Lutz Weinzinger: "Wir, die wir verfolgt wurden wie die Juden?"

Lutz Weinzinger 2017, in den Farben der Wiener Akademischen Burschenschaft Bruna Sudetia. | Foto: Weinzinger
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SCHÄRDING (ska). Die Akademische Wiener Burschenschaft Bruna Sudetia ist jüngst enorm in Kritik geraten. Die Wiener Wochenzeitung Falter veröffentlichte Recherchen, wonach sich in einem Liederbuch der genannten Burschenschaft antisemitische Liedzeilen befinden sollen. Unter anderem die Strophe: "Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million."

Mitglied der Bruna Sudetia ist Lutz Weinzinger, FPÖ-Urgestein aus Schärding, der drei Jahre lang den oberösterreichischen Freiheitlichen als Landesobmann vorstand. Die BezirksRundschau hat ihn zur Liederbuch-Causa zum Interview gebeten.

Herr Weinzinger, seit wann sind Sie Mitglied der Bruna Sudetia und warum wählten Sie diese Burschenschaft?
Ich bin 1964 bei den Brunen aktiv geworden. Und zwar weil mein Leibbursch aus der Mittelschulverbindung in Waidhofen an der Ybbs, wo ich ins Gymnasium gegangen bin, Brune geworden ist. Der Vater war nicht glücklich darüber, der wollte lieber, dass ich zu den Obergermanen gehe, der Akademischen Burschenschaft Oberösterreicher Germanen zu Wien. 

Wie intensiv ist Ihr Kontakt für Sie als Schärdinger zu der Bruna Sudetia, dessen Hauptsitz sich in Wien befindet?

Ich war immer viel in Wien – heute ist es mir aufgrund meines gesundheitlichen Zustands nicht mehr in dem Ausmaß möglich – und habe die Feste der Brunen besucht. Und ich habe nie gehört, dass wir antisemitische Lieder singen.

Kennen Sie die in der Kritik stehenden Liederbücher?
Ich kann sie nicht kennen, weil es sie nicht gibt. Bei uns in Verwendung, so wie in jeder Burschenschaft, ist das ADK, das Allgemeine Deutsche Kommersbuch. Aus diesem ADK suchen sich die meisten Verbindungen ihre Lieblingslieder heraus und machen daraus ein kleineres Liederbuch. Auch die Brunen haben das so gehandhabt. Aber dieses Buch ist nicht ident mit jenem, das dem Falter vorliegt. Das Lied mit der besagten Strophe befindet sich dezidiert nicht darin.

Das heißt, Sie haben die Strophe auch zuvor noch nie gehört?
Doch, doch. Die Strophe kenne ich natürlich. Aber in meiner Gegenwart ist sie nie gesungen worden. Sie hat auch mit der tatsächlichen Judenverfolgung absolut nichts zu tun.

Wie meinen Sie das?
Weil ich weiß, woher sie kommt. Und zwar war bei den Nürnberger Prozessen zunächst von einer Million Juden, dann von zwei Millionen und so weiter bis zu sechs Millionen Juden die Rede. "Wir schaffen die siebte Million" war folglich ironisch gemeint. Inzwischen sind die sechs Millionen ja abgesichert. Wer die sechs Millionen bestreitet, hat mit einem Strafprozess zu rechen. Daher ist es sinnlos, das zu singen und es wird auch nicht gesungen. Zudem ist es heute gefährlich, über so etwas überhaupt zu reden.

In der Kritik stehen nicht nur die Liedtexte selbst, sondern auch die Verbindungen zur FPÖ.
Ja und da sieht man, worum es geht. Denn es geht darum, dass man die Burschenschafter, und das sind relativ viele, aus den Büros der Regierung herausbringt. Das beste Mittel dazu ist, ihnen nationalsozialistisches Gedankengut vorzuwerfen. Gerade denen, die von den Nazis verfolgt wurden wie die Juden am Anfang.

Die Burschenschafter wurden von den Nazis verfolgt?
1936 sind wir unter staatliche Aufsicht gekommen. Und im 38er-Jahr nach dem Anschluss sind wir verboten worden. Denn das NS-Regime hat uns, wie alle anderen Verbindungen auch, abgelehnt. Die haben uns das Haus weggenommen. Die haben uns verboten, einen normalen Aktivbetrieb zu führen. Warum sollen wir also Nazi-Lieder singen?

Aber was sagen Sie dann zur Antisemitimus-Debatte?
Sehen Sie, die Bruna Sudetia wurde 1871 gegründet. Von Studenten aus Brünn und aus dem Sudetenland. 24 Studenten waren das. 14 davon waren Juden. Weil die Juden waren damals die Träger des Deutschtums in Brünn. Das war eine Zeit, in der in Wien der Antisemitismus groß wurde. Und andere Bünde, also Korporationen, wollten, dass wir unsere Juden hinausschmeißen. Haben wir aber nicht getan. Das Ergebnis: Wir sind zehn Jahre lang von allen anderen Korporationen in Wien gemieden worden. Bis die Gründungsburschen-Juden gesagt haben, das tun wir euch nicht mehr und freiwillig ausgetreten sind. Die Bruna Sudetia war nie eine antijüdische Verbindung.

Wären Sie jetzt noch in Ihrer letzten Funktion als FPÖ-Landesparteiobmann. Was würden Sie tun?
Ich hätte den Falter geklagt. Sofort. Weil das eine glatte Lüge ist, was er behauptet. Burschenschafter waren immer hoch angesehen. Und jetzt auf einmal müssen sie sich wie Verbrecher fühlen. Ich ja auch.

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