Christina Kraker-Kölbl, Geschäftsführerin Frauenhaus Villach.

VILLACH/VILLACH LAND. Schon elf Frauenmorde gab es 2021, ist die Zahl der getöteten Frauen heuer besonders hoch? "Ehrlicherweise ist die Zahl im Vergleich zu den Vorjahren im 'Normalbereich' – auch wenn jeder Mord natürlich einer zu viel ist. Was sich inzwischen positiv verändert hat, ist die Aufmerksamkeit, welche diese Taten bekommen – auch medial", sagt Kraker-Kölbl. In Österreich ist die Sensibilität dafür gestiegen und das Bewusstsein für notwendige Veränderungen. Auch wurden solche Taten früher als "Beziehungsdrama" betitelt, jetzt wird es bewusst mit "Frauenmord" bezeichnet. Trauriger Fakt ist aber: Wenn man die Zahl der getöteten Frauen im Verhältnis zur Bevölkerung sieht, dann ist Österreich Spitzenreiter.

Mehr Zivilcourage

So werden viele Stimmen laut, wie man Frauen besser schützen könne? Laut Kraker-Kölbl habe sich schon viel verbessert, was (auch) noch steigen muss, ist die Zivilcourage: "Von allen elf Frauenmorden, waren nur zwei Täter der Polizei bereits bekannt. Hat das Umfeld vorher wirklich nichts gemerkt? Es ist nicht 'deren private Partnerschaft, die mich nichts angeht'. Wenn Gefährder in einem anderen Umfeld durch negatives Frauenverhalten auffallen, sich etwa in ihrem Beruf aggressiv zeigen, dann wünsche ich mir, dass jemand dies aufzeigt. Man darf es nicht immer den Frauen zuschieben, dass sie etwas sagen müssen. Auch Männer müssen sich äußern." Neu ab dem September 2021 ist die verpflichtende Beratung der Gefährder, wenn dieser bereits weggewiesen wurde – wer diese Aufgabe übernimmt wird gerade ausverhandelt. "Hier hat sich viel getan. Früher durfte sich der Täter der Wohnung der Frau nicht nähern, jetzt gilt der Abstand von hundert Metern überall und auch zum möglichen Kind. Da agiert Österreich sehr innovativ."

Möglichkeiten besser nutzen

Was Kraker-Kölbl weiter zu Bedenken gibt: "Das eine ist der gesetzliche Rahmen, das andere die gelebte Praxis. Und die hat noch mit der Sensibilisierung von verschiedenen Berufsgruppen, die in Fälle von Frauenmisshandlung involviert sind, zu tun. Hier werden sicher noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft und im vollen Umfang ausgenutzt." Seit Jänner 2021 gibt es die sogenannten "Sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen" in welche alle Stellen involviert sind, um im Sinne der Gefährdungseinschätzung der Frau die bestmögliche Lösung zu finden: Jugendamt, Frauenhaus, Polizei etc. sitzen dann an einem Tisch und legen alle jeweiligen Informationen ohne Datenschutz offen. "Auch das wird noch nicht im vollen Umfang genutzt. Prinzipiell arbeiten wir mit der Polizei aber sehr gut zusammen. Gewaltschutzarbeit geht nur vernetzt, diese Kooperationen werden künftig noch stärker ausgebaut werden."

Christina Kraker-Kölbl. | Foto: Foto: RMK
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Ausstieg nicht leicht

Ein großes Thema sei auch, wie betroffene Frauen aus der Spirale ausbrechen können. "2020 sind 32,3 Prozent der Frauen aus eigener Entscheidung wieder zum Gefährder zurück gegangen. Das hat mich wirklich betroffen gemacht, 2019 waren es 19,4 und ein Jahr davor 13 Prozent", sagt Kraker-Kölbl. Der Grund: Eine Trennung hat für Frauen auch wirtschaftliche Auswirkungen, welche im Corona-Jahr noch größer waren. Denn: "Es spielen so viele Faktoren mit. 'Steigt aus' ist leicht gesagt, wenn die Frau nicht weiss, wie sie es wirtschaftlich schaffen soll. Man spürt, dass die aktuelle Krisensituation die Frauen zurück wirft."

Beratungsstellen 

Merklich zugenommen hat die Zahl der Beratungen, sowie die Form der Beratungen (Verschiebung von persönlicher Beratung in Richtung telefonischer oder Mailberatung). 2020 gab es 559 Beratungskontakte (Zunahme um + 14,7 % im Vergleich zu 2019)

Polizei-Notruf: 133
Frauenhelpline: 0800/222 555
Frauenhaus Villach: 04242/31031
Männerberatung: 0720/704400
Gewaltschutzzentrum Kärnten: 0463/590 290
Frauenberatung Villach: 04242/246090

Gewaltschutzzentrum Kärnten

Aus dem Bezirk Villach Stadt waren 2020 im Gewaltschutzzentrum in Beratung: 165 Personen
Aus Villach Land: 107
Dem Gewaltschutzzentrum übermittelte Betretungsverbote aus Villach Stadt: 109
Aus Villach Land: 65

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