Angeklagte leidet an Logorrhoe (krankhafte Geschwätzigkeit)

- Die Angeklagte, der "Nachbarschaftsschreck"
- Foto: Ilse Probst
- hochgeladen von Cornelia Baumann
Skurrile Sachverhalte bei Gerichtsverhandlung von Angeklagter aus dem Bezirk.
BEZIRK TULLN (ip). Etwas eigenartig interpretierte der Verteidiger einer 67-jährigen Pensionistin aus dem Bezirk Tulln ein Sachverständigengutachten. Seine Mandantin leide an Sprechdurchfall, meinte er im Prozess am Landesgericht St. Pölten, wo die bereits dreimal vorbestrafte Frau abermals auf der Anklagebank gelandet war.
Nackter Hintern und Lavour als Wurfgeschoss
Zu den Vorwürfen von Staatsanwalt Thomas Korntheuer, wonach die Beschuldigte am 20. Dezember vergangenen Jahres zwei Nachbarn massiv bedroht habe, bekannte sie sich nicht schuldig. Mehrfach musste sie der Richter in der Folge auffordern, die Verhandlung nicht durch Zwischenrufe zu unterbrechen. Schließlich wurde sie des Saals verwiesen.
Der Aussage des älteren Nachbar entsprechend gebe es schon seit Jahren Probleme mit der Frau. „Sie hat mir den nackten Hintern gezeigt“, führte er als Beispiel an und schilderte danach den Vorfall vom Dezember. Er habe abends den Mist hinaus getragen und mehr zu sich selbst gesagt, dass schon wieder geschossen werde. Aus dem Badezimmerfenster im Erdgeschoß drohte plötzlich Frau Nachbarin: „I werd glei di daschießen!“ Den Worten folgte unmittelbar die Tat in Form einer blechenen Waschschüssel, die ihm die 67-Jährige aus dem Fenster nachwarf.
Äußerst aufgebracht trat die Beschuldigte am selben Tag auch einem weiteren Nachbar entgegen, als dieser von der Arbeit nach Hause kam. Vor dem Haus habe sie ihn angeschnauzt, was er in ihrem Keller zu suchen habe. Mit einem Sägemesser in der Hand drohte sie, ihn abzustechen.
Während sie im Zusammenhang mit der Waschschüssel meinte, dass dies gar nicht möglich sei, behauptete sie bei dem anderen Nachbar, ihn gar nicht zu kennen. Auch das sichergestellte Messer sei, entgegen ihrer Aussage vor der Polizei, auch nicht ihres.
Schuldfähigkeit herabgesetzt, dennoch Freiheitsstrafe
Beide Zeugen erklärten, keine Angst vor der Pensionistin zu haben. Eher hielte man sie für krank und nehme sie nicht ernst. Dem Gutachten entsprechend sei die Angeklagte, die keinerlei Schulausbildung vorzuweisen hat, zwar nur herabgesetzt schuldfähig, erkenne aber durchaus, dass sie ihr Gegenüber mit derartigen Aktionen einschüchtern kann. Auch ihre Äußerungen könne man nicht, wie der Verteidiger meinte, als bloß milieubedingte Unmutsäußerungen werten, so der Richter, der sie zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilte. Da sie bereits mehr als die Hälfte der Strafe in Untersuchungshaft verbüßt hat, wurde sie nach dem Prozess bedingt entlassen (rechtskräftig).



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