Weiterbildung auch im Alter
Mit 60 nochmal die Schulbank drücken
Ein MBA-Studium mit 60? Ein beruflicher Neustart ist selten – doch für Kurt Erlacher aus Villach wurde das Studium an der California Lutheran University zur Herausforderung und Bereicherung.
VILLACH/GRAZ/KALIFORNIEN. MeinBezirk.at war mit Kurt im Interview und er erzählte uns, wie er neben seinem Beruf als Verkaufsleiter die intensive Weiterbildung mit beeindruckender Disziplin meisterte.
MeinBezirk.at: Was hat dich mit 60 dazu motiviert, mit einem Studium zu beginnen, und warum ein MBA-Programm?
Kurt Erlacher: Es war gar nicht geplant zu studieren. Im Oktober 2022 entdeckte ich bei der Vorbereitung auf ein internes Meeting in einer Zeitung eine Anzeige für ein MBA-Studium in Graz. Ich habe mich mehr oder weniger zum Spaß beworben. Da es limitierte Pkätze gab, war ich überrascht, als ich dann tatsächlich genommen wurde. In der Gruppe war ich mit 60 Jahren der Älteste – die anderen waren zwischen 25 und 42 Jahre alt. Für die Veranstalter war es wohl spannend, jemanden mit reiner Berufserfahrung dabeizuhaben, also jemanden der davor noch nie ein Studium absolvierte.
Wie lief das Studium ab?
Es war gut organisiert: Wir hatten sieben Wochenenden in Graz an der International Business School Austria (IBSA) und sechs Online-Kurse à acht Wochen mit wöchentlichen Telefonkonferenzen. Der Unterricht wurde ausschließlich von amerikanischen Professoren geleitet. Diese Mischung aus Präsenz und Online war fordernd, aber gut machbar.
Wie war es, auf Englisch zu lernen? Hattest du Bedenken?
Englisch gehört zu meinem Arbeitsalltag, da ich in einem Schweizer Konzern tätig bin. Dennoch war es eine andere Dimension, 15 Bücher mit je etwa 1.000 Seiten in Business-Englisch zu lesen. Ich hatte Respekt davor, da viele Ausdrücke für mich neu waren.
Wie hast du die Kombination aus Studium und deinem Beruf gemeistert?
Offiziell ist dies ein berufsbegleitendes Studium – manchmal dachten wir, wir arbeiten studienbegleitend. Als Head of Sales, zuständig für Österreich und einige Länder in Südosteuropa arbeite ich zwischen 50 und 60 Stunden pro Woche. Für das Studium waren pro Woche ca. 25 bis 30 Stunden notwendig, das heißt ganz in der Früh, abends und vor allem an den Wochenenden war sonst nicht mehr viel Zeit – in Summe sprechen wir mit dem Abschluss in den USA von ca. 2.500 Stunden.
War es schwierig, sich als Ältester in die junge Studenten-Community einzufinden?
Am ersten Tag in Graz hatte ich ein mulmiges Gefühl. Vermutlich dachte die Gruppe anfangs, ich sei ein Professor. Doch schon nach wenigen Stunden war das Eis gebrochen. Die jüngeren Mitstudierenden zollten mir viel Respekt und ich wurde so etwas wie der Klassensprecher – eine coole Erfahrung.
Welche Momente oder Herausforderungen bleiben dir besonders in Erinnerung?
Der Abschluss in Kalifornien an der California Lutheran University war ein Höhepunkt. Die letzten zwei Wochen verbrachten wir dort in Thousand Oaks – das fühlte sich wie echtes „Studentenleben“ an. Auch die Zeit mit den jungen Kollegen, die zum Teil echte Fach-Nerds waren, prägte mich.
Hat das Studium dich beruflich oder persönlich verändert?
Karrieretechnisch bringt mir der Abschluss in meinem Alter nichts mehr, aber das erlernte Wissen – von Statistik über Marketing bis Ethik – bereichert meinen Job. Persönlich zeigt mir das MBA-Studium, dass ich „es noch kann“. Dieses Gefühl ist unbezahlbar.
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