Puppentheater „Dr. Faustus“
Der Teufel in der Glaubenskirche
Die Aufführung des „Dr. Faustus“ in der Glaubenskirche macht gleich zwei Dinge deutlich: Erstens, dass ein Stoff der klassischen Literatur und Puppentheater ziemlich gut zusammenpassen. Und zweitens, dass der Teufel in einer Kirche eine durchaus spannende Figur abgibt.
Es ist die Geschichte des Dr. Faustus, der nochmals seine Jugend sucht und sich dafür an den Teufel verkauft – eine humorvolle wie auch manchmal derbere Fassung, wie sie einst auf den Jahrmärkten zu Hause war, ehe Johann Wolfgang Goethe daraus ein Stück Weltliteratur machte. Der seit sechs Jahren in Simmering beheimatete, ursprünglich aus Zwickau stammende Puppenkünstler Sven Stäcker bringt diese Fassung als Puppentheater in die Glaubenskirche. Er spielt barfuß, „um beim Spiel geerdet zu sein“, wie er sagt.
Dr. Faustus geht doch nicht nach Ibiza
Ein Zauber geht durch die Glaubenskirche. Scheinbar mühelos und ohne jeden Bruch wechselt der Puppenkünstler vom Faust in die Rolle des Mephisto, leicht überdrehter Hilfs-Teuferln oder auch des Hans Wurst. Stäcker spielt, sorgt für die Musik, improvisiert und spart – ganz in der Tradition der die Obrigkeiten kritisierenden historischen Jahrmarktsbühnen – auch nicht mit Anspielungen zum Zeitgeschehen. Etwa, wenn der Fährmann Charon vom Teufel mehr Gehalt verlangt – und dieser die Forderung mit dem Hinweis quittiert, dass er doch ohnedies schon „9.500 Taler ehrenamtlich“ erhalte. Oder wenn Faust und Mephisto eine Reise nach Ibiza überlegen, letztlich aber davon abkommen - weil „da waren ja schon welche“ und da sei es „schlimmer als die Hölle“ gewesen.
90 Jahre alte Puppen im Kerzenlicht
Kerzen bilden die einzige Lichtquelle, das schummrige und zugleich warme Licht verdichtet die Atmosphäre noch zusätzlich. Die Zuseherinnen und Zuseher jeglichen Alters scharen sich möglichst eng um die Bühne, um nichts zu verpassen. Schließlich sind die Puppen nur rund 15 bis 20 Zentimeter groß. Und sie sind historisch. Stäcker hat sie von seinem Vater geerbt. Letztlich führt der Weg des Faustus unausweichlich in die Hölle. Das Publikum dankt Stäcker mit begeistertem Applaus – und geht mit der für manche Besucherinnen und Besucher neuen Erkenntnis nach Hause, dass Puppenspiel höchste Kunst sein kann.
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